[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Anh. II. Beschränkung des Ausfuhrhandels. den Verträgen in die Limitirung der Ausfuhr gewisser Hauptartikelauf bestimmte Quantitäten für eine lange Reihe von Jahren willigen. Die Tendenz zur Beschränkung war also offenbar, die Thatsache wurde aber geleugnet. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1861 nahm nun besonders der Ausfuhrhandel einen solchen Auf- schwung, dass die Vertreter der angesehensten Firmen in Yokuhama den Argwohn einer ernstlichen Einmischung der Regierung fallen liessen. Allerdings musste jedes Geschäft auf dem Zollamte gemel- det und sanctionirt werden; kein Japaner durfte ohne dessen Er- laubniss liefern oder empfangen; die Behörde nahm auch den ein- heimischen Verkäufern eine Advalorem-Steuer von 1 Procent zur Bestreitung der Verwaltungskosten ab; -- die meisten Fremden sahen aber diese Einrichtung für keine wesentliche Beschränkung, sondern nur für eine Ueberwachung des Verkehrs zu statistischen Zwecken und zur Controle der Agenten an, welche die Geschäfte der grossen Handelsgilden in Yeddo vermitteln. Dagegen klagten einzelne Kleinhändler in Yokuhama, von denen die Fremden die Rohseide in kleinen Posten, oft Sack für Sack einkauften, über den unerträglichen Druck, welchen jene Gilden durch ihre Preiserhö- hungen auf sie übten. Yeddo ist ein grosser Mittelpunct des Pro- ductenhandels, und die dortigen Handelsgesellschaften haben, soweit die Regierung sie gewähren lässt6), den Markt vollständig in der Hand. Ihrem einmüthigen Zusammenwirken wurde denn auch vorzüglich die bedeutende Steigerung der Preise zugeschrieben. In späteren Perioden bestätigte sich aber die schon damals von Vielen gehegte Meinung, dass die Regierung die Zufuhr der Waaren nach Yokuhama theils gradezu verbiete, theils den Verkauf nur gegen hohe Abgaben gestatte. -- Was die Einfuhr betrifft, so kannte man damals nur ein Verbot an die Japaner, fremde Rohbaumwolle zu kaufen, wel- ches zum Schutz der einheimischen Production erlassen wurde und von Seiten der Fremden keine Anfechtung fand. -- Später wurde Baumwolle sogar in grossen Massen ausgeführt. Die Verträge waren von den Contrahenten verschieden ge- 6) Die Regierung scheint den inländischen Verkehr sorgsam zu überwachen
und jede künstliche Preissteigerung durch kaufmännische Speculation mit Gewalt zu unterdrücken. Man erzählt zur Zeit unserer Anwesenheit von einem Getreidehändler, der wegen Zurückhaltung seiner Vorräthe geköpft worden wäre. Anh. II. Beschränkung des Ausfuhrhandels. den Verträgen in die Limitirung der Ausfuhr gewisser Hauptartikelauf bestimmte Quantitäten für eine lange Reihe von Jahren willigen. Die Tendenz zur Beschränkung war also offenbar, die Thatsache wurde aber geleugnet. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1861 nahm nun besonders der Ausfuhrhandel einen solchen Auf- schwung, dass die Vertreter der angesehensten Firmen in Yokuhama den Argwohn einer ernstlichen Einmischung der Regierung fallen liessen. Allerdings musste jedes Geschäft auf dem Zollamte gemel- det und sanctionirt werden; kein Japaner durfte ohne dessen Er- laubniss liefern oder empfangen; die Behörde nahm auch den ein- heimischen Verkäufern eine Advalorem-Steuer von 1 Procent zur Bestreitung der Verwaltungskosten ab; — die meisten Fremden sahen aber diese Einrichtung für keine wesentliche Beschränkung, sondern nur für eine Ueberwachung des Verkehrs zu statistischen Zwecken und zur Controle der Agenten an, welche die Geschäfte der grossen Handelsgilden in Yeddo vermitteln. Dagegen klagten einzelne Kleinhändler in Yokuhama, von denen die Fremden die Rohseide in kleinen Posten, oft Sack für Sack einkauften, über den unerträglichen Druck, welchen jene Gilden durch ihre Preiserhö- hungen auf sie übten. Yeddo ist ein grosser Mittelpunct des Pro- ductenhandels, und die dortigen Handelsgesellschaften haben, soweit die Regierung sie gewähren lässt6), den Markt vollständig in der Hand. Ihrem einmüthigen Zusammenwirken wurde denn auch vorzüglich die bedeutende Steigerung der Preise zugeschrieben. In späteren Perioden bestätigte sich aber die schon damals von Vielen gehegte Meinung, dass die Regierung die Zufuhr der Waaren nach Yokuhama theils gradezu verbiete, theils den Verkauf nur gegen hohe Abgaben gestatte. — Was die Einfuhr betrifft, so kannte man damals nur ein Verbot an die Japaner, fremde Rohbaumwolle zu kaufen, wel- ches zum Schutz der einheimischen Production erlassen wurde und von Seiten der Fremden keine Anfechtung fand. — Später wurde Baumwolle sogar in grossen Massen ausgeführt. Die Verträge waren von den Contrahenten verschieden ge- 6) Die Regierung scheint den inländischen Verkehr sorgsam zu überwachen
