bei ihnen die Gelehrten (Bonzen). Das Alter riethen sie immer zu jung, -- die Japaner sehen im Verhältniss viel älter aus. Sakai war 43, Hori-Oribe 41, Moriyama nur 38 Jahre alt. Letzterer behaup- tete, die vielen "Sachen", Geschäfte hätten ihn so alt gemacht.
Am vierundzwanzigsten erschienen die Bunyo's wieder, um anzusagen, dass der Minister den Gesandten erst am 4. October empfangen könne. Im Laufe des Gespräches ersuchte sie Graf Eulen- burg, unseren Naturforschern den Umgang mit den japanischen Gelehrten zu ermöglichen, da beide Theile durch den Austausch ihrer Kenntnisse viel gewinnen könnten; sie lehnten das aber mit der bescheidenen Entschuldigung ab, dass ihre Naturkundigen durchaus nicht auf gleicher Stufe mit den europäischen ständen; in Yeddo gäbe es überhaupt nur Dilettanten, die Männer von Fach seien in den Provinzen bei den Bergwerken u. s. w. angestellt. Die Frage des Gesandten, ob Humboldt's Namen in Japan bekannt sei, verneinten die Bunyo's, schrieben ihn aber sogleich mit Hinzufügung von Notizen auf und lernten ihn aussprechen. -- Als das Gespräch auf unsere häufigen Ritte kam, erzählte Sakai, dass sie selbst in ihren Gärten spazieren ritten und sich auf der Strasse nur bei Feuersgefahr zu Pferde setzten, zuweilen auch, wenn sie grosse Eile hätten, bei weiten Excursionen; übrigens erlaubten ihnen die Amtsgeschäfte nicht sich aus Yeddo zu entfernen, sie lebten jahr- aus jahrein in der Stadt. Nach dem Durchschnittspreise eines guten Reitpferdes gefragt wussten sie darüber nichts zu sagen: wenn ein vornehmer Mann Gefallen an einem Pferde finde, so zahle er was man ihm abfordere. --
Wenige Tage nach dem Besuche der Bunyo's hatte der amerikanische Minister-Resident eine Unterredung mit Ando-Tsus- sima-no-Kami, welcher sich bereit erklärte der preussischen Re- gierung ein schriftliches Versprechen zu geben, dass der Vertrag mit ihr geschlossen werden solle, sobald die öffentliche Meinung sich beruhigt hätte. Von dieser Zusage bis zum wirklichen Eingehen auf Unterhandlungen war nur ein kleiner Schritt, zu dem sich die japa- nische Regierung bald möchte entschlossen haben, wenn sie nicht kurz zuvor dem englischen Gesandten versprochen hätte auch mit der Schweiz und Belgien abzuschliessen, sobald irgend einem an- deren Staate Zugeständnisse gemacht würden. Die englische Re- gierung hatte die Anträge dieser Mächte durch ihren Gesandten unterstützt, aber nicht durchgesetzt; es war das erste Mal, dass
V. Neue Eröffnung.
bei ihnen die Gelehrten (Bonzen). Das Alter riethen sie immer zu jung, — die Japaner sehen im Verhältniss viel älter aus. Sakaï war 43, Hori-Oribe 41, Moriyama nur 38 Jahre alt. Letzterer behaup- tete, die vielen »Sachen«, Geschäfte hätten ihn so alt gemacht.
