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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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VII. Ziergärten. Blumenflor.
zusagte, nach den angränzenden Ländern. Den Vorzug haben die
japanischen Gärten, dass sie, der Architectur ihrer Wohnhäuser
entsprechend, weniger regelmässig sind als die französischen, aber
an barocker Künstlichkeit suchen sie ihresgleichen. Namentlich in
den dem Wohnhause zugekehrten Parthieen behält kein Baum,
kein Strauch seine natürliche Gestalt: da wachsen Fächer und segelnde
Schiffe, runde Tische, Candelaber, grosse Halbkugeln und steife
rechtwinklige Wände. Den Boden deckt sammetweicher Rasen, die
reinlichen Kieswege sind mit bunten Steinen, Zwergbäumen und
Blumentöpfen eingefasst; aus den Goldfischteichen und künstlich
gewundenen Wasserrinnen ragen bemooste Duodezfelsen, zu welchen
zierliche Brückchen hinüberführen, und in der heimlichsten Ecke des
Gärtchens steht der Schrein des Hausgötzen. Glücklicherweise be-
dürfen solche Anlagen zu sorgfältiger Pflege, um weite Ausdehnung
zu gestatten; sie finden sich meist nur vor der Gartenfronte des
Hauses als angenehme Decoration. Die Natur ist hier salonmässig
verkleidet und frisirt, wie conventionelle Bildung und die Sitte der
"guten Gesellschaft" erfordern. Hohe Charmillen bilden die Seiten-
und Hinterwände dieses grünen Putzstückes und verdecken die
wilderen Parthieen des Gartens, wo man der Natur freieren Lauf
lässt. -- Zierlich und freundlich sind jene Lustgärtchen trotz aller
Künstlichkeit, wie ein modisch aufgeputztes hübsches Dämchen.

Den reizendsten Anblick bieten die japanischen Gärten im
Spätherbst, wenn der Ahorn sich in hellen, Azalien und Wachs-
bäume in dunkelen Pupur kleiden. Um diese Zeit blüht auch die
Lieblingsblume der Japaner, das Winter-Chrysanthemum, von dem sie
unzählige Varietäten haben. Die Grösse und Pracht der sternartigen
Blüthen, -- die man im Wappenzeichen des Mikado-Hauses wieder-
erkennt, -- ist oft erstaunlich; wir sahen sie in voller Herrlichkeit.
In anderen Jahreszeiten sollen namentlich Sommer-Astern, Nelken
und Iris in grosser Vollkommenheit blühen; sie werden, wie in
manchen europäischen Städten die Blumen der Jahreszeit, in
mächtigen Sträussen auf der Gasse feilgeboten. Das Hauptbestreben
der japanischen Blumenzüchter geht aber auf Erzeugung sehr grosser
und vollkommener Kirsch-, Pflaumen- und Pfirsichblüthen, deren
zarte Schönheit die japanischen Dichter aller Zeiten begeistert hat.
-- Die Camelia ist in Japan heimisch; mehrere Arten blühen, Ge-
büsche und Hecken bildend, zu verschiedenen Jahreszeiten, die
schönste und grösste, welche die Höhe eines zweistöckigen Hauses

VII. Ziergärten. Blumenflor.
zusagte, nach den angränzenden Ländern. Den Vorzug haben die
japanischen Gärten, dass sie, der Architectur ihrer Wohnhäuser
entsprechend, weniger regelmässig sind als die französischen, aber
an barocker Künstlichkeit suchen sie ihresgleichen. Namentlich in
den dem Wohnhause zugekehrten Parthieen behält kein Baum,
kein Strauch seine natürliche Gestalt: da wachsen Fächer und segelnde
Schiffe, runde Tische, Candelaber, grosse Halbkugeln und steife
rechtwinklige Wände. Den Boden deckt sammetweicher Rasen, die
reinlichen Kieswege sind mit bunten Steinen, Zwergbäumen und
Blumentöpfen eingefasst; aus den Goldfischteichen und künstlich
gewundenen Wasserrinnen ragen bemooste Duodezfelsen, zu welchen
zierliche Brückchen hinüberführen, und in der heimlichsten Ecke des
Gärtchens steht der Schrein des Hausgötzen. Glücklicherweise be-
dürfen solche Anlagen zu sorgfältiger Pflege, um weite Ausdehnung
zu gestatten; sie finden sich meist nur vor der Gartenfronte des
Hauses als angenehme Decoration. Die Natur ist hier salonmässig
verkleidet und frisirt, wie conventionelle Bildung und die Sitte der
»guten Gesellschaft« erfordern. Hohe Charmillen bilden die Seiten-
und Hinterwände dieses grünen Putzstückes und verdecken die
wilderen Parthieen des Gartens, wo man der Natur freieren Lauf
lässt. — Zierlich und freundlich sind jene Lustgärtchen trotz aller
Künstlichkeit, wie ein modisch aufgeputztes hübsches Dämchen.

