[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Installirung in der Legation. IV. Bemannung fast zwei Stunden in Anspruch. Am Landungsplatzeliefen sämmtliche Boote der Gig vor, welche zuletzt anlegte; die Seesoldaten und Matrosen wurden ausgeschifft und bildeten Spalier. Graf Eulenburg bestieg, von mehreren japanischen Staatsbeamten begrüsst, mit seinen Begleitern die bereitgehaltenen Pferde, und der Zug setzte sich in Bewegung: voran die Musik, das Preussenlied spielend, dann ein Detachement von vierzig Seesoldaten, dann der Gesandte mit dem Commodor, gefolgt von den übrigen Herren vom Civil und einigen Marineofficieren, zuletzt ein Detachement von vierzig Matrosen. Der Zulauf der Bevölkerung war, Dank dem schlechten Wetter und dem aufgeweichten Boden, nicht so gross als man erwartet hatte, und die Musik schien viel weniger Eindruck zu machen, als die Bewaffnung und militärische Haltung der See- soldaten. Den Japanern verbietet ein Gesetz jede Entblössung der Klinge auf der Strasse, -- so mussten die blanken Waffen unserer Soldaten und der gezogene Degen des commandirenden Officiers wohl einiges Aufsehn erregen. -- Nach halbstündigem Marsch durch eine lange grade Strasse erreicht der Zug sein Ziel, ein stattliches Portal öffnet seine Flügel. Die Seesoldaten und Matrosen marschiren -- oder steigen vielmehr über den zwei Fuss hohen Schwellbalken -- in den Hof, und hissen unter militärischem Salut die preussische Flagge an dem dort aufgepflanzten Mast, die Gesandtschaft nimmt Besitz von dem weitläufigen Gebäude. In den Empfangszimmern waren Erfrischungen aufgetragen, Backwerk und Früchte, dazu wurde Thee gereicht; man konnte sich endlich trocknen und reinigen. Nun er- schienen mit ansehnlichem Gefolge zwei Bunyo's3) des auswärtigen Amtes, um den Grafen Namens der Regierung auch hier willkommen zu heissen; Heusken stellte sie vor als Sakai-Oki-no-Kami und Hori- Oribe-no-Kami, den Dolmetscher Moriyama Takitsiro und einen "O-metske" oder Oberaufpasser. Sie erklärten zum Unterhandeln mit dem preussischen Gesandten bevollmächtigt zu sein, und machten den Vorschlag, sofort zu beginnen: "Von den beiden Ministern des Auswärtigen4) sei der eine sehr krank, der andere mit Geschäften überhäuft, und es werde voraussichtlich geraume Zeit verstreichen, bis der letztere ihn empfangen könne." Diese Eröffnung musste 3) Die Fremden nennen sie gewöhnlich "Gouverneure", ein Ausdruck der durch- aus ihre Stellung nicht bezeichnet. Ueber die Bedeutung von "Bunyo" s. S. 122. 4) Diese "Minister" sind Mitglieder des Gorodzio, von dessen wahrscheinlicher
Zusammensetzung der einleitende Abschnitt S. 121 handelt. Installirung in der Legation. IV. Bemannung fast zwei Stunden in Anspruch. Am Landungsplatzeliefen sämmtliche Boote der Gig vor, welche zuletzt anlegte; die Seesoldaten und Matrosen wurden ausgeschifft und bildeten Spalier. Graf Eulenburg bestieg, von mehreren japanischen Staatsbeamten begrüsst, mit seinen Begleitern die bereitgehaltenen Pferde, und der Zug setzte sich in Bewegung: voran die Musik, das Preussenlied spielend, dann ein Detachement von vierzig Seesoldaten, dann der Gesandte mit dem Commodor, gefolgt von den übrigen Herren vom Civil und einigen Marineofficieren, zuletzt ein Detachement von vierzig Matrosen. Der Zulauf der Bevölkerung war, Dank dem schlechten Wetter und dem aufgeweichten Boden, nicht so gross als man erwartet hatte, und die Musik schien viel weniger Eindruck zu machen, als die Bewaffnung und militärische Haltung der See- soldaten. Den Japanern verbietet ein Gesetz jede Entblössung der Klinge auf der Strasse, — so mussten die blanken Waffen unserer Soldaten und der gezogene Degen des commandirenden Officiers wohl einiges Aufsehn erregen. — Nach halbstündigem Marsch durch eine lange grade Strasse erreicht der Zug sein Ziel, ein stattliches Portal öffnet seine Flügel. Die Seesoldaten und Matrosen marschiren — oder steigen