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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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V. Verkehr mit den Krämern.
nach oben verjüngten Holzthürme hervorragt, wo die Feuerwachen
postirt sind; -- in der Ferne die Rhede mit den Forts.

Unsere Tagesordnung in Akabane blieb während des ganzen
Aufenthaltes ziemlich dieselbe. Sehr unterhaltend war der Verkehr
mit den Krämern, die uns täglich besuchten und an den von den
Kriegsschiffen herüberkommenden Officieren und Mannschaften immer
neue Kunden fanden. Diese Volksclasse ist gutherzig, fröhlich
und dienstfertig, aber verschlagen und geldgierig; der japanische
Kaufmann nimmt eben jeden Vortheil den er erreichen kann.
Man darf sich nicht scheuen ihm ein Viertel, ja ein Zehntel seiner
Forderung zu bieten, er thut dann sehr entrüstet, lässt sich nur
langsam und anscheinend mit grosser Selbstüberwindung herabdingen,
streicht aber schliesslich lachend und ohne alle Scham den zehnten
Theil des Verlangten ein. Man hat auch dann wahrscheinlich noch
zu viel bezahlt. Die Händler bestanden oft mit eiserner Zähigkeit
Wochen lang auf den unsinnigsten Forderungen und schleppten ihre
Sachen immer wieder mit fort; wer aber beharrlich blieb, fand das
Gewünschte eines Tages plötzlich in seinem Zimmer zu dem gebo-
tenen Preise. Merkwürdig ist dabei ihre Unfähigkeit im Kopfe zu
rechnen; bietet man ihn herunter, so holt der Verkäufer seine Rechen-
maschine heraus, ein flaches offenes Kästchen, in welchem Holzringe,
die Einer, Zehner u. s. w. bedeutend, an parallelen Stäben hin und
her geschoben werden. Nach langem Handthieren und Kopfschütteln
blickt er dann wehmüthig gen Himmel, holt, die Luft durch die
Zähne schlürfend, aus tiefer Brust Athem, und nennt mit halb
feierlicher, halb spitzbübischer Miene das Ergebniss seiner An-
strengungen, das gewöhnlich sehr unbefriedigend ist. Bei jedem
neuen Gebot wird diese Procedur wiederholt. Nicht selten kam es
vor, dass mehrere Gegenstände zusammen mehr kosten sollten als
die Summe der für jeden einzelnen geforderten Preise; man musste
es auf jede Weise versuchen. -- Bei diesem Verkehr pflegten die
japanischen Händler auf dem Boden zu knieen und grüssend oder
dankend mit der Stirn häufig die Erde zu berühren; sie betrugen
sich überhaupt, namentlich anfangs, sehr demüthig und mit grinsen-
der Unterwürfigkeit, die bei näherer Bekanntschaft einer weniger
knechtischen Zutraulichkeit Platz machte. Sie müssen, so wohlfeil
uns auch Alles erschien, doch sehr gute Geschäfte gemacht haben,

V. Verkehr mit den Krämern.
nach oben verjüngten Holzthürme hervorragt, wo die Feuerwachen
postirt sind; — in der Ferne die Rhede mit den Forts.

