[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Gefahr für Shang-hae. Jahren fast durchgängig aus eben so schlechtem Gesindel, wie diekaiserlichen, und wetteiferten mit diesen in allen Verbrechen. Als die Rebellen Nan-kin genommen hatten, begann die Be- 81) Wu hatte sich im Handel mit den Fremden emporgearbeitet, sprach das ge-
brochene Pidgeon-Englisch, die Verkehrssprache zwischen den Fremden und den Kantonesen, welche sich im Laufe der Zeit zu einem feststehenden Jargon ausgebildet hat, und war dadurch, obgleich er keine Prüfung bestanden und keine Spur von litterarischer Bildung hatte, obgleich er nicht einmal den Mandarinen-Dialect -- was so viel sagen will wie bei uns hochdeutsch -- reden konnte, zu der Stellung in Shang-hae besonders geeignet. Er war fähig, thätig und opferte für die Rüstungen sein eigenes Vermögen, wurde aber dennoch später wegen des schlechten Erfolges degradirt. Gefahr für Shang-hae. Jahren fast durchgängig aus eben so schlechtem Gesindel, wie diekaiserlichen, und wetteiferten mit diesen in allen Verbrechen. Als die Rebellen Nan-kiṅ genommen hatten, begann die Be- 81) Wu hatte sich im Handel mit den Fremden emporgearbeitet, sprach das ge-
brochene Pidgeon-Englisch, die Verkehrssprache zwischen den Fremden und den Kantonesen, welche sich im Laufe der Zeit zu einem feststehenden Jargon ausgebildet hat, und war dadurch, obgleich er keine Prüfung bestanden und keine Spur von litterarischer Bildung hatte, obgleich er nicht einmal den Mandarinen-Dialect — was so viel sagen will wie bei uns hochdeutsch — reden konnte, zu der Stellung in Shang-hae besonders geeignet. Er war fähig, thätig und opferte für die Rüstungen sein eigenes Vermögen, wurde aber dennoch später wegen des schlechten Erfolges degradirt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0206" n="184"/><fw place="top" type="header">Gefahr für <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi>.</fw><lb/> Jahren fast durchgängig aus eben so schlechtem Gesindel, wie die<lb/> kaiserlichen, und wetteiferten mit diesen in allen Verbrechen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Als die Rebellen <hi rendition="#k"><placeName>Nan-kiṅ</placeName></hi> genommen hatten, begann die Be-<lb/> völkerung der in dem Landstrich zwischen <hi rendition="#k"><placeName>Tšiṅ-kiaṅ</placeName></hi> und dem<lb/> Meere gelegenen Städte mit ihrer fahrenden Habe auszuwandern;<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> füllte sich mit Flüchtigen. Der Weg dahin stand dem<lb/> Insurgentenheere offen und wäre ihm von kaiserlichen Truppen<lb/> kaum bestritten worden. Die fremden Ansiedler organisirten sich<lb/> zu einem Freicorps und liessen Erdwerke zum Schutz der Nieder-<lb/> lassung aufwerfen, denn man fürchtete das Schlimmste. <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Wu</persName></hi>, der<lb/> Präfect von <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi>, ein Kantonese, welcher sein Amt erkaufte, <note place="foot" n="81)"><hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Wu</persName></hi> hatte sich im Handel mit den Fremden emporgearbeitet, sprach das ge-<lb/> brochene Pidgeon-Englisch, die Verkehrssprache zwischen den Fremden und den<lb/> Kantonesen, welche sich im Laufe der Zeit zu einem feststehenden Jargon ausgebildet<lb/> hat, und war dadurch, obgleich er keine Prüfung bestanden und keine Spur von<lb/> litterarischer Bildung hatte, obgleich er nicht einmal den Mandarinen-Dialect — was<lb/> so viel sagen will wie bei uns hochdeutsch — reden konnte, zu der Stellung in<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> besonders geeignet. Er war fähig, thätig und opferte für die Rüstungen sein<lb/> eigenes Vermögen, wurde aber dennoch später wegen des schlechten Erfolges degradirt.</note><lb/> hatte sich schon früher um die Rüstungen bemüht und die kaiser-<lb/> liche Flotte im <hi rendition="#k"><placeName>Yaṅ-tse</placeName></hi> durch eine Anzahl Lorchas verstärkt,<lb/> welche, beweglicher und besser bemannt als die Kriegsdschunken,<lb/> der <hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi>-Flotte bei <hi rendition="#k"><placeName>Tšiṅ-kiaṅ</placeName></hi> kurzen Widerstand leisteten.