[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Anh. II. Angriff auf die englische Gesandtschaft. man dann, wie der Lärm sich allmälich entfernte; der Angriff schienhier also abgeschlagen. -- Herr Alcock wollte jetzt nach dem Lega- tions-Attache Macdonald sehen, der in einem entfernten Ausbau des Hauses wohnte, und musste auf dem Wege einen dunkelen Gang passiren; am Ende desselben zeigten sich Gestalten, die aber ver- schwanden, als einer seiner Begleiter Feuer gab. Man hörte draussen noch ab und zu wildes Geschrei und Schwerterklang; endlich wurde es ganz still. Jetzt erschien einer der Haus-Yakunine mit dem feh- lenden Attache und bat die Herren sich ruhig zu verhalten, bis das ganze Haus durchsucht wäre. Der Gesandte blieb natürlich mit seinen Leidensgefährten die ganze Nacht auf, verband die Verwun- deten und traf in Erwartung eines erneuten Angriffs Vertheidi- gungsmaassregeln; die Japaner schlugen auch mehrfach Lärm, da einige der Banditen sich in das Dickicht des Friedhofes geflüchtet hatten und dort gesucht wurden; doch erfolgte keine weitere Belästigung. -- Der Attache Macdonald hatte beim Schlafengehen gehört, wie Leute in das anstossende Badezimmer einbrachen, und vergebens nach der Wache gerufen; war dann aber von aussen herum nach dem Hofe geeilt, wo er mehrere Gruppen in wüthen- dem Schwertkampfe fand. Bewaffnete mit Laternen strömten von allen Seiten zu, und die Angreifer sollen gerufen haben, dass sie mit ihren Landsleuten nichts zu schaffen hätten und nur den Frem- den an den Leib wollten. Einige Yakunine zogen den Attache, der in seinem weissen Nachtzeug sehr kenntlich war, schnell bei Seite und bedeckten ihn mit ihren eigenen Röcken. Die Angreifer waren von vorn gekommen und, da sie das Anh. II. Angriff auf die englische Gesandtschaft. man dann, wie der Lärm sich allmälich entfernte; der Angriff schienhier also abgeschlagen. — Herr Alcock wollte jetzt nach dem Lega- tions-Attaché Macdonald sehen, der in einem entfernten Ausbau des Hauses wohnte, und musste auf dem Wege einen dunkelen Gang passiren; am Ende desselben zeigten sich Gestalten, die aber ver- schwanden, als einer seiner Begleiter Feuer gab. Man hörte draussen noch ab und zu wildes Geschrei und Schwerterklang; endlich wurde es ganz still. Jetzt erschien einer der Haus-Yakunine mit dem feh- lenden Attaché und bat die Herren sich ruhig zu verhalten, bis das ganze Haus durchsucht wäre. Der Gesandte blieb natürlich mit seinen Leidensgefährten die ganze Nacht auf, verband die Verwun- deten und traf in Erwartung eines erneuten Angriffs Vertheidi- gungsmaassregeln; die Japaner schlugen auch mehrfach Lärm, da einige der Banditen sich in das Dickicht des Friedhofes geflüchtet hatten und dort gesucht wurden; doch erfolgte keine weitere Belästigung. — Der Attaché Macdonald hatte beim Schlafengehen gehört, wie Leute in das anstossende Badezimmer einbrachen, und vergebens nach der Wache gerufen; war dann aber von aussen herum nach dem Hofe geeilt, wo er mehrere Gruppen in wüthen- dem Schwertkampfe fand. Bewaffnete mit Laternen strömten von allen Seiten zu, und die Angreifer sollen gerufen haben, dass sie mit ihren Landsleuten nichts zu schaffen hätten und nur den Frem- den an den Leib wollten. Einige Yakunine zogen den Attaché, der in seinem weissen Nachtzeug sehr kenntlich war, schnell bei Seite und bedeckten ihn mit ihren eigenen Röcken. 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Anh. II. Angriff auf die englische Gesandtschaft.
man dann, wie der Lärm sich allmälich entfernte; der Angriff schien
hier also abgeschlagen. — Herr Alcock wollte jetzt nach dem Lega-
tions-Attaché Macdonald sehen, der in einem entfernten Ausbau des
Hauses wohnte, und musste auf dem Wege einen dunkelen Gang
passiren; am Ende desselben zeigten sich Gestalten, die aber ver-
schwanden, als einer seiner Begleiter Feuer gab. Man hörte draussen
noch ab und zu wildes Geschrei und Schwerterklang; endlich wurde
es ganz still. Jetzt erschien einer der Haus-Yakunine mit dem feh-
lenden Attaché und bat die Herren sich ruhig zu verhalten, bis das
ganze Haus durchsucht wäre. Der Gesandte blieb natürlich mit
seinen Leidensgefährten die ganze Nacht auf, verband die Verwun-
deten und traf in Erwartung eines erneuten Angriffs Vertheidi-
gungsmaassregeln; die Japaner schlugen auch mehrfach Lärm, da
einige der Banditen sich in das Dickicht des Friedhofes geflüchtet
hatten und dort gesucht wurden; doch erfolgte keine weitere
Belästigung. — Der Attaché Macdonald hatte beim Schlafengehen
gehört, wie Leute in das anstossende Badezimmer einbrachen, und
vergebens nach der Wache gerufen; war dann aber von aussen
herum nach dem Hofe geeilt, wo er mehrere Gruppen in wüthen-
dem Schwertkampfe fand. Bewaffnete mit Laternen strömten von
allen Seiten zu, und die Angreifer sollen gerufen haben, dass sie
mit ihren Landsleuten nichts zu schaffen hätten und nur den Frem-
den an den Leib wollten. Einige Yakunine zogen den Attaché, der
in seinem weissen Nachtzeug sehr kenntlich war, schnell bei Seite
und bedeckten ihn mit ihren eigenen Röcken.
Die Angreifer waren von vorn gekommen und, da sie das
auf den Tokaïdo führende Hauptthor verschlossen fanden, daneben
über den Zaun gesprungen, hatten den Thorhüter, der auf den Lärm
herauskam, niedergehauen, und die Richtung nach dem Tempel
eingeschlagen. Sie stürmten an den dicht am Wege stehenden
Wachthäusern vorbei, stiessen einen Betto und einen bellenden
Hund nieder, die ihnen in den Wurf kamen, verwundeten einen
japanischen Koch der Gesandtschaft und ergriffen vor dem Thor
des abgezäunten Vorhofes den Wächter desselben, dem sie unter
wüsten Drohungen befahlen, sie nach den Schlafgemächern der
Barbaren zu führen. Der Wächter heuchelte Gehorsam, entsprang
aber plötzlich und erhielt einen furchtbaren Hieb zwischen die
Schultern; es gelang ihm dann in einen lotusbewachsenen Teich zu
entschlüpfen, und er ist von seiner schweren Wunde schliesslich
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