Viele besitzen darin eine Geschicklichkeit, mit der sich nur unsere besten Pistolenschützen messen können. Diese kleinen Bogen und namentlich die dazu gehörigen Pfeile sind wahre Meisterstücke von Genauigkeit und Eleganz.
Bei den Sattlern findet man statt des Leders fast nur Holz und Papier; die Japaner wissen dem letzteren solche Festigkeit zu geben, dass es das Leder in den meisten Anwendungen ersetzt und dem Wasser fast noch besser widersteht. Das Sattelzeug ist eben so eigenthümlich als unbequem, ein schmaler Bock aus lackirtem Holz, auf dem ein dünnes hartes Kissen liegt. Die Steigbügel hangen an wulstigen Riemen -- diese allerdings, wo die Schnalle greift, von Leder -- und sind von unglaublich plumper Form, schwere bronzene Schuhe mit einer senkrechten Verlängerung nach oben, die bis zur Mitte des Schienbeines reicht und dort einen unerträglichen Druck übt. Die Japaner sitzen mit den Knieen weit nach vorn und halten sich mit ausgebreiteten Armen an den Zügeln fest, dennoch ist es unbegreiflich, wie sie in ihren dünnen Beinkleidern einen Druck aus- halten, der uns in Stulpstiefeln auf weiten Ritten oft lahm machte. Unter dem Sattel hängt auf jeder Seite ein breiter Deckel aus Leder- papier herab, so dass man mit den Schenkeln das Pferd nicht berüh- ren kann; die Japaner gebrauchen die ihren gar nicht, die ungefügen Steigbügel und Seitendeckel machen das ganz unmöglich; sie haben auch keine Sporen und reiten immer mit dem Stock. -- Kopfzeug, Zügel, Gurte und Schwanzriemen sind von Baumwolle, bei den Vornehmen von Seide; der Schwanz steckt in einem Ueberzug von demselben Stoff. Das Gebiss bildet eine Art scharfer Trense und geht auf den Seiten des Maules durch zwei Ringe oder durch- bohrte Platten, mit denen der Unterkiefer scharf eingeklemmt werden kann. Die Paradesättel glänzen von buntem und goldenem Lack, sowohl das Holzwerk als die Kissen, Deckel und Riemen; die Steig- bügel sind mit Silber eingelegt, der Zaum, das Vorder- und Hinter- zeug von schwerem Seidengeflecht mit reichen Franzen. Vom Gebiss geht zu jeder Seite eine dicke seidene Leine aus, die, wohl zwanzig Fuss lang, von den das Pferd führenden Stallknechten in vielen Windungen um Leib und Schultern geschlungen wird 2). -- Die
2) Ein ausnehmend schönes Paradegeschirr ist von den japanischen Gesandten, welche im Sommer 1862 in Berlin waren, im Namen des Taikun Seiner Majestät dem Könige überreicht und von Allerhöchstdemselben dem königlichen Museum über- wiesen worden, wo es in den Räumen der Ethnographischen Sammlung aufgestellt ist.
Sattler. V.
Viele besitzen darin eine Geschicklichkeit, mit der sich nur unsere besten Pistolenschützen messen können. Diese kleinen Bogen und namentlich die dazu gehörigen Pfeile sind wahre Meisterstücke von Genauigkeit und Eleganz.
