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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Verfall von Miako. Allgemeiner Krieg der Grossen.

Um 1508 finden wir den Siogun Yosi-tada in Miako wieder
anerkannt. Einer der reichsten Fürsten, Oho-utsi-no-Yosi-oki49)
wird, obgleich zu keiner der berechtigten Familien gehörend, zum
Kuanrei ernannt -- so heissen jetzt die ersten Minister der
Siogun's -- und unterhält aus eigenen Mitteln eine Zeit lang die
Höfe des Mikado und des Siogun, bittet aber endlich, um nicht
ganz zu verarmen, auch um seine Entlassung und zieht sich in
sein Fürstenthum Suwo zurück. Von der Zeit an, heisst es in den
Annalen, verarmte Miako immer mehr, da die Freunde und Anhänger
des Yosi-oki ihm folgten, andere sich nach anderen Landestheilen
zu den Lehnsfürsten zurückzogen. Alle Feierlichkeiten und die
üblichen Ceremonieen unterblieben wieder aus Mangel an Geld,
mehrere Mikado's mussten ihren Regierungsantritt so lange hinaus-
schieben, bis ein mitleidiger Fürst die Installationsfeierlichkeiten
bezahlte. Die meisten Beamten, heisst es unter dem Jahre 1545,
zogen sich, des Aufenthaltes in Miako unter den fortwährenden
Kriegsunruhen überdrüssig, in die Provinzen zurück; und weiter,
dass selbst die höchsten Hofbeamten eine Zuflucht bei den Grossen
suchten, und dass die Zurückbleibenden die Bürger unablässig um
Speise und Trank angingen, um nur ihr Leben zu fristen. Die
Priester der Umgegend von Miako wurden in dieser wüsten Zeit
immer zügelloser: im Jahre 1536 steckten die Mönche des Berges
Yei-san die Hauptstadt an allen Ecken in Brand.

Die Siogun's führen ein abentheuerliches Leben: bald finden
wir sie in Miako, bald müssen sie fliehen, werden verabschiedet
und wieder eingesetzt, einige auch ermordet. Sie sind, wie die
Erbkaiser, ein Spielball der mächtigen Grossen, welche um die
Herrschaft streiten. Die Geschichte dieser Zeit ist gestaltlos: es
sind nicht mehr bestimmte Partheien, die miteinander kämpfen,
sondern Jeder sucht nur für sich selbst jeden möglichen Vortheil

49) Dieser Fürst scheint seinen Reichthum vorzüglich dem Handel mit China ver-
dankt zu haben. Seit 1397 war mit dem Posten Oho-utsi-no-suke die Leitung
des auswärtigen Handels verbunden; die Fürsten von Suwo, in deren Familie diese
Würde erblich war, hatten jene Hälfte des chinesischen Siegels in Verwahrung, das
zur Ausstellung der Pässe für die Chinafahrer diente. Nach ihrer Anordnung wurden
die Fahrzeuge in Suwo gebaut und unter die Oberleitung buddistischer Priester
gestellt, welche vorzüglich für das Rechnungswesen zu sorgen hatten. Als 1551
jene Siegelhälfte verloren ging, erlitt der Handel mit China eine Unterbrechung. --
Die Nachkommen des Yosi-oki bezahlten noch wiederholt die Installationsfeierlich-
keiten der Mikado's.
Verfall von Miako. Allgemeiner Krieg der Grossen.

Um 1508 finden wir den Siogun Yosi-tada in Miako wieder
anerkannt. Einer der reichsten Fürsten, Oho-utsi-no-Yosi-oki49)
wird, obgleich zu keiner der berechtigten Familien gehörend, zum
Kuanreï ernannt — so heissen jetzt die ersten Minister der
Siogun’s — und unterhält aus eigenen Mitteln eine Zeit lang die
Höfe des Mikado und des Siogun, bittet aber endlich, um nicht
ganz zu verarmen, auch um seine Entlassung und zieht sich in
sein Fürstenthum Suwo zurück. Von der Zeit an, heisst es in den
Annalen, verarmte Miako immer mehr, da die Freunde und Anhänger
des Yosi-oki ihm folgten, andere sich nach anderen Landestheilen
zu den Lehnsfürsten zurückzogen. Alle Feierlichkeiten und die
üblichen Ceremonieen unterblieben wieder aus Mangel an Geld,
mehrere Mikado’s mussten ihren Regierungsantritt so lange hinaus-
schieben, bis ein mitleidiger Fürst die Installationsfeierlichkeiten
bezahlte. Die meisten Beamten, heisst es unter dem Jahre 1545,
zogen sich, des Aufenthaltes in Miako unter den fortwährenden
Kriegsunruhen überdrüssig, in die Provinzen zurück; und weiter,
dass selbst die höchsten Hofbeamten eine Zuflucht bei den Grossen
suchten, und dass die Zurückbleibenden die Bürger unablässig um
Speise und Trank angingen, um nur ihr Leben zu fristen. Die
Priester der Umgegend von Miako wurden in dieser wüsten Zeit
immer zügelloser: im Jahre 1536 steckten die Mönche des Berges
Yeï-san die Hauptstadt an allen Ecken in Brand.