und jede künstliche Preissteigerung durch kaufmännische Speculation mit Gewalt zu unterdrücken. Man erzählt zur Zeit unserer Anwesenheit von einem Getreidehändler, der wegen Zurückhaltung seiner Vorräthe geköpft worden wäre. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0269" n="249"/><fw place="top" type="header">Anh. II. Beschränkung des Ausfuhrhandels.</fw><lb/> den Verträgen in die Limitirung der Ausfuhr gewisser Hauptartikel<lb/> auf bestimmte Quantitäten für eine lange Reihe von Jahren willigen.<lb/> Die <hi rendition="#g">Tendenz</hi> zur Beschränkung war also offenbar, die <hi rendition="#g">Thatsache</hi><lb/> wurde aber geleugnet. In den ersten sechs Monaten des Jahres<lb/> 1861 nahm nun besonders der Ausfuhrhandel einen solchen Auf-<lb/> schwung, dass die Vertreter der angesehensten Firmen in <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi><lb/> den Argwohn einer ernstlichen Einmischung der Regierung fallen<lb/> liessen. Allerdings musste jedes Geschäft auf dem Zollamte gemel-<lb/> det und sanctionirt werden; kein Japaner durfte ohne dessen Er-<lb/> laubniss liefern oder empfangen; die Behörde nahm auch den ein-<lb/> heimischen Verkäufern eine Advalorem-Steuer von 1 Procent zur<lb/> Bestreitung der Verwaltungskosten ab; — die meisten Fremden<lb/> sahen aber diese Einrichtung für keine wesentliche Beschränkung,<lb/> sondern nur für eine Ueberwachung des Verkehrs zu statistischen<lb/> Zwecken und zur Controle der Agenten an, welche die Geschäfte<lb/> der grossen Handelsgilden in <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> vermitteln. Dagegen klagten<lb/> einzelne Kleinhändler in <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi>, von denen die Fremden die<lb/> Rohseide in kleinen Posten, oft Sack für Sack einkauften, über den<lb/> unerträglichen Druck, welchen <hi rendition="#g">jene Gilden</hi> durch ihre Preiserhö-<lb/> hungen auf sie übten. <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> ist ein grosser Mittelpunct des Pro-<lb/> ductenhandels, und die dortigen Handelsgesellschaften haben, soweit die<lb/> Regierung sie gewähren lässt<note place="foot" n="6)">Die Regierung scheint den <hi rendition="#g">inländischen</hi> Verkehr sorgsam zu überwachen<lb/> und jede künstliche Preissteigerung durch kaufmännische Speculation mit Gewalt zu<lb/> unterdrücken. Man erzählt zur Zeit unserer Anwesenheit von einem Getreidehändler,<lb/> der wegen Zurückhaltung seiner Vorräthe geköpft worden wäre.</note>, den Markt vollständig in der Hand.<lb/> Ihrem einmüthigen Zusammenwirken wurde denn auch vorzüglich<lb/> die bedeutende Steigerung der Preise zugeschrieben. In späteren<lb/> Perioden bestätigte sich aber die schon damals von Vielen gehegte<lb/> Meinung, dass die Regierung die Zufuhr der Waaren nach <hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi><lb/> theils gradezu verbiete, theils den Verkauf nur gegen hohe Abgaben<lb/> gestatte. — Was die Einfuhr betrifft, so kannte man damals nur<lb/> ein Verbot an die Japaner, fremde Rohbaumwolle zu kaufen, wel-<lb/> ches zum Schutz der einheimischen Production erlassen wurde und<lb/> von Seiten der Fremden keine Anfechtung fand. — Später wurde<lb/> Baumwolle sogar in grossen Massen <hi rendition="#g">ausgeführt</hi>.</p><lb/> <p>Die Verträge waren von den Contrahenten verschieden ge-<lb/> meint. Die Fremden wollten freien Handelsverkehr mit der Be-<lb/> völkerung anbahnen; die japanische Regierung aber glaubte, in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0269]
Anh. II. Beschränkung des Ausfuhrhandels.