Am vierundzwanzigsten erschienen die Bunyo’s wieder, um anzusagen, dass der Minister den Gesandten erst am 4. October empfangen könne. Im Laufe des Gespräches ersuchte sie Graf Eulen- burg, unseren Naturforschern den Umgang mit den japanischen Gelehrten zu ermöglichen, da beide Theile durch den Austausch ihrer Kenntnisse viel gewinnen könnten; sie lehnten das aber mit der bescheidenen Entschuldigung ab, dass ihre Naturkundigen durchaus nicht auf gleicher Stufe mit den europäischen ständen; in Yeddo gäbe es überhaupt nur Dilettanten, die Männer von Fach seien in den Provinzen bei den Bergwerken u. s. w. angestellt. Die Frage des Gesandten, ob Humboldt’s Namen in Japan bekannt sei, verneinten die Bunyo’s, schrieben ihn aber sogleich mit Hinzufügung von Notizen auf und lernten ihn aussprechen. — Als das Gespräch auf unsere häufigen Ritte kam, erzählte Sakaï, dass sie selbst in ihren Gärten spazieren ritten und sich auf der Strasse nur bei Feuersgefahr zu Pferde setzten, zuweilen auch, wenn sie grosse Eile hätten, bei weiten Excursionen; übrigens erlaubten ihnen die Amtsgeschäfte nicht sich aus Yeddo zu entfernen, sie lebten jahr- aus jahrein in der Stadt. Nach dem Durchschnittspreise eines guten Reitpferdes gefragt wussten sie darüber nichts zu sagen: wenn ein vornehmer Mann Gefallen an einem Pferde finde, so zahle er was man ihm abfordere. —
Wenige Tage nach dem Besuche der Bunyo’s hatte der amerikanische Minister-Resident eine Unterredung mit Ando-Tsus- sima-no-Kami, welcher sich bereit erklärte der preussischen Re- gierung ein schriftliches Versprechen zu geben, dass der Vertrag mit ihr geschlossen werden solle, sobald die öffentliche Meinung sich beruhigt hätte. Von dieser Zusage bis zum wirklichen Eingehen auf Unterhandlungen war nur ein kleiner Schritt, zu dem sich die japa- nische Regierung bald möchte entschlossen haben, wenn sie nicht kurz zuvor dem englischen Gesandten versprochen hätte auch mit der Schweiz und Belgien abzuschliessen, sobald irgend einem an- deren Staate Zugeständnisse gemacht würden. Die englische Re- gierung hatte die Anträge dieser Mächte durch ihren Gesandten unterstützt, aber nicht durchgesetzt; es war das erste Mal, dass
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V. Neue Eröffnung.
bei ihnen die Gelehrten (Bonzen). Das Alter riethen sie immer zu
jung, — die Japaner sehen im Verhältniss viel älter aus. Sakaï war
43, Hori-Oribe 41, Moriyama nur 38 Jahre alt. Letzterer behaup-
tete, die vielen »Sachen«, Geschäfte hätten ihn so alt gemacht.
Am vierundzwanzigsten erschienen die Bunyo’s wieder, um
anzusagen, dass der Minister den Gesandten erst am 4. October
empfangen könne. Im Laufe des Gespräches ersuchte sie Graf Eulen-
burg, unseren Naturforschern den Umgang mit den japanischen
Gelehrten zu ermöglichen, da beide Theile durch den Austausch
ihrer Kenntnisse viel gewinnen könnten; sie lehnten das aber mit
der bescheidenen Entschuldigung ab, dass ihre Naturkundigen
durchaus nicht auf gleicher Stufe mit den europäischen ständen;
in Yeddo gäbe es überhaupt nur Dilettanten, die Männer von Fach
seien in den Provinzen bei den Bergwerken u. s. w. angestellt. Die
Frage des Gesandten, ob Humboldt’s Namen in Japan bekannt sei,
verneinten die Bunyo’s, schrieben ihn aber sogleich mit Hinzufügung
von Notizen auf und lernten ihn aussprechen. — Als das Gespräch
auf unsere häufigen Ritte kam, erzählte Sakaï, dass sie selbst in
ihren Gärten spazieren ritten und sich auf der Strasse nur bei
Feuersgefahr zu Pferde setzten, zuweilen auch, wenn sie grosse
Eile hätten, bei weiten Excursionen; übrigens erlaubten ihnen die
Amtsgeschäfte nicht sich aus Yeddo zu entfernen, sie lebten jahr-
aus jahrein in der Stadt. Nach dem Durchschnittspreise eines guten
Reitpferdes gefragt wussten sie darüber nichts zu sagen: wenn ein
vornehmer Mann Gefallen an einem Pferde finde, so zahle er was
man ihm abfordere. —
Wenige Tage nach dem Besuche der Bunyo’s hatte der
amerikanische Minister-Resident eine Unterredung mit Ando-Tsus-
sima-no-Kami, welcher sich bereit erklärte der preussischen Re-
gierung ein schriftliches Versprechen zu geben, dass der Vertrag
mit ihr geschlossen werden solle, sobald die öffentliche Meinung sich
beruhigt hätte. Von dieser Zusage bis zum wirklichen Eingehen auf
Unterhandlungen war nur ein kleiner Schritt, zu dem sich die japa-
nische Regierung bald möchte entschlossen haben, wenn sie nicht
kurz zuvor dem englischen Gesandten versprochen hätte auch mit
der Schweiz und Belgien abzuschliessen, sobald irgend einem an-
deren Staate Zugeständnisse gemacht würden. Die englische Re-
gierung hatte die Anträge dieser Mächte durch ihren Gesandten
unterstützt, aber nicht durchgesetzt; es war das erste Mal, dass
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/379>, abgerufen am 23.07.2024.
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