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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Die Minamoto und die Taira.
Fürsten Taira-no-Masa-mori gegen die Minamoto: dies war die erste
feindliche Begegnung der Familien Minamoto und Taira (Gensi und
Feike) deren erbitterte Kriege bald darauf eine Umgestaltung aller
Verhältnisse herbeiführen sollten. Zwei Heerführer aus diesen Ge-
schlechtern, Minamoto-no-Yosi-tomo Fürst von Simotske und
Taira-no-Kiyo-mori gewannen dem Mikado Go-Dsiro-kawa den
Sieg über seinen Halbbruder Siutok und wurden die einflussreichsten
Männer im Staat. Ihre und ihrer Nachkommen Kämpfe um die Herr-
schaft bilden die Geschichte der nächsten fünfundzwanzig Jahre.



Auf das Zeitalter der Romantik, in welchem sich die japanische
Gesittung, die Begriffe von Liebe, Ehre, Freundschaft und Loyalität
in sehr eigenthümlicher Weise entwickelten, folgen zunächst blutige
Fehden, welche das ganze Land erschüttern und die Nation zum
vollen Bewusstsein ihrer Kraft bringen. Dann kommen die Jahre
der männlichen Reife, in welchen unter einem gemässigten und kräf-
tigen Regiment -- denn so kann man die Herrschaft der Siogun's
und der Sitsken von Kamakura und die der Siogun's von Miako
während des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts wohl nennen
-- der Wohlstand und die Cultur des Landes wuchsen, Handel und
Gewerbe blühten, und das bürgerliche Leben einen hohen Grad der
Ausbildung erreichte. Unter den herrschenden Classen zeigen sich
namentlich im Anfang dieser Periode die Extreme von Tugend und
Laster, zu denen gesteigerte Hingebung und Selbstsucht, Loyalität
und Ehrgeiz zu führen pflegen. Das Ansehn der Mikado's sinkt
immer tiefer; um die verlorene Macht wieder zu erlangen verbünden
sie sich bald dieser, bald jener Parthei unter den Grossen und müssen
deren ehrgeizigen Zwecken dienen, denn ihre Autorität ist Jedem
nothwendig, der sich die Herrschaft über das Reich gewinnen will.

Go-Dsiro-kawa, der gegen Siutok siegreiche Mikado, abdicirte
nach dem Beispiel seiner Vorgänger schon nach zweijähriger Re-
1158.gierung (1158) um die Leitung des Staates zu übernehmen; bald
darauf kam die Feindschaft zwischen den Minamoto und Taira zum
Ausbruch. Jene unterliegen: von den Söhnen des Yosi-tomo ent-
geht nur der jüngste Yori-tomo dem Tode. Taira-no-Kiyo-mori
wird allmächtig: der ränkesüchtige Go-Dsiro-kawa bedient sich seiner
zunächst, um den eigenen Enkel zu entthronen und seinen Sohn
Taka-kura zum Mikado zu erheben, conspirirt dann aber mit einigen

Die Minamoto und die Taïra.
Fürsten Taïra-no-Masa-mori gegen die Minamoto: dies war die erste
feindliche Begegnung der Familien Minamoto und Taïra (Gensi und
Feïke) deren erbitterte Kriege bald darauf eine Umgestaltung aller
Verhältnisse herbeiführen sollten. Zwei Heerführer aus diesen Ge-
schlechtern, Minamoto-no-Yosi-tomo Fürst von Simotske und
Taïra-no-Kiyo-mori gewannen dem Mikado Go-Dsiro-kawa den
Sieg über seinen Halbbruder Siutok und wurden die einflussreichsten
Männer im Staat. Ihre und ihrer Nachkommen Kämpfe um die Herr-
schaft bilden die Geschichte der nächsten fünfundzwanzig Jahre.



