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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Pferde und Sattelzeug. Spazierritte in die Umgegend. V.

Die Pferde sind klein und schlecht gebaut; sie gehen meist
Pass und Galopp und nur ungern Trab, sind aber sehr geschickt
im Klettern, wozu die steilen und abschüssigen Wege und die
vielen Treppen überall Gelegenheit bieten. Man reitet nur Hengste
und muss stets auf der Hut sein, denn fast alle sind bissig und
greifen einander gern mit den Zähnen und Hufen an. Grosse
Schwierigkeit machte in der ersten Zeit das Aufsteigen von der
linken Seite, denn der Japaner setzt sich von der rechten zu Pferde;
sie stellten sich oft ganz ungebehrdig beim Nahen der fremden
Gestalten, bockten, schlugen und bissen wüthend um sich, und
schüttelten Manchen schon auf dem Hofe wieder ab; -- der Fall
auf die harten Steine war nicht grade sanft, doch hatten diese
Kämpfe für die Zuschauer viel Ergötzliches. Glücklich wer einen
europäischen Sattel oder wenigstens Steigbügel besass, denn die
einheimischen sind auf langen Ritten eine wahre Tortur. Die Japaner
haben sich übrigens von den Vorzügen des englischen Sattels über-
zeugt, und schon zur Zeit unserer Anwesenheit begegnete man
solchen in Yeddo, wie sie denn alles wirklich Practische gern
annehmen. Bald nach dem Eintreffen des Herrn Harris in der
Hauptstadt baten die Bunyo's, ihnen sein auf europäische Weise
beschlagenes Pferd auf einige Stunden zu leihen, und es stellte
sich heraus, dass sie den Beschlag kennen lernen und in Japan
einführen wollten. Bisher band man den Pferden Strohschuhe um
die Hufe, die auf allen Landstrassen zu haben sind, sich aber sehr
schnell abnutzen; es ist eine volksthümliche Art die Entfernungen
zu messen -- nach den verbrauchten Strohschuhen.

Sehr genussreich und erfrischend waren unsere nachmittäg-
lichen Spazierritte in die Umgegend. Man kann sich keine anmuthi-
gere Landschaft denken, das Bild wechselt bei jedem Schritt. Das
Terrain ist hügelig und von vielen Thälern und Senkungen durch-
schnitten, die Höhen mit frischem, üppigem Grün, mit dem präch-
tigen Baumwuchs der Friedhöfe und Tempelgründe bedeckt; die
Abhänge theils angebaut, theils mit Strauchwerk und Gehölzen
sehr malerisch und anscheinend wild bewachsen, doch soll dies die
japanische Art der Braache sein: wenn der Acker erschöpft ist,
bepflanzt man ihn mit Bäumen zu Erzielung von Brenn- und Nutz-
holz. -- Die Cultur selbst -- mit Ausnahme der Reisfelder -- ist
malerisch wie bei uns in Gegenden des kleinen bäuerlichen Besitzes,
nur die Vegetation unendlich reicher und üppiger. An jeder

Pferde und Sattelzeug. Spazierritte in die Umgegend. V.

Die Pferde sind klein und schlecht gebaut; sie gehen meist
Pass und Galopp und nur ungern Trab, sind aber sehr geschickt
im Klettern, wozu die steilen und abschüssigen Wege und die
vielen Treppen überall Gelegenheit bieten. Man reitet nur Hengste
und muss stets auf der Hut sein, denn fast alle sind bissig und
greifen einander gern mit den Zähnen und Hufen an. Grosse
Schwierigkeit machte in der ersten Zeit das Aufsteigen von der
linken Seite, denn der Japaner setzt sich von der rechten zu Pferde;
sie stellten sich oft ganz ungebehrdig beim Nahen der fremden
Gestalten, bockten, schlugen und bissen wüthend um sich, und
schüttelten Manchen schon auf dem Hofe wieder ab; — der Fall
auf die harten Steine war nicht grade sanft, doch hatten diese
Kämpfe für die Zuschauer viel Ergötzliches. Glücklich wer einen
europäischen Sattel oder wenigstens Steigbügel besass, denn die
einheimischen sind auf langen Ritten eine wahre Tortur. Die Japaner
haben sich übrigens von den Vorzügen des englischen Sattels über-
zeugt, und schon zur Zeit unserer Anwesenheit begegnete man
solchen in Yeddo, wie sie denn alles wirklich Practische gern
annehmen. Bald nach dem Eintreffen des Herrn Harris in der
Hauptstadt baten die Bunyo’s, ihnen sein auf europäische Weise
beschlagenes Pferd auf einige Stunden zu leihen, und es stellte
sich heraus, dass sie den Beschlag kennen lernen und in Japan
einführen wollten. Bisher band man den Pferden Strohschuhe um
die Hufe, die auf allen Landstrassen zu haben sind, sich aber sehr
schnell abnutzen; es ist eine volksthümliche Art die Entfernungen
zu messen — nach den verbrauchten Strohschuhen.

