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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Vermuthungen über die Ermordung. X.
werden, wozu allerlei Ueberraschungen vorbereitet wurden; nun war
er aus unserer Mitte gerissen. Die Stellung, die Heusken zu uns ein-
nahm, war der Art, dass Graf Eulenburg den anfangs nahe liegen-
den Gedanken, ihn durch ein ansehnliches Honorar aus den für
solche Zwecke bestimmten Fonds der Expedition für seine wichtigen
Leistungen zu entschädigen, längst aufgegeben und die Absicht ge-
fasst hatte, Seine Majestät um eine ehrenvollere Auszeichnung für
ihn anzugehen. Da das jetzt nicht mehr möglich war, so hat die
Preussische Regierung es für eine angenehme Pflicht angesehen,
einen Theil des Dankes, den sie ihm schuldete, seiner betagten
Mutter zu bethätigen.

Heusken war kaum eine Stunde verschieden, als ein Bunyo
des Auswärtigen bei Herrn Harris erschien um im Namen des Mini-
sters zu condoliren und nach den Umständen des Mordes zu fragen.
Er verlangte die Leiche zu sehen, untersuchte die Wunden, und
versprach in grosser Bewegung die strengste Forschung nach den
Mördern. -- Graf Eulenburg fand Herrn Harris am Morgen in der
tiefsten Betrübniss; Heusken war fünf Jahre lang sein einziger treuer
Begleiter gewesen, den er liebte, "nicht wie einen Sohn, sondern
wie einen Lieblingssohn"; für ihn war der Verlust nachhaltig und
unersetzlich. Er sprach schon in diesem Augenblick die japanische
Regierung laut von aller Verantwortlichkeit frei, zweifelte aber
nicht, dass die That politische Motive habe; ob im Zusammenhang
mit der Verschwörung, werde wohl kaum zu ermitteln sein. Er
habe Heusken unaufhörlich beschworen, Abends nicht auszureiten,
da es unter den ausgestossenen Samrai in Yeddo jederzeit Banditen
gebe, die aus blossem Blutdurst mordeten und sich jede Blutthat
zum Ruhme rechneten; auch wenn die Behörden der Thäter nicht hab-
haft würden, könne er daraus keinen Schluss auf ihre Mitwissenschaft
oder stillschweigende Billigung des Verbrechens ziehen. Herr Harris
blieb in diesen Aussprüchen nur seinen alten Ueberzeugungen treu,
mit denen er seit lange im Widerspruch zu den Ansichten der übrigen
Diplomaten stand. Diese folgerten aus der Thatsache, dass keine
der zahlreichen Mordthaten jemals bestraft worden war, eine Mit-
schuld oder Connivenz der Regierung, während Herr Harris, fest
überzeugt von deren Ehrenhaftigkeit und gutem Willen die Verträge
zu halten, den Grund dieser Straflosigkeit in den Verhältnissen des
Landes und in der politischen Stellung suchte, in welche die Ver-
träge die Regierung gedrängt hätten. -- Er setzte eine Belohnung

Vermuthungen über die Ermordung. X.
werden, wozu allerlei Ueberraschungen vorbereitet wurden; nun war
er aus unserer Mitte gerissen. Die Stellung, die Heusken zu uns ein-
nahm, war der Art, dass Graf Eulenburg den anfangs nahe liegen-
den Gedanken, ihn durch ein ansehnliches Honorar aus den für
solche Zwecke bestimmten Fonds der Expedition für seine wichtigen
Leistungen zu entschädigen, längst aufgegeben und die Absicht ge-
fasst hatte, Seine Majestät um eine ehrenvollere Auszeichnung für
ihn anzugehen. Da das jetzt nicht mehr möglich war, so hat die
Preussische Regierung es für eine angenehme Pflicht angesehen,
einen Theil des Dankes, den sie ihm schuldete, seiner betagten
Mutter zu bethätigen.

