[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Ueberlieferung. Sprache. worden, dass alle Einwanderer, die als Stammväter des japanischenKaiserhauses genannt werden, nach der Zeit des Dsin-Mu in das Land gekommen sind 8). Mehrerer dieser Einwanderungen erwähnen die japanischen Kaiserannalen, die älteste fällt in das Jahr 219 v. Chr. 9). Aufgeklärte japanische Schriftsteller nehmen an, dass ihr Vaterland ursprünglich von denselben Aino's (japanisch Yebi's) bewohnt gewesen sei, welche jetzt noch im halbwilden Zustande die Bevölkerung von Yeso und den Kurilen bilden, dass die heutigen Japaner ein durch lange Cultur veredelter Zweig dieses Stammes sind, dass Dsin-Mu, ein begabter Häuptling im Süden des Reiches, zuerst eine politische Ordnung bei seinem Stamme eingeführt und sich die wild und gesetzlos lebenden Nachbarstämme unterworfen habe. Er wählte die Landschaft Yamatto im mittelen Theile von Nippon zum Sitze seiner Herrschaft; von da verbreiteten sich staatliche Einheit, Bildung und milde Sitten allmälich über das ganze Land. Wie langsam die neue Ordnung Platz griff, beweisen die fortwährenden Kriege gegen wilde und aufrührerische Stämme im Norden und Westen des Reiches, von denen die japanischen Annalen noch bis in das achte Jahrhundert n. Chr. berichten. Das wichtigste Zeugniss für die Ursprünglichkeit der Bevöl- 8) S. Klaproth. Einleitung zu dem Werke Nippon-o-dai-itsi-ran. Annales des Empereurs du Japon. trad. p. M. d. Titsingh. Paris 1834. Veröffentlicht auf Kosten der Oriental fund society. 9) S. Nippon-o-dai-itsi-ran unter der Regierung des siebenten Mikado Korei.
Die chinesischen Annalen erwähnen dieser Einwanderung: Fern im östlichen Meere liegen von Stürmen umbraust drei unnahbare Geisterberge, wo die Genien in goldenen und silbernen Palästen hausen. Dahin sandte der Tyrann Tsi-huang seinen Arzt Sin-fu (jap. Sio-fuk), um den Trank der Unsterblichkeit zu holen. Mit Sin-fu werden einige tausend Jünglinge und Jungfrauen eingeschifft, aber das Meer ver- schlingt die Flotte mit der ganzen Bemannung. -- Die japanische Version lässt den Sin-fu die Küste von Nippon erreichen, er stirbt am Fusi-yama, wo ihm ein Tempel erbaut wird. -- Nach Professor Hoffmanns Ansicht ist die japanische Dar- stellung eine Erfindung späterer buddistischer Zeiten. Dass aber die Sage einen historischen Kern hat, wird dadurch wahrscheinlich, dass in Kumano in der Landschaft Kii auf Nippon noch jetzt chinesische Münzen aus der Zeit des Kaisers Tsi-huang ausgegraben werden. Die preussische Expedition hat ein altes japanisches Manuscript mitgebracht, welches die Sage von der Meerfahrt des Sin-fu in poetisch-mythologischer Form zu behandeln scheint und mit zahlreichen Bildern geschmückt ist. Ueberlieferung. Sprache. worden, dass alle Einwanderer, die als Stammväter des japanischenKaiserhauses genannt werden, nach der Zeit des Dsin-Mu in das Land gekommen sind 8). Mehrerer dieser Einwanderungen erwähnen die japanischen Kaiserannalen, die älteste fällt in das Jahr 219 v. Chr. 9). Aufgeklärte japanische Schriftsteller nehmen an, dass ihr Vaterland ursprünglich von denselben Aïno’s (japanisch Yebi’s) bewohnt gewesen sei, welche jetzt noch im halbwilden Zustande die Bevölkerung von Yeso und den Kurilen bilden, dass die heutigen Japaner ein durch lange Cultur veredelter Zweig dieses Stammes sind, dass Dsin-Mu, ein begabter Häuptling im Süden des Reiches, zuerst eine politische Ordnung bei seinem Stamme eingeführt und sich die wild und gesetzlos lebenden Nachbarstämme unterworfen habe. Er wählte die Landschaft Yamatto im mittelen Theile von Nippon zum Sitze seiner Herrschaft; von da verbreiteten sich staatliche Einheit, Bildung und milde Sitten allmälich über das ganze Land. Wie langsam die neue Ordnung Platz griff, beweisen die fortwährenden Kriege gegen wilde und aufrührerische Stämme im Norden und Westen des Reiches, von denen die japanischen Annalen noch bis in das achte Jahrhundert n. Chr. berichten. Das wichtigste Zeugniss für die Ursprünglichkeit der Bevöl- 8) S. Klaproth. Einleitung zu dem Werke Nippon-o-dai-itsi-ran. Annales des Empereurs du Japon. trad. p. M. d. Titsingh. Paris 1834. Veröffentlicht auf Kosten der Oriental fund society. 9) S. Nippon-o-dai-itsi-ran unter der Regierung des siebenten Mikado Korei.
