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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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X. Folgen der Uebersiedelung.
Eine solche Reise musste der Regierung im höchsten Grade uner-
wünscht sein, und schon zwei Tage nach Absendung jenes
Schreibens stellte sich ein Bevollmächtigter des Gorodzio in
Yokuhama ein, um über die Rückkehr der Gesandten zu unter-
handeln. Diese stellten als Bedingung eine förmliche Einladung nach
der Hauptstadt von Seiten des Taikun, feierlichen Empfang am
Landungsplatze und Salutirung ihrer Flaggen durch Kanonensalven.
Zu dem letztgenannten Punct verstanden sich die Japaner am schwer-
sten, und es ist wohl ein berechtigter Stolz, wenn sich eine Nation
sträubt in irgend einem Puncte die Sitten und Gebräuche einer
anderen anzunehmen. Das Salutschiessen ist aber gegen das japa-
nische Herkommen; sie pflegen solche Höflichkeit nach ihrer Ge-
wohnheit durch Entsendung eines Beamten in Gala an Bord des
salutirenden Schiffes zu erwidern. Niemand denkt daran von einem
Orientalen das Abnehmen der Kopfbedeckung beim Grusse zu for-
dern, und man kann das Salutschiessen mit keinem besseren Rechte
verlangen. -- Die Minister fügten sich, von der unliebsamen Reise
des englischen Gesandten bedroht, nach langem Sträuben auch dieser
Forderung, richteten es aber so ein, dass schon vom frühen Morgen
an auf allen Festungswerken Schiessübungen gehalten wurden, so
dass der Salut in der allgemeinen Kanonade verhallte. -- Herr
Alcock und Herr von Bellecourt trafen also am 2. März mit den
Kriegsschiffen Encounter und Pioneer vor Yeddo wieder ein, lan-
deten unter grossem Geschützdonner, und begaben sich, von einigen
Bunyo's empfangen, nach ihren Tempeln.

Der Gedanke der Uebersiedelung war durch die Umstände
vollkommen gerechtfertigt; die beständige Gefahr des Meuchel-
mordes entnervt auch den Kaltblütigsten, solcher Zustand ist auf
die Länge unerträglich. Den bezweckten Erfolg der grösseren
Sicherheit für die Zukunft hatte die Maassregel aber nicht, wie die
Ereignisse deutlich bewiesen haben. Grade die englische Gesandt-
schaft wurde schon im Juli desselben Jahres Gegenstand eines mör-
derischen Ueberfalles, mit grösserem Aufwand von Kräften vollführt
als alle früheren Attentate. Nach diesem Angriff blieb Herr Alcock
noch eine Zeit lang in Yeddo wohnen, obgleich die Aussicht der
Gefahr viel drohender war, als nach Heuskens Tode; und aus seinen
eigenen Geständnissen geht hervor, dass er sein Verharren in der
Hauptstadt jetzt für politisch nothwendig hielt. Vielleicht hätten
die Beziehungen der Fremden zu Japan in den nächsten Jahren eine

X. Folgen der Uebersiedelung.
Eine solche Reise musste der Regierung im höchsten Grade uner-
wünscht sein, und schon zwei Tage nach Absendung jenes
Schreibens stellte sich ein Bevollmächtigter des Gorodžio in
Yokuhama ein, um über die Rückkehr der Gesandten zu unter-
handeln. Diese stellten als Bedingung eine förmliche Einladung nach
der Hauptstadt von Seiten des Taïkūn, feierlichen Empfang am
Landungsplatze und Salutirung ihrer Flaggen durch Kanonensalven.
Zu dem letztgenannten Punct verstanden sich die Japaner am schwer-
sten, und es ist wohl ein berechtigter Stolz, wenn sich eine Nation
sträubt in irgend einem Puncte die Sitten und Gebräuche einer
anderen anzunehmen. Das Salutschiessen ist aber gegen das japa-
nische Herkommen; sie pflegen solche Höflichkeit nach ihrer Ge-
wohnheit durch Entsendung eines Beamten in Gala an Bord des
salutirenden Schiffes zu erwidern. Niemand denkt daran von einem
Orientalen das Abnehmen der Kopfbedeckung beim Grusse zu for-
dern, und man kann das Salutschiessen mit keinem besseren Rechte
verlangen. — Die Minister fügten sich, von der unliebsamen Reise
des englischen Gesandten bedroht, nach langem Sträuben auch dieser
Forderung, richteten es aber so ein, dass schon vom frühen Morgen
an auf allen Festungswerken Schiessübungen gehalten wurden, so
dass der Salut in der allgemeinen Kanonade verhallte. — Herr
Alcock und Herr von Bellecourt trafen also am 2. März mit den
Kriegsschiffen Encounter und Pioneer vor Yeddo wieder ein, lan-
deten unter grossem Geschützdonner, und begaben sich, von einigen
Bunyo’s empfangen, nach ihren Tempeln.