vielmehr über den zwei Fuss hohen Schwellbalken — in den Hof, und hissen unter militärischem Salut die preussische Flagge an dem dort aufgepflanzten Mast, die Gesandtschaft nimmt Besitz von dem weitläufigen Gebäude. In den Empfangszimmern waren Erfrischungen aufgetragen, Backwerk und Früchte, dazu wurde Thee gereicht; man konnte sich endlich trocknen und reinigen. Nun er- schienen mit ansehnlichem Gefolge zwei Bunyo’s3) des auswärtigen Amtes, um den Grafen Namens der Regierung auch hier willkommen zu heissen; Heusken stellte sie vor als Sakaï-Oki-no-Kami und Hori- Oribe-no-Kami, den Dolmetscher Moriyama Takitsiro und einen »O-metske« oder Oberaufpasser. Sie erklärten zum Unterhandeln mit dem preussischen Gesandten bevollmächtigt zu sein, und machten den Vorschlag, sofort zu beginnen: »Von den beiden Ministern des Auswärtigen4) sei der eine sehr krank, der andere mit Geschäften überhäuft, und es werde voraussichtlich geraume Zeit verstreichen, bis der letztere ihn empfangen könne.« Diese Eröffnung musste 3) Die Fremden nennen sie gewöhnlich »Gouverneure«, ein Ausdruck der durch- aus ihre Stellung nicht bezeichnet. Ueber die Bedeutung von »Bunyo« s. S. 122. 4) Diese »Minister« sind Mitglieder des Gorodžio, von dessen wahrscheinlicher
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Bemannung fast zwei Stunden in Anspruch. Am Landungsplatze
liefen sämmtliche Boote der Gig vor, welche zuletzt anlegte; die
Seesoldaten und Matrosen wurden ausgeschifft und bildeten Spalier.
Graf Eulenburg bestieg, von mehreren japanischen Staatsbeamten
begrüsst, mit seinen Begleitern die bereitgehaltenen Pferde, und der
Zug setzte sich in Bewegung: voran die Musik, das Preussenlied
spielend, dann ein Detachement von vierzig Seesoldaten, dann der
Gesandte mit dem Commodor, gefolgt von den übrigen Herren vom
Civil und einigen Marineofficieren, zuletzt ein Detachement von
vierzig Matrosen. Der Zulauf der Bevölkerung war, Dank dem
schlechten Wetter und dem aufgeweichten Boden, nicht so gross
als man erwartet hatte, und die Musik schien viel weniger Eindruck
zu machen, als die Bewaffnung und militärische Haltung der See-
soldaten. Den Japanern verbietet ein Gesetz jede Entblössung der
Klinge auf der Strasse, — so mussten die blanken Waffen unserer
Soldaten und der gezogene Degen des commandirenden Officiers
wohl einiges Aufsehn erregen. — Nach halbstündigem Marsch durch
eine lange grade Strasse erreicht der Zug sein Ziel, ein stattliches
Portal öffnet seine Flügel. Die Seesoldaten und Matrosen marschiren
— oder steigen vielmehr über den zwei Fuss hohen Schwellbalken —
in den Hof, und hissen unter militärischem Salut die preussische
Flagge an dem dort aufgepflanzten Mast, die Gesandtschaft nimmt
Besitz von dem weitläufigen Gebäude. In den Empfangszimmern waren
Erfrischungen aufgetragen, Backwerk und Früchte, dazu wurde Thee
gereicht; man konnte sich endlich trocknen und reinigen. Nun er-
schienen mit ansehnlichem Gefolge zwei Bunyo’s 3) des auswärtigen
Amtes, um den Grafen Namens der Regierung auch hier willkommen zu
heissen; Heusken stellte sie vor als Sakaï-Oki-no-Kami und Hori-
Oribe-no-Kami, den Dolmetscher Moriyama Takitsiro und einen
»O-metske« oder Oberaufpasser. Sie erklärten zum Unterhandeln
mit dem preussischen Gesandten bevollmächtigt zu sein, und machten
den Vorschlag, sofort zu beginnen: »Von den beiden Ministern des
Auswärtigen 4) sei der eine sehr krank, der andere mit Geschäften
überhäuft, und es werde voraussichtlich geraume Zeit verstreichen,
bis der letztere ihn empfangen könne.« Diese Eröffnung musste
3) Die Fremden nennen sie gewöhnlich »Gouverneure«, ein Ausdruck der durch-
aus ihre Stellung nicht bezeichnet. Ueber die Bedeutung von »Bunyo« s. S. 122.
4) Diese »Minister« sind Mitglieder des Gorodžio, von dessen wahrscheinlicher
Zusammensetzung der einleitende Abschnitt S. 121 handelt.
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