Sehr genussreich und erfrischend waren unsere nachmittäg-
lichen Spazierritte in die Umgegend. Man kann sich keine anmuthi-
gere Landschaft denken, das Bild wechselt bei jedem Schritt. Das
Terrain ist hügelig und von vielen Thälern und Senkungen durch-
schnitten, die Höhen mit frischem, üppigem Grün, mit dem präch-
tigen Baumwuchs der Friedhöfe und Tempelgründe bedeckt; die
Abhänge theils angebaut, theils mit Strauchwerk und Gehölzen
sehr malerisch und anscheinend wild bewachsen, doch soll dies die
japanische Art der Braache sein: wenn der Acker erschöpft ist,
bepflanzt man ihn mit Bäumen zu Erzielung von Brenn- und Nutz-
holz. — Die Cultur selbst — mit Ausnahme der Reisfelder — ist
malerisch wie bei uns in Gegenden des kleinen bäuerlichen Besitzes,
nur die Vegetation unendlich reicher und üppiger. An jeder

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[330/0360] Pferde und Sattelzeug. Spazierritte in die Umgegend. V. Die Pferde sind klein und schlecht gebaut; sie gehen meist Pass und Galopp und nur ungern Trab, sind aber sehr geschickt im Klettern, wozu die steilen und abschüssigen Wege und die vielen Treppen überall Gelegenheit bieten. Man reitet nur Hengste und muss stets auf der Hut sein, denn fast alle sind bissig und greifen einander gern mit den Zähnen und Hufen an. Grosse Schwierigkeit machte in der ersten Zeit das Aufsteigen von der linken Seite, denn der Japaner setzt sich von der rechten zu Pferde; sie stellten sich oft ganz ungebehrdig beim Nahen der fremden Gestalten, bockten, schlugen und bissen wüthend um sich, und schüttelten Manchen schon auf dem Hofe wieder ab; — der Fall auf die harten Steine war nicht grade sanft, doch hatten diese Kämpfe für die Zuschauer viel Ergötzliches. Glücklich wer einen europäischen Sattel oder wenigstens Steigbügel besass, denn die einheimischen sind auf langen Ritten eine wahre Tortur. Die Japaner haben sich übrigens von den Vorzügen des englischen Sattels über- zeugt, und schon zur Zeit unserer Anwesenheit begegnete man solchen in Yeddo, wie sie denn alles wirklich Practische gern annehmen. Bald nach dem Eintreffen des Herrn Harris in der Hauptstadt baten die Bunyo’s, ihnen sein auf europäische Weise beschlagenes Pferd auf einige Stunden zu leihen, und es stellte sich heraus, dass sie den Beschlag kennen lernen und in Japan einführen wollten. Bisher band man den Pferden Strohschuhe um die Hufe, die auf allen Landstrassen zu haben sind, sich aber sehr schnell abnutzen; es ist eine volksthümliche Art die Entfernungen zu messen — nach den verbrauchten Strohschuhen. Sehr genussreich und erfrischend waren unsere nachmittäg- lichen Spazierritte in die Umgegend. Man kann sich keine anmuthi- gere Landschaft denken, das Bild wechselt bei jedem Schritt. Das Terrain ist hügelig und von vielen Thälern und Senkungen durch- schnitten, die Höhen mit frischem, üppigem Grün, mit dem präch- tigen Baumwuchs der Friedhöfe und Tempelgründe bedeckt; die Abhänge theils angebaut, theils mit Strauchwerk und Gehölzen sehr malerisch und anscheinend wild bewachsen, doch soll dies die japanische Art der Braache sein: wenn der Acker erschöpft ist, bepflanzt man ihn mit Bäumen zu Erzielung von Brenn- und Nutz- holz. — Die Cultur selbst — mit Ausnahme der Reisfelder — ist malerisch wie bei uns in Gegenden des kleinen bäuerlichen Besitzes, nur die Vegetation unendlich reicher und üppiger. An jeder

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/360>, abgerufen am 22.11.2024.