Der Gedanke der Uebersiedelung war durch die Umstände
vollkommen gerechtfertigt; die beständige Gefahr des Meuchel-
mordes entnervt auch den Kaltblütigsten, solcher Zustand ist auf
die Länge unerträglich. Den bezweckten Erfolg der grösseren
Sicherheit für die Zukunft hatte die Maassregel aber nicht, wie die
Ereignisse deutlich bewiesen haben. Grade die englische Gesandt-
schaft wurde schon im Juli desselben Jahres Gegenstand eines mör-
derischen Ueberfalles, mit grösserem Aufwand von Kräften vollführt
als alle früheren Attentate. Nach diesem Angriff blieb Herr Alcock
noch eine Zeit lang in Yeddo wohnen, obgleich die Aussicht der
Gefahr viel drohender war, als nach Heuskens Tode; und aus seinen
eigenen Geständnissen geht hervor, dass er sein Verharren in der
Hauptstadt jetzt für politisch nothwendig hielt. Vielleicht hätten
die Beziehungen der Fremden zu Japan in den nächsten Jahren eine

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[175/0195] X. Folgen der Uebersiedelung. Eine solche Reise musste der Regierung im höchsten Grade uner- wünscht sein, und schon zwei Tage nach Absendung jenes Schreibens stellte sich ein Bevollmächtigter des Gorodžio in Yokuhama ein, um über die Rückkehr der Gesandten zu unter- handeln. Diese stellten als Bedingung eine förmliche Einladung nach der Hauptstadt von Seiten des Taïkūn, feierlichen Empfang am Landungsplatze und Salutirung ihrer Flaggen durch Kanonensalven. Zu dem letztgenannten Punct verstanden sich die Japaner am schwer- sten, und es ist wohl ein berechtigter Stolz, wenn sich eine Nation sträubt in irgend einem Puncte die Sitten und Gebräuche einer anderen anzunehmen. Das Salutschiessen ist aber gegen das japa- nische Herkommen; sie pflegen solche Höflichkeit nach ihrer Ge- wohnheit durch Entsendung eines Beamten in Gala an Bord des salutirenden Schiffes zu erwidern. Niemand denkt daran von einem Orientalen das Abnehmen der Kopfbedeckung beim Grusse zu for- dern, und man kann das Salutschiessen mit keinem besseren Rechte verlangen. — Die Minister fügten sich, von der unliebsamen Reise des englischen Gesandten bedroht, nach langem Sträuben auch dieser Forderung, richteten es aber so ein, dass schon vom frühen Morgen an auf allen Festungswerken Schiessübungen gehalten wurden, so dass der Salut in der allgemeinen Kanonade verhallte. — Herr Alcock und Herr von Bellecourt trafen also am 2. März mit den Kriegsschiffen Encounter und Pioneer vor Yeddo wieder ein, lan- deten unter grossem Geschützdonner, und begaben sich, von einigen Bunyo’s empfangen, nach ihren Tempeln. Der Gedanke der Uebersiedelung war durch die Umstände vollkommen gerechtfertigt; die beständige Gefahr des Meuchel- mordes entnervt auch den Kaltblütigsten, solcher Zustand ist auf die Länge unerträglich. Den bezweckten Erfolg der grösseren Sicherheit für die Zukunft hatte die Maassregel aber nicht, wie die Ereignisse deutlich bewiesen haben. Grade die englische Gesandt- schaft wurde schon im Juli desselben Jahres Gegenstand eines mör- derischen Ueberfalles, mit grösserem Aufwand von Kräften vollführt als alle früheren Attentate. Nach diesem Angriff blieb Herr Alcock noch eine Zeit lang in Yeddo wohnen, obgleich die Aussicht der Gefahr viel drohender war, als nach Heuskens Tode; und aus seinen eigenen Geständnissen geht hervor, dass er sein Verharren in der Hauptstadt jetzt für politisch nothwendig hielt. Vielleicht hätten die Beziehungen der Fremden zu Japan in den nächsten Jahren eine

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/195>, abgerufen am 23.11.2024.