[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Die Bunyo's Geschenke. VI. hinter ihn getreten, und schlägt mit einem Hiebe seinen Kopfherunter. Die Herzhaftesten sollen sich den Leib kreuzweise auf- schlitzen und dann noch mit eigener Hand die Hals-Arterien durch- hauen. Das Kopfabschlagen durch Andere gilt als eine Neuerung unseres verweichlichten Jahrhunderts. Vorstehende Nachrichten rühren grossentheils von Herrn Der Gesandte hatte die Herren Sakai und Hori auf den Die Bunyo’s Geschenke. VI. hinter ihn getreten, und schlägt mit einem Hiebe seinen Kopfherunter. Die Herzhaftesten sollen sich den Leib kreuzweise auf- schlitzen und dann noch mit eigener Hand die Hals-Arterien durch- hauen. Das Kopfabschlagen durch Andere gilt als eine Neuerung unseres verweichlichten Jahrhunderts. Vorstehende Nachrichten rühren grossentheils von Herrn Der Gesandte hatte die Herren Sakaï und Hori auf den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="50"/><fw place="top" type="header">Die <hi rendition="#k">Bunyo</hi>’s Geschenke. VI.</fw><lb/> hinter ihn getreten, und schlägt mit einem Hiebe seinen Kopf<lb/> herunter. Die Herzhaftesten sollen sich den Leib kreuzweise auf-<lb/> schlitzen und dann noch mit eigener Hand die Hals-Arterien durch-<lb/> hauen. Das Kopfabschlagen durch Andere gilt als eine Neuerung<lb/> unseres verweichlichten Jahrhunderts.</p><lb/> <p>Vorstehende Nachrichten rühren grossentheils von Herrn<lb/><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n85253625">Heusken</persName> her, welcher, des Japanischen kundig, in seinem langen<lb/> und vertrauten Umgange mit den Mittelclassen des Beamtenstandes<lb/> die Sitten des Landes sehr genau kennen gelernt hatte. Ein reicher<lb/> Schatz von Kenntnissen wurde mit ihm begraben. — Im amtlichen<lb/> Verkehr äussern die Japaner sich immer sehr vorsichtig, und<lb/> können auch in Gegenwart der Aufpasser nicht frei herausreden.<lb/> Graf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119178931">Eulenburg</persName> spannte die <hi rendition="#k">Bunyo</hi>’s bei ihren Besuchen in <hi rendition="#k"><placeName>Akabane</placeName></hi><lb/> durch sein hartnäckiges Fragen oft stundenlang auf die Folter und<lb/> entwand ihnen auch manche bedeutsame Aeusserung; der Verkehr<lb/> mit denselben blieb aber zu abgerissen und vorübergehend, um<lb/> zusammenhängende Aufschlüsse von Wichtigkeit herbeizuführen.<lb/> Diese Unterhaltungen waren meist sehr ergötzlich, und verdienen hier<lb/> und da im Auszuge berichtet zu werden.</p><lb/> <p>Der Gesandte hatte die Herren <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Sakaï</persName></hi> und <hi rendition="#k"><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/nr2003023621">Hori</persName></hi> auf den<lb/> 15. October zum Frühstück eingeladen, um ihnen Geschenke für<lb/> den <hi rendition="#k">Taïkūn</hi>, diesmal nur eine Sammlung der preussischen Maasse<lb/> und Gewichte, zu überreichen, die auf einem Tische des Empfangs-<lb/> saales ausgelegt waren. Als die <hi rendition="#k">Bunyo</hi>’s erfuhren dass die Sachen<lb/> für den Kaiser bestimmt seien, liessen sie den Tisch mit Allem was<lb/> darauf lag hinaustragen. Graf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119178931">Eulenburg</persName>, der eben keinen Ueberfluss<lb/> an Möbeln hatte, sah das Verschwinden seines Tisches mit schmerz-<lb/> lichem Erstaunen, und erbat sich denselben zurück; die Herren<lb/> aber erklärten, das ginge nicht; alle für den <hi rendition="#k">Taïkūn</hi> bestimmten<lb/> Geschenke müssten genau so abgeliefert werden wie sie übergeben<lb/> wären, und dürften vor allen Dingen den Erdboden nicht berühren.<lb/> — Man erzählt in der That, dass ein Elephant, den die Holländer<lb/> einst in <hi rendition="#k"><placeName>Naṅgasaki</placeName></hi> als Angebinde für den Kaiser ausschifften, von<lb/> dort auf einer hölzernen Bühne durch hunderte von Arbeitern bis<lb/> nach <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> getragen worden sei, eine Reise von weit über hundert<lb/> deutschen Meilen. Freilich haben die Holländer über <placeName>Japan</placeName> viel<lb/> Abentheuerliches berichtet, das die Landesbewohner hartnäckig<lb/> leugnen. So brachte der Gesandte die Rede auf das Verbot Hunde<lb/> zu tödten, das von einem unter dem Thierkreiszeichen des Hundes<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0070]
Die Bunyo’s Geschenke. VI.