Auf das Zeitalter der Romantik, in welchem sich die japanische
Gesittung, die Begriffe von Liebe, Ehre, Freundschaft und Loyalität
in sehr eigenthümlicher Weise entwickelten, folgen zunächst blutige
Fehden, welche das ganze Land erschüttern und die Nation zum
vollen Bewusstsein ihrer Kraft bringen. Dann kommen die Jahre
der männlichen Reife, in welchen unter einem gemässigten und kräf-
tigen Regiment — denn so kann man die Herrschaft der Siogun’s
und der Sitsken von Kamakura und die der Siogun’s von Miako
während des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts wohl nennen
— der Wohlstand und die Cultur des Landes wuchsen, Handel und
Gewerbe blühten, und das bürgerliche Leben einen hohen Grad der
Ausbildung erreichte. Unter den herrschenden Classen zeigen sich
namentlich im Anfang dieser Periode die Extreme von Tugend und
Laster, zu denen gesteigerte Hingebung und Selbstsucht, Loyalität
und Ehrgeiz zu führen pflegen. Das Ansehn der Mikado’s sinkt
immer tiefer; um die verlorene Macht wieder zu erlangen verbünden
sie sich bald dieser, bald jener Parthei unter den Grossen und müssen
deren ehrgeizigen Zwecken dienen, denn ihre Autorität ist Jedem
nothwendig, der sich die Herrschaft über das Reich gewinnen will.

Go-Dsiro-kawa, der gegen Siutok siegreiche Mikado, abdicirte
nach dem Beispiel seiner Vorgänger schon nach zweijähriger Re-
1158.gierung (1158) um die Leitung des Staates zu übernehmen; bald
darauf kam die Feindschaft zwischen den Minamoto und Taïra zum
Ausbruch. Jene unterliegen: von den Söhnen des Yosi-tomo ent-
geht nur der jüngste Yori-tomo dem Tode. Taïra-no-Kiyo-mori
wird allmächtig: der ränkesüchtige Go-Dsiro-kawa bedient sich seiner
zunächst, um den eigenen Enkel zu entthronen und seinen Sohn
Taka-kura zum Mikado zu erheben, conspirirt dann aber mit einigen

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[34/0064] Die Minamoto und die Taïra. Fürsten Taïra-no-Masa-mori gegen die Minamoto: dies war die erste feindliche Begegnung der Familien Minamoto und Taïra (Gensi und Feïke) deren erbitterte Kriege bald darauf eine Umgestaltung aller Verhältnisse herbeiführen sollten. Zwei Heerführer aus diesen Ge- schlechtern, Minamoto-no-Yosi-tomo Fürst von Simotske und Taïra-no-Kiyo-mori gewannen dem Mikado Go-Dsiro-kawa den Sieg über seinen Halbbruder Siutok und wurden die einflussreichsten Männer im Staat. Ihre und ihrer Nachkommen Kämpfe um die Herr- schaft bilden die Geschichte der nächsten fünfundzwanzig Jahre. Auf das Zeitalter der Romantik, in welchem sich die japanische Gesittung, die Begriffe von Liebe, Ehre, Freundschaft und Loyalität in sehr eigenthümlicher Weise entwickelten, folgen zunächst blutige Fehden, welche das ganze Land erschüttern und die Nation zum vollen Bewusstsein ihrer Kraft bringen. Dann kommen die Jahre der männlichen Reife, in welchen unter einem gemässigten und kräf- tigen Regiment — denn so kann man die Herrschaft der Siogun’s und der Sitsken von Kamakura und die der Siogun’s von Miako während des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts wohl nennen — der Wohlstand und die Cultur des Landes wuchsen, Handel und Gewerbe blühten, und das bürgerliche Leben einen hohen Grad der Ausbildung erreichte. Unter den herrschenden Classen zeigen sich namentlich im Anfang dieser Periode die Extreme von Tugend und Laster, zu denen gesteigerte Hingebung und Selbstsucht, Loyalität und Ehrgeiz zu führen pflegen. Das Ansehn der Mikado’s sinkt immer tiefer; um die verlorene Macht wieder zu erlangen verbünden sie sich bald dieser, bald jener Parthei unter den Grossen und müssen deren ehrgeizigen Zwecken dienen, denn ihre Autorität ist Jedem nothwendig, der sich die Herrschaft über das Reich gewinnen will. Go-Dsiro-kawa, der gegen Siutok siegreiche Mikado, abdicirte nach dem Beispiel seiner Vorgänger schon nach zweijähriger Re- gierung (1158) um die Leitung des Staates zu übernehmen; bald darauf kam die Feindschaft zwischen den Minamoto und Taïra zum Ausbruch. Jene unterliegen: von den Söhnen des Yosi-tomo ent- geht nur der jüngste Yori-tomo dem Tode. Taïra-no-Kiyo-mori wird allmächtig: der ränkesüchtige Go-Dsiro-kawa bedient sich seiner zunächst, um den eigenen Enkel zu entthronen und seinen Sohn Taka-kura zum Mikado zu erheben, conspirirt dann aber mit einigen 1158.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/64>, abgerufen am 23.11.2024.