den Verträgen in die Limitirung der Ausfuhr gewisser Hauptartikel
auf bestimmte Quantitäten für eine lange Reihe von Jahren willigen.
Die Tendenz zur Beschränkung war also offenbar, die Thatsache
wurde aber geleugnet. In den ersten sechs Monaten des Jahres
1861 nahm nun besonders der Ausfuhrhandel einen solchen Auf-
schwung, dass die Vertreter der angesehensten Firmen in Yokuhama
den Argwohn einer ernstlichen Einmischung der Regierung fallen
liessen. Allerdings musste jedes Geschäft auf dem Zollamte gemel-
det und sanctionirt werden; kein Japaner durfte ohne dessen Er-
laubniss liefern oder empfangen; die Behörde nahm auch den ein-
heimischen Verkäufern eine Advalorem-Steuer von 1 Procent zur
Bestreitung der Verwaltungskosten ab; — die meisten Fremden
sahen aber diese Einrichtung für keine wesentliche Beschränkung,
sondern nur für eine Ueberwachung des Verkehrs zu statistischen
Zwecken und zur Controle der Agenten an, welche die Geschäfte
der grossen Handelsgilden in Yeddo vermitteln. Dagegen klagten
einzelne Kleinhändler in Yokuhama, von denen die Fremden die
Rohseide in kleinen Posten, oft Sack für Sack einkauften, über den
unerträglichen Druck, welchen jene Gilden durch ihre Preiserhö-
hungen auf sie übten. Yeddo ist ein grosser Mittelpunct des Pro-
ductenhandels, und die dortigen Handelsgesellschaften haben, soweit die
Regierung sie gewähren lässt 6), den Markt vollständig in der Hand.
Ihrem einmüthigen Zusammenwirken wurde denn auch vorzüglich
die bedeutende Steigerung der Preise zugeschrieben. In späteren
Perioden bestätigte sich aber die schon damals von Vielen gehegte
Meinung, dass die Regierung die Zufuhr der Waaren nach Yokuhama
theils gradezu verbiete, theils den Verkauf nur gegen hohe Abgaben
gestatte. — Was die Einfuhr betrifft, so kannte man damals nur
ein Verbot an die Japaner, fremde Rohbaumwolle zu kaufen, wel-
ches zum Schutz der einheimischen Production erlassen wurde und
von Seiten der Fremden keine Anfechtung fand. — Später wurde
Baumwolle sogar in grossen Massen ausgeführt.
Die Verträge waren von den Contrahenten verschieden ge-
meint. Die Fremden wollten freien Handelsverkehr mit der Be-
völkerung anbahnen; die japanische Regierung aber glaubte, in
6) Die Regierung scheint den inländischen Verkehr sorgsam zu überwachen
und jede künstliche Preissteigerung durch kaufmännische Speculation mit Gewalt zu
unterdrücken. Man erzählt zur Zeit unserer Anwesenheit von einem Getreidehändler,
der wegen Zurückhaltung seiner Vorräthe geköpft worden wäre.
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