Die chinesischen Annalen erwähnen dieser Einwanderung: Fern im östlichen Meere liegen von Stürmen umbraust drei unnahbare Geisterberge, wo die Genien in goldenen und silbernen Palästen hausen. Dahin sandte der Tyrann Tši-huang seinen Arzt Sin-fu (jap. Sio-fuk), um den Trank der Unsterblichkeit zu holen. Mit Sin-fu werden einige tausend Jünglinge und Jungfrauen eingeschifft, aber das Meer ver- schlingt die Flotte mit der ganzen Bemannung. — Die japanische Version lässt den Sin-fu die Küste von Nippon erreichen, er stirbt am Fusi-yama, wo ihm ein Tempel erbaut wird. — Nach Professor Hoffmanns Ansicht ist die japanische Dar- stellung eine Erfindung späterer buddistischer Zeiten. Dass aber die Sage einen historischen Kern hat, wird dadurch wahrscheinlich, dass in Kumano in der Landschaft Kii auf Nippon noch jetzt chinesische Münzen aus der Zeit des Kaisers Tši-huang ausgegraben werden. Die preussische Expedition hat ein altes japanisches Manuscript mitgebracht, welches die Sage von der Meerfahrt des Sin-fu in poetisch-mythologischer Form zu behandeln scheint und mit zahlreichen Bildern geschmückt ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0042" n="12"/><fw place="top" type="header">Ueberlieferung. Sprache.</fw><lb/> worden, dass alle Einwanderer, die als Stammväter des japanischen<lb/> Kaiserhauses genannt werden, nach der Zeit des <hi rendition="#k"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/1018150390">Dsin-Mu</persName></hi> in das<lb/> Land gekommen sind <note place="foot" n="8)">S. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/10082451X">Klaproth</persName>. Einleitung zu dem Werke <hi rendition="#k">Nippon-o-dai-itsi-ran</hi>. Annales des<lb/> Empereurs du <placeName>Japon</placeName>. trad. p. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118977458">M. d. Titsingh</persName>. <placeName>Paris</placeName> 1834. Veröffentlicht auf Kosten<lb/> der Oriental fund society.</note>. Mehrerer dieser Einwanderungen erwähnen<lb/> die japanischen Kaiserannalen, die älteste fällt in das Jahr 219 v. Chr. <note place="foot" n="9)">S. <hi rendition="#k">Nippon-o-dai-itsi-ran</hi> unter der Regierung des siebenten <hi rendition="#k">Mikado Korei</hi>.<lb/> Die chinesischen Annalen erwähnen dieser Einwanderung: Fern im östlichen Meere<lb/> liegen von Stürmen umbraust drei unnahbare Geisterberge, wo die Genien in goldenen<lb/> und silbernen Palästen hausen. Dahin sandte der Tyrann <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Tši-huang</persName></hi> seinen Arzt<lb/><hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Sin-fu</persName></hi> (jap. <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Sio-fuk</persName></hi>), um den Trank der Unsterblichkeit zu holen. Mit <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Sin-fu</persName></hi><lb/> werden einige tausend Jünglinge und Jungfrauen eingeschifft, aber das Meer ver-<lb/> schlingt die Flotte mit der ganzen Bemannung. — Die japanische Version lässt den<lb/><hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Sin-fu</persName></hi> die Küste von <hi rendition="#k"><placeName>Nippon</placeName></hi> erreichen, er stirbt am <hi rendition="#k"><placeName>Fusi-yama</placeName></hi>, wo ihm ein<lb/> Tempel erbaut wird. — Nach Professor <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118994298">Hoffmanns</persName> Ansicht ist die japanische Dar-<lb/> stellung eine Erfindung späterer buddistischer Zeiten. Dass aber die Sage einen<lb/> historischen Kern hat, wird dadurch wahrscheinlich, dass in <hi rendition="#k"><placeName>Kumano</placeName></hi> in der Landschaft<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Kii</placeName></hi> auf <hi rendition="#k"><placeName>Nippon</placeName></hi> noch jetzt chinesische Münzen aus der Zeit des Kaisers <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Tši-huang</persName></hi><lb/> ausgegraben werden.<lb/> Die preussische Expedition hat ein altes japanisches Manuscript mitgebracht,<lb/> welches die Sage von der Meerfahrt des <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Sin-fu</persName></hi> in poetisch-mythologischer Form<lb/> zu behandeln scheint und mit zahlreichen Bildern geschmückt ist.</note>.