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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Das Laternenfest. Familienfeste. VI.
in der Nische, dem Ehrenplatze des Hauptgemaches auf und setzt
ihnen auf grünen Binsenmatten eine zierliche Malzeit von Reis,
Gemüsen und Früchten vor. In der Mitte steht ein Gefäss mit
Rauchkerzen, ein Wasserkrug, aus dem der Reis mit Hanfbüscheln
besprengt wird, eine Schüssel, in welcher ungekochte Reiskörner
auf Blumenblättern im Wasser schwimmen, und Becher mit Blumen
und grünen Sträussen. Lichter und Laternen brennen dabei die
ganze Nacht; die Hausbewohner verrichten dort ihre Andacht und
rufen den helfenden Budda-Amida um ein seliges Leben für die
Verstorbenen an. Am Morgen des zweiten Tages wird der Wasser-
krug durch Theetassen ersetzt; zum Frühstück und Mittag trägt
man Schüsseln mit Reis und Leckerbissen auf; Abends werden vor
allen Gräbern Laternen angezündet, und Becher mit grünen Zweigen,
Schüsseln mit Leckerbissen und Rauchkerzen daneben gestellt. Die
Laternen brennen die ganze Nacht; früh um drei den folgenden
Morgen packt man die Lebensmittel mit bunten Leuchten, Rauch-
kerzen und Geldmünzen -- der Reisezehrung -- auf strohgeflochtene
Schiffchen mit Papiersegeln und lässt diese in das Wasser. In den
Häusern wird zugleich grosser Lärm durch alle Gemächer und Winkel
bis unter das Dach gemacht, damit ja kein Seelchen zurückbleibe
und Spuk treibe; -- sie müssen ohne Gnade hinaus. -- Die Be-
leuchtung der Friedhöfe von Nangasaki, welche in steilen Terrassen
ansteigend die Uferhöhen rings um die Bai bedecken, soll zauberisch
wirken. Die Strassen der Stadt sind die ganze Nacht hell erleuchtet
und von Menschen belebt; alle Glocken läuten, die Priester singen
Litaneien, Jeder lärmt auf seine Weise so laut er kann; -- wenn
dann ein Windstoss die Strohschiffchen in die Bucht hinaustreibt,
so tanzen auch auf dem Wasser unzählige Lichtchen, und ein kleines
Fahrzeug nach dem andern geht in hellen Flammen auf. Arme Leute
stürzen sich trotz den ausgestellten Wachen schaarenweise in das
laue Meer, um die Geldmünzen und Lebensmittel zu erbeuten, und
zuweilen sollen sich förmliche Seeschlachten entspinnen.

Mit der Geburt, Hochzeit und Bestattung sind in Japan
feierliche Gebräuche verbunden wie bei uns. -- Das Kind wird
dreissig Tage nach der Geburt gereinigt, geschoren und festlich
aufgeputzt in den Tempel des Kami gebracht, zu dem die Familie sich
hält; das Loos bestimmt seinen Namen, wobei eine Art Taufe durch
Besprengung mit Wasser vollzogen wird, während der heilige Chor
die Litaneien singt. Man besucht nach der Einsegnung noch andere

Das Laternenfest. Familienfeste. VI.
in der Nische, dem Ehrenplatze des Hauptgemaches auf und setzt
ihnen auf grünen Binsenmatten eine zierliche Malzeit von Reis,
Gemüsen und Früchten vor. In der Mitte steht ein Gefäss mit
Rauchkerzen, ein Wasserkrug, aus dem der Reis mit Hanfbüscheln
besprengt wird, eine Schüssel, in welcher ungekochte Reiskörner
auf Blumenblättern im Wasser schwimmen, und Becher mit Blumen
und grünen Sträussen. Lichter und Laternen brennen dabei die
ganze Nacht; die Hausbewohner verrichten dort ihre Andacht und
rufen den helfenden Budda-Amida um ein seliges Leben für die
Verstorbenen an. Am Morgen des zweiten Tages wird der Wasser-
krug durch Theetassen ersetzt; zum Frühstück und Mittag trägt
man Schüsseln mit Reis und Leckerbissen auf; Abends werden vor
allen Gräbern Laternen angezündet, und Becher mit grünen Zweigen,
Schüsseln mit Leckerbissen und Rauchkerzen daneben gestellt. Die
Laternen brennen die ganze Nacht; früh um drei den folgenden
Morgen packt man die Lebensmittel mit bunten Leuchten, Rauch-
kerzen und Geldmünzen — der Reisezehrung — auf strohgeflochtene
Schiffchen mit Papiersegeln und lässt diese in das Wasser. In den
Häusern wird zugleich grosser Lärm durch alle Gemächer und Winkel
bis unter das Dach gemacht, damit ja kein Seelchen zurückbleibe
und Spuk treibe; — sie müssen ohne Gnade hinaus. — Die Be-
leuchtung der Friedhöfe von Naṅgasaki, welche in steilen Terrassen
ansteigend die Uferhöhen rings um die Bai bedecken, soll zauberisch
wirken. Die Strassen der Stadt sind die ganze Nacht hell erleuchtet
und von Menschen belebt; alle Glocken läuten, die Priester singen
Litaneien, Jeder lärmt auf seine Weise so laut er kann; — wenn
dann ein Windstoss die Strohschiffchen in die Bucht hinaustreibt,
so tanzen auch auf dem Wasser unzählige Lichtchen, und ein kleines
Fahrzeug nach dem andern geht in hellen Flammen auf. Arme Leute
stürzen sich trotz den ausgestellten Wachen schaarenweise in das
laue Meer, um die Geldmünzen und Lebensmittel zu erbeuten, und
zuweilen sollen sich förmliche Seeschlachten entspinnen.

