[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Ki-sen's Verantwortung. Ich fand ihn in San-tun und brauchte ihn als Dolmetsch. Ich untersuchte die gegen ihn gerichtete Anklage und fand keine genügenden Beweise für seine Schuld. 6) Du gabst den Barbaren Hong-kong als Wohnort gegen unser Gesetz von der Untheilbarkeit des Reiches. Ich stellte mich so, durch die Umstände gezwungen, um sie eine Weile hinzuhalten, hegte aber niemals ernstlich den Ge- danken einer Abtretung. 7) Du hast zuerst dem Kaiser von diesem Zugeständniss ab- gerathen und Dich nachher doch dazu bereit finden lassen. Ich rieth ab, aus Besorgniss, die Engländer möchten dort Festungen bauen, und gab dann zum Schein meine Zustim- mung, weil ich in die äusserste Noth gerieth. 8) Du erhieltest den Befehl, die Engländer zu vernichten, hast es aber aufgeschoben. Die Barbaren waren zuerst demüthig und gehorsam; erst später wurden sie unverschämt. Und in meiner Beschränktheit wollte ich diese Maassregel nicht wagen, ehe die grosse Armee versammelt wäre. 9) Du hast trotzdem Mittheilungen von den Barbaren entgegen- genommen. Das that ich, um sie hinzuhalten und ihren Angriff abzu- wenden. 10) Du wagtest die Freigebung von A-moi, dem Schlüssel der Pro- vinz Fu-kian, vorzuschlagen, wodurch Kan-ton Schaden ge- litten hätte. In meiner Beschränktheit glaubte ich, dass dieses Recht den Engländern gewährt werden möchte, da andere Fremde dort zugelassen werden; nicht dass sie dort wohnen sollten, sondern nur zu Handelszwecken. 11) Du erlaubtest dem Schiff, das den Befehl zur Auslieferung nach Tsu-san beförderte, unterwegs Lebensmittel zu kaufen. Das that ich, um jedem Verzuge in Erreichung dieses wich- tigen Zweckes vorzubeugen. 12) Warum stelltest Du die kriegerischen Antalten in Kan-ton als mangelhaft dar und entmuthigtest so die Soldaten? Ich gab nur eine wahrheitsgetreue Darstellung der Wirk- lichkeit, nicht um Furcht einzuflössen, sondern meine Pflicht gegen den Kaiser zu erfüllen. 13) Warum hast Du nach der Einnahme der Werke von Tsuen-pi nochmals unterhandelt? 7*
Ki-šen’s Verantwortung. Ich fand ihn in Šan-tuṅ und brauchte ihn als Dolmetsch. Ich untersuchte die gegen ihn gerichtete Anklage und fand keine genügenden Beweise für seine Schuld. 6) Du gabst den Barbaren Hong-kong als Wohnort gegen unser Gesetz von der Untheilbarkeit des Reiches. Ich stellte mich so, durch die Umstände gezwungen, um sie eine Weile hinzuhalten, hegte aber niemals ernstlich den Ge- danken einer Abtretung. 7) Du hast zuerst dem Kaiser von diesem Zugeständniss ab- gerathen und Dich nachher doch dazu bereit finden lassen. Ich rieth ab, aus Besorgniss, die Engländer möchten dort Festungen bauen, und gab dann zum Schein meine Zustim- mung, weil ich in die äusserste Noth gerieth. 8) Du erhieltest den Befehl, die Engländer zu vernichten, hast es aber aufgeschoben. Die Barbaren waren zuerst demüthig und gehorsam; erst später wurden sie unverschämt. Und in meiner Beschränktheit wollte ich diese Maassregel nicht wagen, ehe die grosse Armee versammelt wäre. 9) Du hast trotzdem Mittheilungen von den Barbaren entgegen- genommen. Das that ich, um sie hinzuhalten und ihren Angriff abzu- wenden. 10) Du wagtest die Freigebung von A-moi, dem Schlüssel der Pro- vinz Fu-kian, vorzuschlagen, wodurch Kan-ton Schaden ge- litten hätte. In meiner Beschränktheit glaubte ich, dass dieses Recht den Engländern gewährt werden möchte, da andere Fremde dort zugelassen werden; nicht dass sie dort wohnen sollten, sondern nur zu Handelszwecken. 11) Du erlaubtest dem Schiff, das den Befehl zur Auslieferung nach Tšu-san beförderte, unterwegs Lebensmittel zu kaufen. Das that ich, um jedem Verzuge in Erreichung dieses wich- tigen Zweckes vorzubeugen. 12) Warum stelltest Du die kriegerischen Antalten in Kan-ton als mangelhaft dar und entmuthigtest so die Soldaten? Ich gab nur eine wahrheitsgetreue Darstellung der Wirk- lichkeit, nicht um Furcht einzuflössen, sondern meine Pflicht gegen den Kaiser zu erfüllen. 13) Warum hast Du nach der Einnahme der Werke von Tšuen-pi nochmals unterhandelt? 7*
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Ki-šen’s Verantwortung.
Ich fand ihn in Šan-tuṅ und brauchte ihn als Dolmetsch.
Ich untersuchte die gegen ihn gerichtete Anklage und fand
keine genügenden Beweise für seine Schuld.
6) Du gabst den Barbaren Hong-kong als Wohnort gegen unser
Gesetz von der Untheilbarkeit des Reiches.
Ich stellte mich so, durch die Umstände gezwungen, um sie
eine Weile hinzuhalten, hegte aber niemals ernstlich den Ge-
danken einer Abtretung.
7) Du hast zuerst dem Kaiser von diesem Zugeständniss ab-
gerathen und Dich nachher doch dazu bereit finden lassen.
Ich rieth ab, aus Besorgniss, die Engländer möchten dort
Festungen bauen, und gab dann zum Schein meine Zustim-
mung, weil ich in die äusserste Noth gerieth.
8) Du erhieltest den Befehl, die Engländer zu vernichten, hast es
aber aufgeschoben.
Die Barbaren waren zuerst demüthig und gehorsam; erst
später wurden sie unverschämt. Und in meiner Beschränktheit
wollte ich diese Maassregel nicht wagen, ehe die grosse Armee
versammelt wäre.
9) Du hast trotzdem Mittheilungen von den Barbaren entgegen-
genommen.
Das that ich, um sie hinzuhalten und ihren Angriff abzu-
wenden.
10) Du wagtest die Freigebung von A-moi, dem Schlüssel der Pro-
vinz Fu-kian, vorzuschlagen, wodurch Kan-ton Schaden ge-
litten hätte.
In meiner Beschränktheit glaubte ich, dass dieses Recht
den Engländern gewährt werden möchte, da andere Fremde
dort zugelassen werden; nicht dass sie dort wohnen sollten,
sondern nur zu Handelszwecken.
11) Du erlaubtest dem Schiff, das den Befehl zur Auslieferung
nach Tšu-san beförderte, unterwegs Lebensmittel zu kaufen.
Das that ich, um jedem Verzuge in Erreichung dieses wich-
tigen Zweckes vorzubeugen.
12) Warum stelltest Du die kriegerischen Antalten in Kan-ton
als mangelhaft dar und entmuthigtest so die Soldaten?
Ich gab nur eine wahrheitsgetreue Darstellung der Wirk-
lichkeit, nicht um Furcht einzuflössen, sondern meine Pflicht
gegen den Kaiser zu erfüllen.
13) Warum hast Du nach der Einnahme der Werke von Tšuen-pi
nochmals unterhandelt?
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