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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Verfall der Siogun-Herrschaft in Miako.
südlich und östlich vom Meere umflossen, gegen Westen und Miako
von hohen Gebirgen begrenzt, seit lange der Sitz der kriegerischen
Minamoto war, finden wir schon seit 1350 wieder einen Siogun
von Kamakura, dessen Haus durch vier Generationen herrschte und
zu den Siogun's von Miako, den Nachkommen des Taka-udsi, nur
in einem losen Vasallenverhältniss gestanden zu haben scheint.
Minamoto-no-Motsi-usi, der vierte Siogun dieses Hauses, wollte
die Oberherrlichkeit des Hofes von Miako ganz abschütteln, wurde
aber bezwungen und musste sich 1439 mit seinen Anhängern entleiben.1439.
Aber so gross war die Anhänglichkeit an dieses Fürstenhaus, dass
vierzehn Jahre später, als ein überlebender Sohn des Motsi-usi in das
Mündigkeitsalter trat, die Bewohner des Kuanto seine Ernennung
zum Siogun von Kamakura verlangten und man ihnen willfahren
musste, um die Ruhe im östlichen Nippon zu erhalten. -- In einem
ähnlichen Vasallenverhältniss wie die Siogun's von Kamakura mögen
die übrigen Lehnsfürsten zur Regierung von Miako gestanden haben.
Die volle Herrschermacht übten die Siogun's um diese Zeit schon
wahrscheinlich nur über die Miako zunächst gelegenen Landschaften,
aus deren Ertrage seit uralter Zeit die Kosten der kaiserlichen
Hofhaltung bestritten wurden.

Das Ansehn der Erbkaiser sank immer mehr, aber auch die
Selbstständigkeit der Siogun's gerieth seit 1440 in schnellen Verfall.
Um nicht wie die Nachkommen des Yori-tomo die Opfer eines
mächtigen Ministergeschlechtes zu werden, hatten die Herrscher aus
dem Hause des Taka-udsi die Würde des Sitsken oder Kuanrei
an drei Familien erblich übertragen, aus denen sie abwechselnd
gewählt wurden. Diese, die vornehmsten Geschlechter des Landes,
stiegen rasch zu bedeutender Macht und suchten einander zu über-
flügeln. Im Jahre 1439 ermordete der Minister Akamats-Mitsu-suke
den Siogun Yosi-nori, der sich durch Willkühr und Grausamkeit
verhasst gemacht hatte. Er wurde von seinen Nebenbuhlern besiegt
und entleibte sich mit seinem ganzen Anhange. Darauf begannen
zunächst die Fehden zwischen den beiden andern Ministerhäusern
Foso-kawa und Fatake-yama, aus denen sich ein allgemeiner Krieg
der Grossen untereinander entwickelte. Die blutigen Fehden setzten
sich durch mehrere Generationen fort und dauerten mit kurzen
Unterbrechungen bis über die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts
hinaus. Das Ansehn der Centralgewalt war gänzlich geschwunden, die
Grossen herrschten in ihren Districten mit schrankenloser Willkühr,

Verfall der Siogun-Herrschaft in Miako.
südlich und östlich vom Meere umflossen, gegen Westen und Miako
von hohen Gebirgen begrenzt, seit lange der Sitz der kriegerischen
Minamoto war, finden wir schon seit 1350 wieder einen Siogun
von Kamakura, dessen Haus durch vier Generationen herrschte und
zu den Siogun’s von Miako, den Nachkommen des Taka-udsi, nur
in einem losen Vasallenverhältniss gestanden zu haben scheint.
Minamoto-no-Motsi-usi, der vierte Siogun dieses Hauses, wollte
die Oberherrlichkeit des Hofes von Miako ganz abschütteln, wurde
aber bezwungen und musste sich 1439 mit seinen Anhängern entleiben.1439.
Aber so gross war die Anhänglichkeit an dieses Fürstenhaus, dass
vierzehn Jahre später, als ein überlebender Sohn des Motsi-usi in das
Mündigkeitsalter trat, die Bewohner des Kuanto seine Ernennung
zum Siogun von Kamakura verlangten und man ihnen willfahren
musste, um die Ruhe im östlichen Nippon zu erhalten. — In einem
ähnlichen Vasallenverhältniss wie die Siogun’s von Kamakura mögen
die übrigen Lehnsfürsten zur Regierung von Miako gestanden haben.
Die volle Herrschermacht übten die Siogun’s um diese Zeit schon
wahrscheinlich nur über die Miako zunächst gelegenen Landschaften,
aus deren Ertrage seit uralter Zeit die Kosten der kaiserlichen
Hofhaltung bestritten wurden.

