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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Desima. XI.
das andere nach dem Lande führende. Von dem historischen
Desima sieht man überhaupt keine Spur mehr; die ganze Nieder-
lassung brannte im Jahre 1858 einmal wieder ab und jetzt stehen
dort lauter neue weissgetünchte Gebäude, theils Waarenlager, theils
Wohnhäuser. Letztere liegen mit der Fronte nach der See, nach
Westen gekehrt, an einem breiten Quai, und sind nach dem Muster
der holländischen auf Java gebaut, unten Geschäftsräume, oben die
Wohnzimmer, vor welchen unter überkragendem Dache ein Balcon
die ganze Facade entlang läuft. Von da übersieht man die liebliche
Bucht; der Blick schweift zwischen den grünen Ufern des langge-
streckten Beckens hindurch bis auf das hohe Meer, das zwischen
den fernsten Vorgebirgen wie durch eine Thürspalte sichtbar ist.
Links im Vordergrunde läuft eine bewachsene Höhe am Strande hin,
welche malerische Gebäude beschattet; dahinter schiebt sich die
dem Meere abgewonnene Fläche mit der neuen Ausiedelung der
Fremden vor und weiterhin ein bewaldeter Bergkegel, an dessen
Abhängen Tempel und ländliche Wohnungen unter dichten Baum-
wipfeln hervorlugen. -- Man kann sich keinen behaglicheren Platz
als diese Altane denken, um seine Zeit zu verträumen. Hier stört
nicht das Gewimmel eines geräuschvollen vielbesuchten Hafens, wo
Schiffer und Lastträger sich mühselig abarbeiten, einander drängen
und mürrisch anschreien; das weite Becken bietet Raum in Fülle,
die Boote gleiten stille durch die Fluth, Niemand hat grosse Eile;
die heiteren Japaner -- Arbeiter, Bootsleute, Zollbeamte -- scherzen
und lachen mit einander; über Landschaft und Menschen liegt die
vergnüglichste Stimmung.

Die weissen Häuser von Desima mit ihren grünen Fenster-
läden machen den freundlichsten Eindruck; die Hintergebäude dienen
zu Waarenlagern und bilden mit ihrer äusseren Wand die West-
facade der das Etablissement der Länge nach durchschneidenden
Strasse. Gegenüber steht eine zweite Reihe massiver Gebäude,
meist Magazine der hölländischen Kaufleute; eines haben japanische
Händler zum Bazar eingerichtet und halten dort ihr Hunder-
terlei von Lack-, Bronze-, Korb- und Porcelanwaaren in buntester
Auswahl feil. Man findet sehr hübsche Sachen, aber wenige von
hervorragendem Werthe. Hier wie in Yokuhama ist das Meiste
auf den Geschmack der fremden Seeleute und Wiederverkäufer be-
rechnet; ausgesuchte, theure Waare hätte geringen Absatz. --
Die Hinterwand dieser Häuserreihe läuft an dem Canal hin, welcher

Desima. XI.
das andere nach dem Lande führende. Von dem historischen
Desima sieht man überhaupt keine Spur mehr; die ganze Nieder-
lassung brannte im Jahre 1858 einmal wieder ab und jetzt stehen
dort lauter neue weissgetünchte Gebäude, theils Waarenlager, theils
Wohnhäuser. Letztere liegen mit der Fronte nach der See, nach
Westen gekehrt, an einem breiten Quai, und sind nach dem Muster
der holländischen auf Java gebaut, unten Geschäftsräume, oben die
Wohnzimmer, vor welchen unter überkragendem Dache ein Balcon
die ganze Façade entlang läuft. Von da übersieht man die liebliche
Bucht; der Blick schweift zwischen den grünen Ufern des langge-
streckten Beckens hindurch bis auf das hohe Meer, das zwischen
den fernsten Vorgebirgen wie durch eine Thürspalte sichtbar ist.
Links im Vordergrunde läuft eine bewachsene Höhe am Strande hin,
welche malerische Gebäude beschattet; dahinter schiebt sich die
dem Meere abgewonnene Fläche mit der neuen Ausiedelung der
Fremden vor und weiterhin ein bewaldeter Bergkegel, an dessen
Abhängen Tempel und ländliche Wohnungen unter dichten Baum-
wipfeln hervorlugen. — Man kann sich keinen behaglicheren Platz
als diese Altane denken, um seine Zeit zu verträumen. Hier stört
nicht das Gewimmel eines geräuschvollen vielbesuchten Hafens, wo
Schiffer und Lastträger sich mühselig abarbeiten, einander drängen
und mürrisch anschreien; das weite Becken bietet Raum in Fülle,
die Boote gleiten stille durch die Fluth, Niemand hat grosse Eile;
die heiteren Japaner — Arbeiter, Bootsleute, Zollbeamte — scherzen
und lachen mit einander; über Landschaft und Menschen liegt die
vergnüglichste Stimmung.

