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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Anh. II. Uebereinkommen der Diplomaten.
werth, dessen Macht und Willkür zu brechen. Er that überdies
dem Handel der Fremden directen Schaden, und hatte noch kürzlich
mehrere mit Waaren für den Markt von Yokuhama beladene Dschunken
bei Simonoseki angehalten und verbrannt.

Die Diplomaten in Yokuhama hielten zahlreiche Conferenzen
und einigten sich, die Solidarität der Interessen anerkennend, mehr
und mehr über die einzuschlagenden Wege, zogen auch den oftge-
nannten Takemoto in das Vertrauen, welcher nun wieder häufiger in
der Niederlassung erschien. Die Politik der Regierung war von jetzt
an lediglich die der Selbsterhaltung; sie strebte noch eine Zeit lang
die Fremden auf gütlichem Wege los zu werden, um den Gegnern
jeden Vorwand des Streites zu rauben und wo möglich das alte
System wieder herzustellen. Der Taikun legt in seinem Circular
grossen Nachdruck auf seine Einmüthigkeit mit dem Mikado, und
erklärt sich offen als Gegner der Fremden, sucht aber mit deren
Hülfe seine Kriegsmacht zu stärken, und billigt, jedes offene Bünd-
niss perhorrescirend, im Geheimen ihre Operationen gegen seine
Feinde. Takemoto erklärte im Vertrauen, dass die Expedition gegen
Simonoseki den Interessen des Taikun nur förderlich sein könne,
bat aber, sie bis nach Abgang des Geschwaders geheim zu halten;
dann werde die Regierung laut dagegen protestiren. Gleich nach
Rückkehr des Barossa einigten sich nun die Diplomaten und
Admiräle über folgende Puncte: Erstere erklärten die Geschwader-
Commandanten von jeder Verantwortlichkeit für die Sicherheit der
Niederlassung entbunden; die Verschanzungen von Simonoseki sollten
auch in dem Falle zerstört werden, dass sie das Geschwader nicht
angriffen; dieses sollte nach Vollendung seiner Aufgabe einige Schiffe
dort lassen um die Strasse offen zu halten, die übrigen aber zurück-
senden; der Fürst von Nangato sollte als Seeräuber behandelt und
keine Unterhandlungen mit ihm gepflogen werden; das Geschwader
sollte sich aller Demonstrationen vor Osaka enthalten. -- In die
beiden letzten Puncte willigte der englische Gesandte wohl sehr
ungern; der französische Geschäftsträger und Admiral Jaures bestan-
den aber darauf und beugten dadurch jeder Einwirkung der Eng-
länder auf die inneren Angelegenheiten des Landes sowie der im Ge-
heimen vielleicht gewünschten Occupation von Simonoseki vor.
Die Gesandten glaubten nun wegen des ersten Punctes, die Sicher-
heit von Yokuhama betreffend, noch mit den japanischen Behörden
in Verhandlung treten zu müssen. Diese liessen aber durch Takemoto

Anh. II. Uebereinkommen der Diplomaten.
werth, dessen Macht und Willkür zu brechen. Er that überdies
dem Handel der Fremden directen Schaden, und hatte noch kürzlich
mehrere mit Waaren für den Markt von Yokuhama beladene Dschunken
bei Simonoseki angehalten und verbrannt.

Die Diplomaten in Yokuhama hielten zahlreiche Conferenzen
und einigten sich, die Solidarität der Interessen anerkennend, mehr
und mehr über die einzuschlagenden Wege, zogen auch den oftge-
nannten Takemoto in das Vertrauen, welcher nun wieder häufiger in
der Niederlassung erschien. Die Politik der Regierung war von jetzt
an lediglich die der Selbsterhaltung; sie strebte noch eine Zeit lang
die Fremden auf gütlichem Wege los zu werden, um den Gegnern
jeden Vorwand des Streites zu rauben und wo möglich das alte
System wieder herzustellen. Der Taïkūn legt in seinem Circular
grossen Nachdruck auf seine Einmüthigkeit mit dem Mikado, und
erklärt sich offen als Gegner der Fremden, sucht aber mit deren
Hülfe seine Kriegsmacht zu stärken, und billigt, jedes offene Bünd-
niss perhorrescirend, im Geheimen ihre Operationen gegen seine
Feinde. Takemoto erklärte im Vertrauen, dass die Expedition gegen
Simonoseki den Interessen des Taïkūn nur förderlich sein könne,
bat aber, sie bis nach Abgang des Geschwaders geheim zu halten;
dann werde die Regierung laut dagegen protestiren. Gleich nach
Rückkehr des Barossa einigten sich nun die Diplomaten und
Admiräle über folgende Puncte: Erstere erklärten die Geschwader-
Commandanten von jeder Verantwortlichkeit für die Sicherheit der
Niederlassung entbunden; die Verschanzungen von Simonoseki sollten
auch in dem Falle zerstört werden, dass sie das Geschwader nicht
angriffen; dieses sollte nach Vollendung seiner Aufgabe einige Schiffe
dort lassen um die Strasse offen zu halten, die übrigen aber zurück-
senden; der Fürst von Naṅgato sollte als Seeräuber behandelt und
keine Unterhandlungen mit ihm gepflogen werden; das Geschwader
sollte sich aller Demonstrationen vor Osaka enthalten. — In die
beiden letzten Puncte willigte der englische Gesandte wohl sehr
ungern; der französische Geschäftsträger und Admiral Jaurès bestan-
den aber darauf und beugten dadurch jeder Einwirkung der Eng-
länder auf die inneren Angelegenheiten des Landes sowie der im Ge-
heimen vielleicht gewünschten Occupation von Simonoseki vor.
Die Gesandten glaubten nun wegen des ersten Punctes, die Sicher-
heit von Yokuhama betreffend, noch mit den japanischen Behörden
in Verhandlung treten zu müssen. Diese liessen aber durch Takemoto

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[333/0353] Anh. II. Uebereinkommen der Diplomaten. werth, dessen Macht und Willkür zu brechen. Er that überdies dem Handel der Fremden directen Schaden, und hatte noch kürzlich mehrere mit Waaren für den Markt von Yokuhama beladene Dschunken bei Simonoseki angehalten und verbrannt. Die Diplomaten in Yokuhama hielten zahlreiche Conferenzen und einigten sich, die Solidarität der Interessen anerkennend, mehr und mehr über die einzuschlagenden Wege, zogen auch den oftge- nannten Takemoto in das Vertrauen, welcher nun wieder häufiger in der Niederlassung erschien. Die Politik der Regierung war von jetzt an lediglich die der Selbsterhaltung; sie strebte noch eine Zeit lang die Fremden auf gütlichem Wege los zu werden, um den Gegnern jeden Vorwand des Streites zu rauben und wo möglich das alte System wieder herzustellen. Der Taïkūn legt in seinem Circular grossen Nachdruck auf seine Einmüthigkeit mit dem Mikado, und erklärt sich offen als Gegner der Fremden, sucht aber mit deren Hülfe seine Kriegsmacht zu stärken, und billigt, jedes offene Bünd- niss perhorrescirend, im Geheimen ihre Operationen gegen seine Feinde. Takemoto erklärte im Vertrauen, dass die Expedition gegen Simonoseki den Interessen des Taïkūn nur förderlich sein könne, bat aber, sie bis nach Abgang des Geschwaders geheim zu halten; dann werde die Regierung laut dagegen protestiren. Gleich nach Rückkehr des Barossa einigten sich nun die Diplomaten und Admiräle über folgende Puncte: Erstere erklärten die Geschwader- Commandanten von jeder Verantwortlichkeit für die Sicherheit der Niederlassung entbunden; die Verschanzungen von Simonoseki sollten auch in dem Falle zerstört werden, dass sie das Geschwader nicht angriffen; dieses sollte nach Vollendung seiner Aufgabe einige Schiffe dort lassen um die Strasse offen zu halten, die übrigen aber zurück- senden; der Fürst von Naṅgato sollte als Seeräuber behandelt und keine Unterhandlungen mit ihm gepflogen werden; das Geschwader sollte sich aller Demonstrationen vor Osaka enthalten. — In die beiden letzten Puncte willigte der englische Gesandte wohl sehr ungern; der französische Geschäftsträger und Admiral Jaurès bestan- den aber darauf und beugten dadurch jeder Einwirkung der Eng- länder auf die inneren Angelegenheiten des Landes sowie der im Ge- heimen vielleicht gewünschten Occupation von Simonoseki vor. Die Gesandten glaubten nun wegen des ersten Punctes, die Sicher- heit von Yokuhama betreffend, noch mit den japanischen Behörden in Verhandlung treten zu müssen. Diese liessen aber durch Takemoto

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/353>, abgerufen am 23.11.2024.