<lb/> Jetzt meldete <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Wu</persName></hi> dem englischen Consul, er wünsche die vor<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> ankernde Corvette Lily zu miethen, und bat, über<lb/> die Unziemlichkeit solchen Antrages belehrt, dass für die Opera-<lb/> tionen im <hi rendition="#k"><placeName>Yaṅ-tse</placeName></hi> einige Kriegsdampfer aus <hi rendition="#k"><placeName>Hong-kong</placeName></hi> ver-<lb/> schrieben würden. Vergebens wiederholte er sein Gesuch um Bei-<lb/> stand, als der englische Bevollmächtigte Sir <persName ref="nognd">George Bonham</persName> am<lb/> 21. März 1853 mit den Dampfern Hermes und Salamander vor<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi> eintraf. Im Verein mit dem Präfecten von <hi rendition="#k"><placeName>Niṅ-po</placeName></hi><lb/> hatte <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Wu</persName></hi> unterdessen eine Anzahl grösserer Lorchas aus <placeName>Macao</placeName><lb/> gerüstet und americanische Schiffe gekauft, welche mit Seeleuten<lb/> aller Länder bemannt wurden. Der hohe Sold verführte selbst<lb/> Matrosen der Kriegsschiffe zur Desertion. Um die Bevölkerung zu<lb/> beruhigen und die <hi rendition="#k">Tae-piṅ</hi> zu schrecken, verbreiteten die Man-<lb/> darinen in der Provinz, dass die Fremden die kaiserliche Flotte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0206]
Gefahr für Shang-hae.
Jahren fast durchgängig aus eben so schlechtem Gesindel, wie die
kaiserlichen, und wetteiferten mit diesen in allen Verbrechen.
Als die Rebellen Nan-kiṅ genommen hatten, begann die Be-
völkerung der in dem Landstrich zwischen Tšiṅ-kiaṅ und dem
Meere gelegenen Städte mit ihrer fahrenden Habe auszuwandern;
Shang-hae füllte sich mit Flüchtigen. Der Weg dahin stand dem
Insurgentenheere offen und wäre ihm von kaiserlichen Truppen
kaum bestritten worden. Die fremden Ansiedler organisirten sich
zu einem Freicorps und liessen Erdwerke zum Schutz der Nieder-
lassung aufwerfen, denn man fürchtete das Schlimmste. Wu, der
Präfect von Shang-hae, ein Kantonese, welcher sein Amt erkaufte, 81)
hatte sich schon früher um die Rüstungen bemüht und die kaiser-
liche Flotte im Yaṅ-tse durch eine Anzahl Lorchas verstärkt,
welche, beweglicher und besser bemannt als die Kriegsdschunken,
der Tae-piṅ-Flotte bei Tšiṅ-kiaṅ kurzen Widerstand leisteten.
Jetzt meldete Wu dem englischen Consul, er wünsche die vor
Shang-hae ankernde Corvette Lily zu miethen, und bat, über
die Unziemlichkeit solchen Antrages belehrt, dass für die Opera-
tionen im Yaṅ-tse einige Kriegsdampfer aus Hong-kong ver-
schrieben würden. Vergebens wiederholte er sein Gesuch um Bei-
stand, als der englische Bevollmächtigte Sir George Bonham am
21. März 1853 mit den Dampfern Hermes und Salamander vor
Shang-hae eintraf. Im Verein mit dem Präfecten von Niṅ-po
hatte Wu unterdessen eine Anzahl grösserer Lorchas aus Macao
gerüstet und americanische Schiffe gekauft, welche mit Seeleuten
aller Länder bemannt wurden. Der hohe Sold verführte selbst
Matrosen der Kriegsschiffe zur Desertion. Um die Bevölkerung zu
beruhigen und die Tae-piṅ zu schrecken, verbreiteten die Man-
darinen in der Provinz, dass die Fremden die kaiserliche Flotte
81) Wu hatte sich im Handel mit den Fremden emporgearbeitet, sprach das ge-
brochene Pidgeon-Englisch, die Verkehrssprache zwischen den Fremden und den
Kantonesen, welche sich im Laufe der Zeit zu einem feststehenden Jargon ausgebildet
hat, und war dadurch, obgleich er keine Prüfung bestanden und keine Spur von
litterarischer Bildung hatte, obgleich er nicht einmal den Mandarinen-Dialect — was
so viel sagen will wie bei uns hochdeutsch — reden konnte, zu der Stellung in
Shang-hae besonders geeignet. Er war fähig, thätig und opferte für die Rüstungen sein
eigenes Vermögen, wurde aber dennoch später wegen des schlechten Erfolges degradirt.
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