<lb/> Aufgeklärte japanische Schriftsteller nehmen an, dass ihr Vaterland<lb/> ursprünglich von denselben <hi rendition="#k">Aïno</hi>’s (japanisch <hi rendition="#k">Yebi</hi>’s) bewohnt gewesen<lb/> sei, welche jetzt noch im halbwilden Zustande die Bevölkerung von<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Yeso</placeName></hi> und den <hi rendition="#k"><placeName>Kurilen</placeName></hi> bilden, dass die heutigen Japaner ein durch<lb/> lange Cultur veredelter Zweig dieses Stammes sind, dass <hi rendition="#k"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/1018150390">Dsin-Mu</persName></hi>,<lb/> ein begabter Häuptling im Süden des Reiches, zuerst eine politische<lb/> Ordnung bei seinem Stamme eingeführt und sich die wild und<lb/> gesetzlos lebenden Nachbarstämme unterworfen habe. Er wählte die<lb/> Landschaft <hi rendition="#k"><placeName>Yamatto</placeName></hi> im mittelen Theile von <hi rendition="#k"><placeName>Nippon</placeName></hi> zum Sitze seiner<lb/> Herrschaft; von da verbreiteten sich staatliche Einheit, Bildung und<lb/> milde Sitten allmälich über das ganze Land. Wie langsam die<lb/> neue Ordnung Platz griff, beweisen die fortwährenden Kriege gegen<lb/> wilde und aufrührerische Stämme im Norden und Westen des<lb/> Reiches, von denen die japanischen Annalen noch bis in das achte<lb/> Jahrhundert n. Chr. berichten.</p><lb/> <p>Das wichtigste Zeugniss für die Ursprünglichkeit der Bevöl-<lb/> kerung ist ihre Sprache, welche sowohl von dem chinesischen als<lb/> allen anderen bekannten Idiomen grundverschieden ist und bis jetzt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0042]
Ueberlieferung. Sprache.
worden, dass alle Einwanderer, die als Stammväter des japanischen
Kaiserhauses genannt werden, nach der Zeit des Dsin-Mu in das
Land gekommen sind 8). Mehrerer dieser Einwanderungen erwähnen
die japanischen Kaiserannalen, die älteste fällt in das Jahr 219 v. Chr. 9).
Aufgeklärte japanische Schriftsteller nehmen an, dass ihr Vaterland
ursprünglich von denselben Aïno’s (japanisch Yebi’s) bewohnt gewesen
sei, welche jetzt noch im halbwilden Zustande die Bevölkerung von
Yeso und den Kurilen bilden, dass die heutigen Japaner ein durch
lange Cultur veredelter Zweig dieses Stammes sind, dass Dsin-Mu,
ein begabter Häuptling im Süden des Reiches, zuerst eine politische
Ordnung bei seinem Stamme eingeführt und sich die wild und
gesetzlos lebenden Nachbarstämme unterworfen habe. Er wählte die
Landschaft Yamatto im mittelen Theile von Nippon zum Sitze seiner
Herrschaft; von da verbreiteten sich staatliche Einheit, Bildung und
milde Sitten allmälich über das ganze Land. Wie langsam die
neue Ordnung Platz griff, beweisen die fortwährenden Kriege gegen
wilde und aufrührerische Stämme im Norden und Westen des
Reiches, von denen die japanischen Annalen noch bis in das achte
Jahrhundert n. Chr. berichten.
Das wichtigste Zeugniss für die Ursprünglichkeit der Bevöl-
kerung ist ihre Sprache, welche sowohl von dem chinesischen als
allen anderen bekannten Idiomen grundverschieden ist und bis jetzt
8) S. Klaproth. Einleitung zu dem Werke Nippon-o-dai-itsi-ran. Annales des
Empereurs du Japon. trad. p. M. d. Titsingh. Paris 1834. Veröffentlicht auf Kosten
der Oriental fund society.
9) S. Nippon-o-dai-itsi-ran unter der Regierung des siebenten Mikado Korei.
Die chinesischen Annalen erwähnen dieser Einwanderung: Fern im östlichen Meere
liegen von Stürmen umbraust drei unnahbare Geisterberge, wo die Genien in goldenen
und silbernen Palästen hausen. Dahin sandte der Tyrann Tši-huang seinen Arzt
Sin-fu (jap. Sio-fuk), um den Trank der Unsterblichkeit zu holen. Mit Sin-fu
werden einige tausend Jünglinge und Jungfrauen eingeschifft, aber das Meer ver-
schlingt die Flotte mit der ganzen Bemannung. — Die japanische Version lässt den
Sin-fu die Küste von Nippon erreichen, er stirbt am Fusi-yama, wo ihm ein
Tempel erbaut wird. — Nach Professor Hoffmanns Ansicht ist die japanische Dar-
stellung eine Erfindung späterer buddistischer Zeiten. Dass aber die Sage einen
historischen Kern hat, wird dadurch wahrscheinlich, dass in Kumano in der Landschaft
Kii auf Nippon noch jetzt chinesische Münzen aus der Zeit des Kaisers Tši-huang
ausgegraben werden.
Die preussische Expedition hat ein altes japanisches Manuscript mitgebracht,
welches die Sage von der Meerfahrt des Sin-fu in poetisch-mythologischer Form
zu behandeln scheint und mit zahlreichen Bildern geschmückt ist.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |