[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Spannende Lage. Anh. II. herrschte rege Thätigkeit: die Japaner bauten neue Batterieen, ver-sahen die alten mit schwerem Geschütz und verstärkten deren Be- satzungen. In der Maschinenfabrik zu Aku-no-ura wurden Tag und Nacht Kugeln gegossen. Die Umgegend wimmelte von Soldaten, die in starken Abtheilungen aus dem Inneren anrückten, während die fried- lichen Bewohner der Stadt und der umliegenden Dörfer in grossen Schaaren mit Hab und Gut abzogen. Auch die meisten Tagelöhner verliessen die Niederlassung oder waren nur durch verdreifachten Lohn zu halten; aller Handelsverkehr hörte auf und die Unsicherheit stieg von Tage zu Tage. Der Statthalter war sichtlich besorgt und gab der Niederlassung eine Wache, ersuchte jedoch die Fremden auf ihrer Hut zu sein, da er bei der starken Ansammlung von Sol- daten und der unter ihnen herrschenden Aufregung für nichts bürgen könne. Die Japaner in Nangasaki waren vom Vornehmsten bis zum Geringsten überzeugt, dass man die Forderungen der Engländer nicht erfüllen werde, und der Statthalter drang mit wohlwollender Fürsorge in die Fremden, Alles zur schleunigen Einschiffung bereit zu halten, da es ausser seiner Macht stehe, sie beim Eintreffen der Nachricht vom Ausbruch des Krieges vor Unbilden zu schützen. Sie hatten auch ihre Bücher und Kostbarkeiten sowie die werth- vollsten Waarenvorräthe auf die Schiffe gebracht, und versammelten sich, einen nächtlichen Angriff befürchtend, allabendlich in zwei dem Landungsplatze zunächst gelegenen Häusern der Niederlassung, während der englische Consul, der seine Person besonders exponirt glaubte, die Nächte an Bord eines der englischen Kanonenboote -- Swallow und Ringdove -- zuzubringen pflegte. Für den Kriegsfall hatte der Admiral ein grösseres Schiff versprochen. An den Schutzmaassregeln für die Niederlassung in Yokuhama Spannende Lage. Anh. II. herrschte rege Thätigkeit: die Japaner bauten neue Batterieen, ver-sahen die alten mit schwerem Geschütz und verstärkten deren Be- satzungen. In der Maschinenfabrik zu Aku-no-ura wurden Tag und Nacht Kugeln gegossen. Die Umgegend wimmelte von Soldaten, die in starken Abtheilungen aus dem Inneren anrückten, während die fried- lichen Bewohner der Stadt und der umliegenden Dörfer in grossen Schaaren mit Hab und Gut abzogen. Auch die meisten Tagelöhner verliessen die Niederlassung oder waren nur durch verdreifachten Lohn zu halten; aller Handelsverkehr hörte auf und die Unsicherheit stieg von Tage zu Tage. Der Statthalter war sichtlich besorgt und gab der Niederlassung eine Wache, ersuchte jedoch die Fremden auf ihrer Hut zu sein, da er bei der starken Ansammlung von Sol- daten und der unter ihnen herrschenden Aufregung für nichts bürgen könne. Die Japaner in Naṅgasaki waren vom Vornehmsten bis zum Geringsten überzeugt, dass man die Forderungen der Engländer nicht erfüllen werde, und der Statthalter drang mit wohlwollender Fürsorge in die Fremden, Alles zur schleunigen Einschiffung bereit zu halten, da es ausser seiner Macht stehe, sie beim Eintreffen der Nachricht vom Ausbruch des Krieges vor Unbilden zu schützen. Sie hatten auch ihre Bücher und Kostbarkeiten sowie die werth- vollsten Waarenvorräthe auf die Schiffe gebracht, und versammelten sich, einen nächtlichen Angriff befürchtend, allabendlich in zwei dem Landungsplatze zunächst gelegenen Häusern der Niederlassung, während der englische Consul, der seine Person besonders exponirt glaubte, die Nächte an Bord eines der englischen Kanonenboote — Swallow und Ringdove — zuzubringen pflegte. Für den Kriegsfall hatte der Admiral ein grösseres Schiff versprochen. 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Spannende Lage. Anh. II.
herrschte rege Thätigkeit: die Japaner bauten neue Batterieen, ver-
sahen die alten mit schwerem Geschütz und verstärkten deren Be-
satzungen. In der Maschinenfabrik zu Aku-no-ura wurden Tag und
Nacht Kugeln gegossen. Die Umgegend wimmelte von Soldaten, die in
starken Abtheilungen aus dem Inneren anrückten, während die fried-
lichen Bewohner der Stadt und der umliegenden Dörfer in grossen
Schaaren mit Hab und Gut abzogen. Auch die meisten Tagelöhner
verliessen die Niederlassung oder waren nur durch verdreifachten
Lohn zu halten; aller Handelsverkehr hörte auf und die Unsicherheit
stieg von Tage zu Tage. Der Statthalter war sichtlich besorgt und
gab der Niederlassung eine Wache, ersuchte jedoch die Fremden
auf ihrer Hut zu sein, da er bei der starken Ansammlung von Sol-
daten und der unter ihnen herrschenden Aufregung für nichts bürgen
könne. Die Japaner in Naṅgasaki waren vom Vornehmsten bis zum
Geringsten überzeugt, dass man die Forderungen der Engländer
nicht erfüllen werde, und der Statthalter drang mit wohlwollender
Fürsorge in die Fremden, Alles zur schleunigen Einschiffung bereit
zu halten, da es ausser seiner Macht stehe, sie beim Eintreffen der
Nachricht vom Ausbruch des Krieges vor Unbilden zu schützen.
Sie hatten auch ihre Bücher und Kostbarkeiten sowie die werth-
vollsten Waarenvorräthe auf die Schiffe gebracht, und versammelten
sich, einen nächtlichen Angriff befürchtend, allabendlich in zwei
dem Landungsplatze zunächst gelegenen Häusern der Niederlassung,
während der englische Consul, der seine Person besonders exponirt
glaubte, die Nächte an Bord eines der englischen Kanonenboote —
Swallow und Ringdove — zuzubringen pflegte. Für den Kriegsfall
hatte der Admiral ein grösseres Schiff versprochen.
An den Schutzmaassregeln für die Niederlassung in Yokuhama
betheiligten sich die diplomatischen Agenten und Consuln aller Ver-
tragsmächte ausser den amerikanischen, welche noch immer eine Aus-
nahme-Stellung einnahmen und, die Solidarität der Interessen ver-
kennend, sich von den gemeinsamen Handlungen der übrigen Ver-
treter ausschlossen. Eine amerikanische Handelsgesellschaft versorgte
die Regierung des Taïkūn mit Waffen und Kriegsmaterial aller Art
und hatte sogar die Lieferung grosser Kriegsschiffe zugesagt. Dieser
Handel nahm besonders seit Beginn der kriegdrohenden Ver-
wickelungen mit England einen lebhaften Aufschwung, und man
glaubte in der Niederlassung, dass der amerikanische Minister-
Resident — ohne Wissen seiner Regierung — sich mit grossen
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