Die Siogun’s führen ein abentheuerliches Leben: bald finden
wir sie in Miako, bald müssen sie fliehen, werden verabschiedet
und wieder eingesetzt, einige auch ermordet. Sie sind, wie die
Erbkaiser, ein Spielball der mächtigen Grossen, welche um die
Herrschaft streiten. Die Geschichte dieser Zeit ist gestaltlos: es
sind nicht mehr bestimmte Partheien, die miteinander kämpfen,
sondern Jeder sucht nur für sich selbst jeden möglichen Vortheil

49) Dieser Fürst scheint seinen Reichthum vorzüglich dem Handel mit China ver-
dankt zu haben. Seit 1397 war mit dem Posten Oho-utsi-no-suke die Leitung
des auswärtigen Handels verbunden; die Fürsten von Suwo, in deren Familie diese
Würde erblich war, hatten jene Hälfte des chinesischen Siegels in Verwahrung, das
zur Ausstellung der Pässe für die Chinafahrer diente. Nach ihrer Anordnung wurden
die Fahrzeuge in Suwo gebaut und unter die Oberleitung buddistischer Priester
gestellt, welche vorzüglich für das Rechnungswesen zu sorgen hatten. Als 1551
jene Siegelhälfte verloren ging, erlitt der Handel mit China eine Unterbrechung. —
Die Nachkommen des Yosi-oki bezahlten noch wiederholt die Installationsfeierlich-
keiten der Mikado’s.
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[45/0075] Verfall von Miako. Allgemeiner Krieg der Grossen. Um 1508 finden wir den Siogun Yosi-tada in Miako wieder anerkannt. Einer der reichsten Fürsten, Oho-utsi-no-Yosi-oki 49) wird, obgleich zu keiner der berechtigten Familien gehörend, zum Kuanreï ernannt — so heissen jetzt die ersten Minister der Siogun’s — und unterhält aus eigenen Mitteln eine Zeit lang die Höfe des Mikado und des Siogun, bittet aber endlich, um nicht ganz zu verarmen, auch um seine Entlassung und zieht sich in sein Fürstenthum Suwo zurück. Von der Zeit an, heisst es in den Annalen, verarmte Miako immer mehr, da die Freunde und Anhänger des Yosi-oki ihm folgten, andere sich nach anderen Landestheilen zu den Lehnsfürsten zurückzogen. Alle Feierlichkeiten und die üblichen Ceremonieen unterblieben wieder aus Mangel an Geld, mehrere Mikado’s mussten ihren Regierungsantritt so lange hinaus- schieben, bis ein mitleidiger Fürst die Installationsfeierlichkeiten bezahlte. Die meisten Beamten, heisst es unter dem Jahre 1545, zogen sich, des Aufenthaltes in Miako unter den fortwährenden Kriegsunruhen überdrüssig, in die Provinzen zurück; und weiter, dass selbst die höchsten Hofbeamten eine Zuflucht bei den Grossen suchten, und dass die Zurückbleibenden die Bürger unablässig um Speise und Trank angingen, um nur ihr Leben zu fristen. Die Priester der Umgegend von Miako wurden in dieser wüsten Zeit immer zügelloser: im Jahre 1536 steckten die Mönche des Berges Yeï-san die Hauptstadt an allen Ecken in Brand. Die Siogun’s führen ein abentheuerliches Leben: bald finden wir sie in Miako, bald müssen sie fliehen, werden verabschiedet und wieder eingesetzt, einige auch ermordet. Sie sind, wie die Erbkaiser, ein Spielball der mächtigen Grossen, welche um die Herrschaft streiten. Die Geschichte dieser Zeit ist gestaltlos: es sind nicht mehr bestimmte Partheien, die miteinander kämpfen, sondern Jeder sucht nur für sich selbst jeden möglichen Vortheil 49) Dieser Fürst scheint seinen Reichthum vorzüglich dem Handel mit China ver- dankt zu haben. Seit 1397 war mit dem Posten Oho-utsi-no-suke die Leitung des auswärtigen Handels verbunden; die Fürsten von Suwo, in deren Familie diese Würde erblich war, hatten jene Hälfte des chinesischen Siegels in Verwahrung, das zur Ausstellung der Pässe für die Chinafahrer diente. Nach ihrer Anordnung wurden die Fahrzeuge in Suwo gebaut und unter die Oberleitung buddistischer Priester gestellt, welche vorzüglich für das Rechnungswesen zu sorgen hatten. Als 1551 jene Siegelhälfte verloren ging, erlitt der Handel mit China eine Unterbrechung. — Die Nachkommen des Yosi-oki bezahlten noch wiederholt die Installationsfeierlich- keiten der Mikado’s.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/75>, abgerufen am 23.11.2024.