Die weissen Häuser von Desima mit ihren grünen Fenster-
läden machen den freundlichsten Eindruck; die Hintergebäude dienen
zu Waarenlagern und bilden mit ihrer äusseren Wand die West-
façade der das Etablissement der Länge nach durchschneidenden
Strasse. Gegenüber steht eine zweite Reihe massiver Gebäude,
meist Magazine der hölländischen Kaufleute; eines haben japanische
Händler zum Bazar eingerichtet und halten dort ihr Hunder-
terlei von Lack-, Bronze-, Korb- und Porcelanwaaren in buntester
Auswahl feil. Man findet sehr hübsche Sachen, aber wenige von
hervorragendem Werthe. Hier wie in Yokuhama ist das Meiste
auf den Geschmack der fremden Seeleute und Wiederverkäufer be-
rechnet; ausgesuchte, theure Waare hätte geringen Absatz. —
Die Hinterwand dieser Häuserreihe läuft an dem Canal hin, welcher

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[188/0208] Desima. XI. das andere nach dem Lande führende. Von dem historischen Desima sieht man überhaupt keine Spur mehr; die ganze Nieder- lassung brannte im Jahre 1858 einmal wieder ab und jetzt stehen dort lauter neue weissgetünchte Gebäude, theils Waarenlager, theils Wohnhäuser. Letztere liegen mit der Fronte nach der See, nach Westen gekehrt, an einem breiten Quai, und sind nach dem Muster der holländischen auf Java gebaut, unten Geschäftsräume, oben die Wohnzimmer, vor welchen unter überkragendem Dache ein Balcon die ganze Façade entlang läuft. Von da übersieht man die liebliche Bucht; der Blick schweift zwischen den grünen Ufern des langge- streckten Beckens hindurch bis auf das hohe Meer, das zwischen den fernsten Vorgebirgen wie durch eine Thürspalte sichtbar ist. Links im Vordergrunde läuft eine bewachsene Höhe am Strande hin, welche malerische Gebäude beschattet; dahinter schiebt sich die dem Meere abgewonnene Fläche mit der neuen Ausiedelung der Fremden vor und weiterhin ein bewaldeter Bergkegel, an dessen Abhängen Tempel und ländliche Wohnungen unter dichten Baum- wipfeln hervorlugen. — Man kann sich keinen behaglicheren Platz als diese Altane denken, um seine Zeit zu verträumen. Hier stört nicht das Gewimmel eines geräuschvollen vielbesuchten Hafens, wo Schiffer und Lastträger sich mühselig abarbeiten, einander drängen und mürrisch anschreien; das weite Becken bietet Raum in Fülle, die Boote gleiten stille durch die Fluth, Niemand hat grosse Eile; die heiteren Japaner — Arbeiter, Bootsleute, Zollbeamte — scherzen und lachen mit einander; über Landschaft und Menschen liegt die vergnüglichste Stimmung. Die weissen Häuser von Desima mit ihren grünen Fenster- läden machen den freundlichsten Eindruck; die Hintergebäude dienen zu Waarenlagern und bilden mit ihrer äusseren Wand die West- façade der das Etablissement der Länge nach durchschneidenden Strasse. Gegenüber steht eine zweite Reihe massiver Gebäude, meist Magazine der hölländischen Kaufleute; eines haben japanische Händler zum Bazar eingerichtet und halten dort ihr Hunder- terlei von Lack-, Bronze-, Korb- und Porcelanwaaren in buntester Auswahl feil. Man findet sehr hübsche Sachen, aber wenige von hervorragendem Werthe. Hier wie in Yokuhama ist das Meiste auf den Geschmack der fremden Seeleute und Wiederverkäufer be- rechnet; ausgesuchte, theure Waare hätte geringen Absatz. — Die Hinterwand dieser Häuserreihe läuft an dem Canal hin, welcher

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/208>, abgerufen am 22.11.2024.