Mit der Geburt, Hochzeit und Bestattung sind in Japan
feierliche Gebräuche verbunden wie bei uns. — Das Kind wird
dreissig Tage nach der Geburt gereinigt, geschoren und festlich
aufgeputzt in den Tempel des Kami gebracht, zu dem die Familie sich
hält; das Loos bestimmt seinen Namen, wobei eine Art Taufe durch
Besprengung mit Wasser vollzogen wird, während der heilige Chor
die Litaneien singt. Man besucht nach der Einsegnung noch andere

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[22/0042] Das Laternenfest. Familienfeste. VI. in der Nische, dem Ehrenplatze des Hauptgemaches auf und setzt ihnen auf grünen Binsenmatten eine zierliche Malzeit von Reis, Gemüsen und Früchten vor. In der Mitte steht ein Gefäss mit Rauchkerzen, ein Wasserkrug, aus dem der Reis mit Hanfbüscheln besprengt wird, eine Schüssel, in welcher ungekochte Reiskörner auf Blumenblättern im Wasser schwimmen, und Becher mit Blumen und grünen Sträussen. Lichter und Laternen brennen dabei die ganze Nacht; die Hausbewohner verrichten dort ihre Andacht und rufen den helfenden Budda-Amida um ein seliges Leben für die Verstorbenen an. Am Morgen des zweiten Tages wird der Wasser- krug durch Theetassen ersetzt; zum Frühstück und Mittag trägt man Schüsseln mit Reis und Leckerbissen auf; Abends werden vor allen Gräbern Laternen angezündet, und Becher mit grünen Zweigen, Schüsseln mit Leckerbissen und Rauchkerzen daneben gestellt. Die Laternen brennen die ganze Nacht; früh um drei den folgenden Morgen packt man die Lebensmittel mit bunten Leuchten, Rauch- kerzen und Geldmünzen — der Reisezehrung — auf strohgeflochtene Schiffchen mit Papiersegeln und lässt diese in das Wasser. In den Häusern wird zugleich grosser Lärm durch alle Gemächer und Winkel bis unter das Dach gemacht, damit ja kein Seelchen zurückbleibe und Spuk treibe; — sie müssen ohne Gnade hinaus. — Die Be- leuchtung der Friedhöfe von Naṅgasaki, welche in steilen Terrassen ansteigend die Uferhöhen rings um die Bai bedecken, soll zauberisch wirken. Die Strassen der Stadt sind die ganze Nacht hell erleuchtet und von Menschen belebt; alle Glocken läuten, die Priester singen Litaneien, Jeder lärmt auf seine Weise so laut er kann; — wenn dann ein Windstoss die Strohschiffchen in die Bucht hinaustreibt, so tanzen auch auf dem Wasser unzählige Lichtchen, und ein kleines Fahrzeug nach dem andern geht in hellen Flammen auf. Arme Leute stürzen sich trotz den ausgestellten Wachen schaarenweise in das laue Meer, um die Geldmünzen und Lebensmittel zu erbeuten, und zuweilen sollen sich förmliche Seeschlachten entspinnen. Mit der Geburt, Hochzeit und Bestattung sind in Japan feierliche Gebräuche verbunden wie bei uns. — Das Kind wird dreissig Tage nach der Geburt gereinigt, geschoren und festlich aufgeputzt in den Tempel des Kami gebracht, zu dem die Familie sich hält; das Loos bestimmt seinen Namen, wobei eine Art Taufe durch Besprengung mit Wasser vollzogen wird, während der heilige Chor die Litaneien singt. Man besucht nach der Einsegnung noch andere

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/42>, abgerufen am 24.11.2024.