Heusken war kaum eine Stunde verschieden, als ein Bunyo
des Auswärtigen bei Herrn Harris erschien um im Namen des Mini-
sters zu condoliren und nach den Umständen des Mordes zu fragen.
Er verlangte die Leiche zu sehen, untersuchte die Wunden, und
versprach in grosser Bewegung die strengste Forschung nach den
Mördern. — Graf Eulenburg fand Herrn Harris am Morgen in der
tiefsten Betrübniss; Heusken war fünf Jahre lang sein einziger treuer
Begleiter gewesen, den er liebte, »nicht wie einen Sohn, sondern
wie einen Lieblingssohn«; für ihn war der Verlust nachhaltig und
unersetzlich. Er sprach schon in diesem Augenblick die japanische
Regierung laut von aller Verantwortlichkeit frei, zweifelte aber
nicht, dass die That politische Motive habe; ob im Zusammenhang
mit der Verschwörung, werde wohl kaum zu ermitteln sein. Er
habe Heusken unaufhörlich beschworen, Abends nicht auszureiten,
da es unter den ausgestossenen Samraï in Yeddo jederzeit Banditen
gebe, die aus blossem Blutdurst mordeten und sich jede Blutthat
zum Ruhme rechneten; auch wenn die Behörden der Thäter nicht hab-
haft würden, könne er daraus keinen Schluss auf ihre Mitwissenschaft
oder stillschweigende Billigung des Verbrechens ziehen. Herr Harris
blieb in diesen Aussprüchen nur seinen alten Ueberzeugungen treu,
mit denen er seit lange im Widerspruch zu den Ansichten der übrigen
Diplomaten stand. Diese folgerten aus der Thatsache, dass keine
der zahlreichen Mordthaten jemals bestraft worden war, eine Mit-
schuld oder Connivenz der Regierung, während Herr Harris, fest
überzeugt von deren Ehrenhaftigkeit und gutem Willen die Verträge
zu halten, den Grund dieser Straflosigkeit in den Verhältnissen des
Landes und in der politischen Stellung suchte, in welche die Ver-
träge die Regierung gedrängt hätten. — Er setzte eine Belohnung

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[152/0172] Vermuthungen über die Ermordung. X. werden, wozu allerlei Ueberraschungen vorbereitet wurden; nun war er aus unserer Mitte gerissen. Die Stellung, die Heusken zu uns ein- nahm, war der Art, dass Graf Eulenburg den anfangs nahe liegen- den Gedanken, ihn durch ein ansehnliches Honorar aus den für solche Zwecke bestimmten Fonds der Expedition für seine wichtigen Leistungen zu entschädigen, längst aufgegeben und die Absicht ge- fasst hatte, Seine Majestät um eine ehrenvollere Auszeichnung für ihn anzugehen. Da das jetzt nicht mehr möglich war, so hat die Preussische Regierung es für eine angenehme Pflicht angesehen, einen Theil des Dankes, den sie ihm schuldete, seiner betagten Mutter zu bethätigen. Heusken war kaum eine Stunde verschieden, als ein Bunyo des Auswärtigen bei Herrn Harris erschien um im Namen des Mini- sters zu condoliren und nach den Umständen des Mordes zu fragen. Er verlangte die Leiche zu sehen, untersuchte die Wunden, und versprach in grosser Bewegung die strengste Forschung nach den Mördern. — Graf Eulenburg fand Herrn Harris am Morgen in der tiefsten Betrübniss; Heusken war fünf Jahre lang sein einziger treuer Begleiter gewesen, den er liebte, »nicht wie einen Sohn, sondern wie einen Lieblingssohn«; für ihn war der Verlust nachhaltig und unersetzlich. Er sprach schon in diesem Augenblick die japanische Regierung laut von aller Verantwortlichkeit frei, zweifelte aber nicht, dass die That politische Motive habe; ob im Zusammenhang mit der Verschwörung, werde wohl kaum zu ermitteln sein. Er habe Heusken unaufhörlich beschworen, Abends nicht auszureiten, da es unter den ausgestossenen Samraï in Yeddo jederzeit Banditen gebe, die aus blossem Blutdurst mordeten und sich jede Blutthat zum Ruhme rechneten; auch wenn die Behörden der Thäter nicht hab- haft würden, könne er daraus keinen Schluss auf ihre Mitwissenschaft oder stillschweigende Billigung des Verbrechens ziehen. Herr Harris blieb in diesen Aussprüchen nur seinen alten Ueberzeugungen treu, mit denen er seit lange im Widerspruch zu den Ansichten der übrigen Diplomaten stand. Diese folgerten aus der Thatsache, dass keine der zahlreichen Mordthaten jemals bestraft worden war, eine Mit- schuld oder Connivenz der Regierung, während Herr Harris, fest überzeugt von deren Ehrenhaftigkeit und gutem Willen die Verträge zu halten, den Grund dieser Straflosigkeit in den Verhältnissen des Landes und in der politischen Stellung suchte, in welche die Ver- träge die Regierung gedrängt hätten. — Er setzte eine Belohnung

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/172>, abgerufen am 24.11.2024.