Das Ansehn der Erbkaiser sank immer mehr, aber auch die
Selbstständigkeit der Siogun’s gerieth seit 1440 in schnellen Verfall.
Um nicht wie die Nachkommen des Yori-tomo die Opfer eines
mächtigen Ministergeschlechtes zu werden, hatten die Herrscher aus
dem Hause des Taka-udsi die Würde des Sitsken oder Kuanreï
an drei Familien erblich übertragen, aus denen sie abwechselnd
gewählt wurden. Diese, die vornehmsten Geschlechter des Landes,
stiegen rasch zu bedeutender Macht und suchten einander zu über-
flügeln. Im Jahre 1439 ermordete der Minister Akamats-Mitsu-suke
den Siogun Yosi-nori, der sich durch Willkühr und Grausamkeit
verhasst gemacht hatte. Er wurde von seinen Nebenbuhlern besiegt
und entleibte sich mit seinem ganzen Anhange. Darauf begannen
zunächst die Fehden zwischen den beiden andern Ministerhäusern
Foso-kawa und Fatake-yama, aus denen sich ein allgemeiner Krieg
der Grossen untereinander entwickelte. Die blutigen Fehden setzten
sich durch mehrere Generationen fort und dauerten mit kurzen
Unterbrechungen bis über die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts
hinaus. Das Ansehn der Centralgewalt war gänzlich geschwunden, die
Grossen herrschten in ihren Districten mit schrankenloser Willkühr,

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[43/0073] Verfall der Siogun-Herrschaft in Miako. südlich und östlich vom Meere umflossen, gegen Westen und Miako von hohen Gebirgen begrenzt, seit lange der Sitz der kriegerischen Minamoto war, finden wir schon seit 1350 wieder einen Siogun von Kamakura, dessen Haus durch vier Generationen herrschte und zu den Siogun’s von Miako, den Nachkommen des Taka-udsi, nur in einem losen Vasallenverhältniss gestanden zu haben scheint. Minamoto-no-Motsi-usi, der vierte Siogun dieses Hauses, wollte die Oberherrlichkeit des Hofes von Miako ganz abschütteln, wurde aber bezwungen und musste sich 1439 mit seinen Anhängern entleiben. Aber so gross war die Anhänglichkeit an dieses Fürstenhaus, dass vierzehn Jahre später, als ein überlebender Sohn des Motsi-usi in das Mündigkeitsalter trat, die Bewohner des Kuanto seine Ernennung zum Siogun von Kamakura verlangten und man ihnen willfahren musste, um die Ruhe im östlichen Nippon zu erhalten. — In einem ähnlichen Vasallenverhältniss wie die Siogun’s von Kamakura mögen die übrigen Lehnsfürsten zur Regierung von Miako gestanden haben. Die volle Herrschermacht übten die Siogun’s um diese Zeit schon wahrscheinlich nur über die Miako zunächst gelegenen Landschaften, aus deren Ertrage seit uralter Zeit die Kosten der kaiserlichen Hofhaltung bestritten wurden. 1439. Das Ansehn der Erbkaiser sank immer mehr, aber auch die Selbstständigkeit der Siogun’s gerieth seit 1440 in schnellen Verfall. Um nicht wie die Nachkommen des Yori-tomo die Opfer eines mächtigen Ministergeschlechtes zu werden, hatten die Herrscher aus dem Hause des Taka-udsi die Würde des Sitsken oder Kuanreï an drei Familien erblich übertragen, aus denen sie abwechselnd gewählt wurden. Diese, die vornehmsten Geschlechter des Landes, stiegen rasch zu bedeutender Macht und suchten einander zu über- flügeln. Im Jahre 1439 ermordete der Minister Akamats-Mitsu-suke den Siogun Yosi-nori, der sich durch Willkühr und Grausamkeit verhasst gemacht hatte. Er wurde von seinen Nebenbuhlern besiegt und entleibte sich mit seinem ganzen Anhange. Darauf begannen zunächst die Fehden zwischen den beiden andern Ministerhäusern Foso-kawa und Fatake-yama, aus denen sich ein allgemeiner Krieg der Grossen untereinander entwickelte. Die blutigen Fehden setzten sich durch mehrere Generationen fort und dauerten mit kurzen Unterbrechungen bis über die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts hinaus. Das Ansehn der Centralgewalt war gänzlich geschwunden, die Grossen herrschten in ihren Districten mit schrankenloser Willkühr,

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/73>, abgerufen am 27.11.2024.