Unsere Tagesordnung in Akabane blieb während des ganzen
Aufenthaltes ziemlich dieselbe. Sehr unterhaltend war der Verkehr
mit den Krämern, die uns täglich besuchten und an den von den
Kriegsschiffen herüberkommenden Officieren und Mannschaften immer
neue Kunden fanden. Diese Volksclasse ist gutherzig, fröhlich
und dienstfertig, aber verschlagen und geldgierig; der japanische
Kaufmann nimmt eben jeden Vortheil den er erreichen kann.
Man darf sich nicht scheuen ihm ein Viertel, ja ein Zehntel seiner
Forderung zu bieten, er thut dann sehr entrüstet, lässt sich nur
langsam und anscheinend mit grosser Selbstüberwindung herabdingen,
streicht aber schliesslich lachend und ohne alle Scham den zehnten
Theil des Verlangten ein. Man hat auch dann wahrscheinlich noch
zu viel bezahlt. Die Händler bestanden oft mit eiserner Zähigkeit
Wochen lang auf den unsinnigsten Forderungen und schleppten ihre
Sachen immer wieder mit fort; wer aber beharrlich blieb, fand das
Gewünschte eines Tages plötzlich in seinem Zimmer zu dem gebo-
tenen Preise. Merkwürdig ist dabei ihre Unfähigkeit im Kopfe zu
rechnen; bietet man ihn herunter, so holt der Verkäufer seine Rechen-
maschine heraus, ein flaches offenes Kästchen, in welchem Holzringe,
die Einer, Zehner u. s. w. bedeutend, an parallelen Stäben hin und
her geschoben werden. Nach langem Handthieren und Kopfschütteln
blickt er dann wehmüthig gen Himmel, holt, die Luft durch die
Zähne schlürfend, aus tiefer Brust Athem, und nennt mit halb
feierlicher, halb spitzbübischer Miene das Ergebniss seiner An-
strengungen, das gewöhnlich sehr unbefriedigend ist. Bei jedem
neuen Gebot wird diese Procedur wiederholt. Nicht selten kam es
vor, dass mehrere Gegenstände zusammen mehr kosten sollten als
die Summe der für jeden einzelnen geforderten Preise; man musste
es auf jede Weise versuchen. — Bei diesem Verkehr pflegten die
japanischen Händler auf dem Boden zu knieen und grüssend oder
dankend mit der Stirn häufig die Erde zu berühren; sie betrugen
sich überhaupt, namentlich anfangs, sehr demüthig und mit grinsen-
der Unterwürfigkeit, die bei näherer Bekanntschaft einer weniger
knechtischen Zutraulichkeit Platz machte. Sie müssen, so wohlfeil
uns auch Alles erschien, doch sehr gute Geschäfte gemacht haben,

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[327/0357] V. Verkehr mit den Krämern. nach oben verjüngten Holzthürme hervorragt, wo die Feuerwachen postirt sind; — in der Ferne die Rhede mit den Forts. Unsere Tagesordnung in Akabane blieb während des ganzen Aufenthaltes ziemlich dieselbe. Sehr unterhaltend war der Verkehr mit den Krämern, die uns täglich besuchten und an den von den Kriegsschiffen herüberkommenden Officieren und Mannschaften immer neue Kunden fanden. Diese Volksclasse ist gutherzig, fröhlich und dienstfertig, aber verschlagen und geldgierig; der japanische Kaufmann nimmt eben jeden Vortheil den er erreichen kann. Man darf sich nicht scheuen ihm ein Viertel, ja ein Zehntel seiner Forderung zu bieten, er thut dann sehr entrüstet, lässt sich nur langsam und anscheinend mit grosser Selbstüberwindung herabdingen, streicht aber schliesslich lachend und ohne alle Scham den zehnten Theil des Verlangten ein. Man hat auch dann wahrscheinlich noch zu viel bezahlt. Die Händler bestanden oft mit eiserner Zähigkeit Wochen lang auf den unsinnigsten Forderungen und schleppten ihre Sachen immer wieder mit fort; wer aber beharrlich blieb, fand das Gewünschte eines Tages plötzlich in seinem Zimmer zu dem gebo- tenen Preise. Merkwürdig ist dabei ihre Unfähigkeit im Kopfe zu rechnen; bietet man ihn herunter, so holt der Verkäufer seine Rechen- maschine heraus, ein flaches offenes Kästchen, in welchem Holzringe, die Einer, Zehner u. s. w. bedeutend, an parallelen Stäben hin und her geschoben werden. Nach langem Handthieren und Kopfschütteln blickt er dann wehmüthig gen Himmel, holt, die Luft durch die Zähne schlürfend, aus tiefer Brust Athem, und nennt mit halb feierlicher, halb spitzbübischer Miene das Ergebniss seiner An- strengungen, das gewöhnlich sehr unbefriedigend ist. Bei jedem neuen Gebot wird diese Procedur wiederholt. Nicht selten kam es vor, dass mehrere Gegenstände zusammen mehr kosten sollten als die Summe der für jeden einzelnen geforderten Preise; man musste es auf jede Weise versuchen. — Bei diesem Verkehr pflegten die japanischen Händler auf dem Boden zu knieen und grüssend oder dankend mit der Stirn häufig die Erde zu berühren; sie betrugen sich überhaupt, namentlich anfangs, sehr demüthig und mit grinsen- der Unterwürfigkeit, die bei näherer Bekanntschaft einer weniger knechtischen Zutraulichkeit Platz machte. Sie müssen, so wohlfeil uns auch Alles erschien, doch sehr gute Geschäfte gemacht haben,

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/357>, abgerufen am 22.11.2024.