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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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IV. Münzverhältnisse.

In einem Lande, das sich nach aussen hermetisch verschliesst,
hat die Regierung die Macht, das gegenseitige Werthverhältniss
der edelen Metalle nach ihrem Belieben festzustellen, wenn sie den
Gebrauch derselben auf die Vermünzung beschränkt und jede
andere Anwendung verbietet. So war es in Japan. Nur zu den
unbedeutendsten Verzierungen an Waffen und anderen kleinen Ge-
räthen durften die Handwerker Gold und Silber verarbeiten, und
auch da nur als Incrustation und Plattirung in den geringfügigsten
Quantitäten. Ein Klumpen Gold oder Silber, der nicht verarbeitet
werden darf, ist werthlos; die Regierung allein hat das Prägerecht,
sie bestimmt den Werth der Münzen durch den aufgedrückten
Stempel und normirt den relativen Werth der Metalle nach ihrer
Bequemlichkeit. Gold- und Silbermünzen waren in Japan das, was
Banknoten und Scheidemünzen bei uns sind, denn diese erhalten
ja auch nur durch den Stempel ihren Werth, nicht durch Grösse
oder Gewicht. -- Die Falschmünzerei konnte der Regierung sehr
gefährlich werden, ist aber bei der allgemeinen Beaufsichtigung in
Japan fast unmöglich, und hatte auch wenig Chancen, so lange
ein bestimmtes Werthverhältniss der beiden Metalle untereinander
durch alle Münzsorten festgehalten wurde. -- Ein deutliches Zeichen,
dass die Metalle nur Tauschmittel waren, ist der Umstand, dass
man in Japan alle Einkünfte nicht nach Geld, sondern durch-
gängig nach "Kok" Reis, einem bestimmten Gewicht des allge-
meinen und nothwendigsten Nahrungsmittels, als einer feststehen-
den Werth-Einheit rechnete. Auch dieser Werth konnte nach
dem Ausfall der Aernten fluctuiren wie bei uns der Werth von
Gold und Silber nach der Ergiebigkeit der Bergwerke, aber der
Werth der edelen Metalle hing von der Willkühr der Re-
gierung ab.

Sobald die Ausfuhr der Metalle freigegeben wird, muss dieses
Verhältniss aufhören; ihr relativer Werth normirt sich dann bald nach
dem in den Nachbarländern üblichen Satz. Fast das ganze sieb-
zehnte Jahrhundert durch exportirten die Holländer Gold mit un-
geheurem Vortheil. Diese Ausfuhr war aber keine freie, konnte
also auf den Werth der Metalle in dem sonst gänzlich gesperrten
Lande keinen Einfluss haben; die Regierung gab ihnen Goldmünzen
in Zahlung, so weit es ihr bequem war, -- die Holländer konnten
nicht Gold gegen Silber von den Landesbewohnern in beliebiger
Menge eintauschen. Die Wohlfeilheit des Goldes war ein zufälliger

IV. Münzverhältnisse.

In einem Lande, das sich nach aussen hermetisch verschliesst,
hat die Regierung die Macht, das gegenseitige Werthverhältniss
der edelen Metalle nach ihrem Belieben festzustellen, wenn sie den
Gebrauch derselben auf die Vermünzung beschränkt und jede
andere Anwendung verbietet. So war es in Japan. Nur zu den
unbedeutendsten Verzierungen an Waffen und anderen kleinen Ge-
räthen durften die Handwerker Gold und Silber verarbeiten, und
auch da nur als Incrustation und Plattirung in den geringfügigsten
Quantitäten. Ein Klumpen Gold oder Silber, der nicht verarbeitet
werden darf, ist werthlos; die Regierung allein hat das Prägerecht,
sie bestimmt den Werth der Münzen durch den aufgedrückten
Stempel und normirt den relativen Werth der Metalle nach ihrer
Bequemlichkeit. Gold- und Silbermünzen waren in Japan das, was
Banknoten und Scheidemünzen bei uns sind, denn diese erhalten
ja auch nur durch den Stempel ihren Werth, nicht durch Grösse
oder Gewicht. — Die Falschmünzerei konnte der Regierung sehr
gefährlich werden, ist aber bei der allgemeinen Beaufsichtigung in
Japan fast unmöglich, und hatte auch wenig Chancen, so lange
ein bestimmtes Werthverhältniss der beiden Metalle untereinander
durch alle Münzsorten festgehalten wurde. — Ein deutliches Zeichen,
dass die Metalle nur Tauschmittel waren, ist der Umstand, dass
man in Japan alle Einkünfte nicht nach Geld, sondern durch-
gängig nach »Kok« Reis, einem bestimmten Gewicht des allge-
meinen und nothwendigsten Nahrungsmittels, als einer feststehen-
den Werth-Einheit rechnete. Auch dieser Werth konnte nach
dem Ausfall der Aernten fluctuiren wie bei uns der Werth von
Gold und Silber nach der Ergiebigkeit der Bergwerke, aber der
Werth der edelen Metalle hing von der Willkühr der Re-
gierung ab.