Bei den Sattlern findet man statt des Leders fast nur Holz und Papier; die Japaner wissen dem letzteren solche Festigkeit zu geben, dass es das Leder in den meisten Anwendungen ersetzt und dem Wasser fast noch besser widersteht. Das Sattelzeug ist eben so eigenthümlich als unbequem, ein schmaler Bock aus lackirtem Holz, auf dem ein dünnes hartes Kissen liegt. Die Steigbügel hangen an wulstigen Riemen — diese allerdings, wo die Schnalle greift, von Leder — und sind von unglaublich plumper Form, schwere bronzene Schuhe mit einer senkrechten Verlängerung nach oben, die bis zur Mitte des Schienbeines reicht und dort einen unerträglichen Druck übt. Die Japaner sitzen mit den Knieen weit nach vorn und halten sich mit ausgebreiteten Armen an den Zügeln fest, dennoch ist es unbegreiflich, wie sie in ihren dünnen Beinkleidern einen Druck aus- halten, der uns in Stulpstiefeln auf weiten Ritten oft lahm machte. Unter dem Sattel hängt auf jeder Seite ein breiter Deckel aus Leder- papier herab, so dass man mit den Schenkeln das Pferd nicht berüh- ren kann; die Japaner gebrauchen die ihren gar nicht, die ungefügen Steigbügel und Seitendeckel machen das ganz unmöglich; sie haben auch keine Sporen und reiten immer mit dem Stock. — Kopfzeug, Zügel, Gurte und Schwanzriemen sind von Baumwolle, bei den Vornehmen von Seide; der Schwanz steckt in einem Ueberzug von demselben Stoff. Das Gebiss bildet eine Art scharfer Trense und geht auf den Seiten des Maules durch zwei Ringe oder durch- bohrte Platten, mit denen der Unterkiefer scharf eingeklemmt werden kann. Die Paradesättel glänzen von buntem und goldenem Lack, sowohl das Holzwerk als die Kissen, Deckel und Riemen; die Steig- bügel sind mit Silber eingelegt, der Zaum, das Vorder- und Hinter- zeug von schwerem Seidengeflecht mit reichen Franzen. Vom Gebiss geht zu jeder Seite eine dicke seidene Leine aus, die, wohl zwanzig Fuss lang, von den das Pferd führenden Stallknechten in vielen Windungen um Leib und Schultern geschlungen wird 2). — Die
2) Ein ausnehmend schönes Paradegeschirr ist von den japanischen Gesandten, welche im Sommer 1862 in Berlin waren, im Namen des Taïkūn Seiner Majestät dem Könige überreicht und von Allerhöchstdemselben dem königlichen Museum über- wiesen worden, wo es in den Räumen der Ethnographischen Sammlung aufgestellt ist.
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Sattler. V.
Viele besitzen darin eine Geschicklichkeit, mit der sich nur unsere
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namentlich die dazu gehörigen Pfeile sind wahre Meisterstücke von
Genauigkeit und Eleganz.
Bei den Sattlern findet man statt des Leders fast nur Holz und
Papier; die Japaner wissen dem letzteren solche Festigkeit zu geben,
dass es das Leder in den meisten Anwendungen ersetzt und dem
Wasser fast noch besser widersteht. Das Sattelzeug ist eben so
eigenthümlich als unbequem, ein schmaler Bock aus lackirtem Holz,
auf dem ein dünnes hartes Kissen liegt. Die Steigbügel hangen an
wulstigen Riemen — diese allerdings, wo die Schnalle greift, von
Leder — und sind von unglaublich plumper Form, schwere bronzene
Schuhe mit einer senkrechten Verlängerung nach oben, die bis zur
Mitte des Schienbeines reicht und dort einen unerträglichen Druck
übt. Die Japaner sitzen mit den Knieen weit nach vorn und halten
sich mit ausgebreiteten Armen an den Zügeln fest, dennoch ist es
unbegreiflich, wie sie in ihren dünnen Beinkleidern einen Druck aus-
halten, der uns in Stulpstiefeln auf weiten Ritten oft lahm machte.
Unter dem Sattel hängt auf jeder Seite ein breiter Deckel aus Leder-
papier herab, so dass man mit den Schenkeln das Pferd nicht berüh-
ren kann; die Japaner gebrauchen die ihren gar nicht, die ungefügen
Steigbügel und Seitendeckel machen das ganz unmöglich; sie haben
auch keine Sporen und reiten immer mit dem Stock. — Kopfzeug,
Zügel, Gurte und Schwanzriemen sind von Baumwolle, bei den
Vornehmen von Seide; der Schwanz steckt in einem Ueberzug
von demselben Stoff. Das Gebiss bildet eine Art scharfer Trense
und geht auf den Seiten des Maules durch zwei Ringe oder durch-
bohrte Platten, mit denen der Unterkiefer scharf eingeklemmt werden
kann. Die Paradesättel glänzen von buntem und goldenem Lack,
sowohl das Holzwerk als die Kissen, Deckel und Riemen; die Steig-
bügel sind mit Silber eingelegt, der Zaum, das Vorder- und Hinter-
zeug von schwerem Seidengeflecht mit reichen Franzen. Vom Gebiss
geht zu jeder Seite eine dicke seidene Leine aus, die, wohl zwanzig
Fuss lang, von den das Pferd führenden Stallknechten in vielen
Windungen um Leib und Schultern geschlungen wird 2). — Die
2) Ein ausnehmend schönes Paradegeschirr ist von den japanischen Gesandten,
welche im Sommer 1862 in Berlin waren, im Namen des Taïkūn Seiner Majestät
dem Könige überreicht und von Allerhöchstdemselben dem königlichen Museum über-
wiesen worden, wo es in den Räumen der Ethnographischen Sammlung aufgestellt ist.
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/334>, abgerufen am 16.02.2025.
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