hinter ihn getreten, und schlägt mit einem Hiebe seinen Kopf
herunter. Die Herzhaftesten sollen sich den Leib kreuzweise auf-
schlitzen und dann noch mit eigener Hand die Hals-Arterien durch-
hauen. Das Kopfabschlagen durch Andere gilt als eine Neuerung
unseres verweichlichten Jahrhunderts.
Vorstehende Nachrichten rühren grossentheils von Herrn
Heusken her, welcher, des Japanischen kundig, in seinem langen
und vertrauten Umgange mit den Mittelclassen des Beamtenstandes
die Sitten des Landes sehr genau kennen gelernt hatte. Ein reicher
Schatz von Kenntnissen wurde mit ihm begraben. — Im amtlichen
Verkehr äussern die Japaner sich immer sehr vorsichtig, und
können auch in Gegenwart der Aufpasser nicht frei herausreden.
Graf Eulenburg spannte die Bunyo’s bei ihren Besuchen in Akabane
durch sein hartnäckiges Fragen oft stundenlang auf die Folter und
entwand ihnen auch manche bedeutsame Aeusserung; der Verkehr
mit denselben blieb aber zu abgerissen und vorübergehend, um
zusammenhängende Aufschlüsse von Wichtigkeit herbeizuführen.
Diese Unterhaltungen waren meist sehr ergötzlich, und verdienen hier
und da im Auszuge berichtet zu werden.
Der Gesandte hatte die Herren Sakaï und Hori auf den
15. October zum Frühstück eingeladen, um ihnen Geschenke für
den Taïkūn, diesmal nur eine Sammlung der preussischen Maasse
und Gewichte, zu überreichen, die auf einem Tische des Empfangs-
saales ausgelegt waren. Als die Bunyo’s erfuhren dass die Sachen
für den Kaiser bestimmt seien, liessen sie den Tisch mit Allem was
darauf lag hinaustragen. Graf Eulenburg, der eben keinen Ueberfluss
an Möbeln hatte, sah das Verschwinden seines Tisches mit schmerz-
lichem Erstaunen, und erbat sich denselben zurück; die Herren
aber erklärten, das ginge nicht; alle für den Taïkūn bestimmten
Geschenke müssten genau so abgeliefert werden wie sie übergeben
wären, und dürften vor allen Dingen den Erdboden nicht berühren.
— Man erzählt in der That, dass ein Elephant, den die Holländer
einst in Naṅgasaki als Angebinde für den Kaiser ausschifften, von
dort auf einer hölzernen Bühne durch hunderte von Arbeitern bis
nach Yeddo getragen worden sei, eine Reise von weit über hundert
deutschen Meilen. Freilich haben die Holländer über Japan viel
Abentheuerliches berichtet, das die Landesbewohner hartnäckig
leugnen. So brachte der Gesandte die Rede auf das Verbot Hunde
zu tödten, das von einem unter dem Thierkreiszeichen des Hundes
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