Sobald die Ausfuhr der Metalle freigegeben wird, muss dieses
Verhältniss aufhören; ihr relativer Werth normirt sich dann bald nach
dem in den Nachbarländern üblichen Satz. Fast das ganze sieb-
zehnte Jahrhundert durch exportirten die Holländer Gold mit un-
geheurem Vortheil. Diese Ausfuhr war aber keine freie, konnte
also auf den Werth der Metalle in dem sonst gänzlich gesperrten
Lande keinen Einfluss haben; die Regierung gab ihnen Goldmünzen
in Zahlung, so weit es ihr bequem war, — die Holländer konnten
nicht Gold gegen Silber von den Landesbewohnern in beliebiger
Menge eintauschen. Die Wohlfeilheit des Goldes war ein zufälliger

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[277/0307] IV. Münzverhältnisse. In einem Lande, das sich nach aussen hermetisch verschliesst, hat die Regierung die Macht, das gegenseitige Werthverhältniss der edelen Metalle nach ihrem Belieben festzustellen, wenn sie den Gebrauch derselben auf die Vermünzung beschränkt und jede andere Anwendung verbietet. So war es in Japan. Nur zu den unbedeutendsten Verzierungen an Waffen und anderen kleinen Ge- räthen durften die Handwerker Gold und Silber verarbeiten, und auch da nur als Incrustation und Plattirung in den geringfügigsten Quantitäten. Ein Klumpen Gold oder Silber, der nicht verarbeitet werden darf, ist werthlos; die Regierung allein hat das Prägerecht, sie bestimmt den Werth der Münzen durch den aufgedrückten Stempel und normirt den relativen Werth der Metalle nach ihrer Bequemlichkeit. Gold- und Silbermünzen waren in Japan das, was Banknoten und Scheidemünzen bei uns sind, denn diese erhalten ja auch nur durch den Stempel ihren Werth, nicht durch Grösse oder Gewicht. — Die Falschmünzerei konnte der Regierung sehr gefährlich werden, ist aber bei der allgemeinen Beaufsichtigung in Japan fast unmöglich, und hatte auch wenig Chancen, so lange ein bestimmtes Werthverhältniss der beiden Metalle untereinander durch alle Münzsorten festgehalten wurde. — Ein deutliches Zeichen, dass die Metalle nur Tauschmittel waren, ist der Umstand, dass man in Japan alle Einkünfte nicht nach Geld, sondern durch- gängig nach »Kok« Reis, einem bestimmten Gewicht des allge- meinen und nothwendigsten Nahrungsmittels, als einer feststehen- den Werth-Einheit rechnete. Auch dieser Werth konnte nach dem Ausfall der Aernten fluctuiren wie bei uns der Werth von Gold und Silber nach der Ergiebigkeit der Bergwerke, aber der Werth der edelen Metalle hing von der Willkühr der Re- gierung ab. Sobald die Ausfuhr der Metalle freigegeben wird, muss dieses Verhältniss aufhören; ihr relativer Werth normirt sich dann bald nach dem in den Nachbarländern üblichen Satz. Fast das ganze sieb- zehnte Jahrhundert durch exportirten die Holländer Gold mit un- geheurem Vortheil. Diese Ausfuhr war aber keine freie, konnte also auf den Werth der Metalle in dem sonst gänzlich gesperrten Lande keinen Einfluss haben; die Regierung gab ihnen Goldmünzen in Zahlung, so weit es ihr bequem war, — die Holländer konnten nicht Gold gegen Silber von den Landesbewohnern in beliebiger Menge eintauschen. Die Wohlfeilheit des Goldes war ein zufälliger

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/307>, abgerufen am 22.11.2024.