Den reizendsten Anblick bieten die japanischen Gärten im
Spätherbst, wenn der Ahorn sich in hellen, Azalien und Wachs-
bäume in dunkelen Pupur kleiden. Um diese Zeit blüht auch die
Lieblingsblume der Japaner, das Winter-Chrysanthemum, von dem sie
unzählige Varietäten haben. Die Grösse und Pracht der sternartigen
Blüthen, — die man im Wappenzeichen des Mikado-Hauses wieder-
erkennt, — ist oft erstaunlich; wir sahen sie in voller Herrlichkeit.
In anderen Jahreszeiten sollen namentlich Sommer-Astern, Nelken
und Iris in grosser Vollkommenheit blühen; sie werden, wie in
manchen europäischen Städten die Blumen der Jahreszeit, in
mächtigen Sträussen auf der Gasse feilgeboten. Das Hauptbestreben
der japanischen Blumenzüchter geht aber auf Erzeugung sehr grosser
und vollkommener Kirsch-, Pflaumen- und Pfirsichblüthen, deren
zarte Schönheit die japanischen Dichter aller Zeiten begeistert hat.
— Die Camelia ist in Japan heimisch; mehrere Arten blühen, Ge-
büsche und Hecken bildend, zu verschiedenen Jahreszeiten, die
schönste und grösste, welche die Höhe eines zweistöckigen Hauses

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[75/0095] VII. Ziergärten. Blumenflor. zusagte, nach den angränzenden Ländern. Den Vorzug haben die japanischen Gärten, dass sie, der Architectur ihrer Wohnhäuser entsprechend, weniger regelmässig sind als die französischen, aber an barocker Künstlichkeit suchen sie ihresgleichen. Namentlich in den dem Wohnhause zugekehrten Parthieen behält kein Baum, kein Strauch seine natürliche Gestalt: da wachsen Fächer und segelnde Schiffe, runde Tische, Candelaber, grosse Halbkugeln und steife rechtwinklige Wände. Den Boden deckt sammetweicher Rasen, die reinlichen Kieswege sind mit bunten Steinen, Zwergbäumen und Blumentöpfen eingefasst; aus den Goldfischteichen und künstlich gewundenen Wasserrinnen ragen bemooste Duodezfelsen, zu welchen zierliche Brückchen hinüberführen, und in der heimlichsten Ecke des Gärtchens steht der Schrein des Hausgötzen. Glücklicherweise be- dürfen solche Anlagen zu sorgfältiger Pflege, um weite Ausdehnung zu gestatten; sie finden sich meist nur vor der Gartenfronte des Hauses als angenehme Decoration. Die Natur ist hier salonmässig verkleidet und frisirt, wie conventionelle Bildung und die Sitte der »guten Gesellschaft« erfordern. Hohe Charmillen bilden die Seiten- und Hinterwände dieses grünen Putzstückes und verdecken die wilderen Parthieen des Gartens, wo man der Natur freieren Lauf lässt. — Zierlich und freundlich sind jene Lustgärtchen trotz aller Künstlichkeit, wie ein modisch aufgeputztes hübsches Dämchen. Den reizendsten Anblick bieten die japanischen Gärten im Spätherbst, wenn der Ahorn sich in hellen, Azalien und Wachs- bäume in dunkelen Pupur kleiden. Um diese Zeit blüht auch die Lieblingsblume der Japaner, das Winter-Chrysanthemum, von dem sie unzählige Varietäten haben. Die Grösse und Pracht der sternartigen Blüthen, — die man im Wappenzeichen des Mikado-Hauses wieder- erkennt, — ist oft erstaunlich; wir sahen sie in voller Herrlichkeit. In anderen Jahreszeiten sollen namentlich Sommer-Astern, Nelken und Iris in grosser Vollkommenheit blühen; sie werden, wie in manchen europäischen Städten die Blumen der Jahreszeit, in mächtigen Sträussen auf der Gasse feilgeboten. Das Hauptbestreben der japanischen Blumenzüchter geht aber auf Erzeugung sehr grosser und vollkommener Kirsch-, Pflaumen- und Pfirsichblüthen, deren zarte Schönheit die japanischen Dichter aller Zeiten begeistert hat. — Die Camelia ist in Japan heimisch; mehrere Arten blühen, Ge- büsche und Hecken bildend, zu verschiedenen Jahreszeiten, die schönste und grösste, welche die Höhe eines zweistöckigen Hauses

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/95>, abgerufen am 25.11.2024.