verbunden und auf einem engen Raume zusammengedrängt sind, bildet sich immer ein Familienverhältniss, und jeder fühlt lebhaft, wenn einer weniger geworden ist.
23. August.Am dreiundzwanzigsten Abends wurde es wieder windstill; die Officiere warfen Angeln aus, da sich Haifische in der Nähe gezeigt hatten. Einer davon biss an, riss sich aber beim Herauf- ziehen wieder los, ehe ihm eine Schlinge übergeworfen werden konnte. Gegen acht Uhr nahm die Arkona den Schooner wieder in das 24. August.Schlepptau. -- Am vierundzwanzigsten, da die Maschine wegen Reparatur eines Bolzens still stehen musste und das Schiff mehrere Stunden lang unbeweglich auf der glatten Fläche lag, wurden aber- mals Haiangeln mit grossen Stücken Speck als Köder ausgeworfen. Drei Haifische bissen an und wurden zum grossen Jubel der Mann- schaft heraufgeholt. Sie waren gegen fünf Fuss lang, der Kopf fast anderthalb Fuss breit, Rücken und Bauch mit starken Flossen bedeckt, die Farbe grau. Im Rachen standen sechs Reihen scharfer Zähne, deren geringe Grösse zeigte dass diese Fische keine ausgewachsenen waren. An jedem Hai hingen mehrere Saugfische von zwei bis acht Zoll Länge. Die Ungeheuer wurden mit starken Schlingen an Bord gezogen, und schlugen und schnappten gewaltig um sich, ver- loren aber bald die Kräfte als man ihnen dicke Handspaken in den Rachen stiess, und wurden von der Mannschaft im Triumph über das Verdeck nach vorne geschleift. Alle Seeleute haben einen natürlichen Ingrimm gegen die Haie, ihre geborenen Feinde, und dieser war bei den Arkonaleuten noch durch den eben erzählten Unglücksfall geschärft. Sie übten grausame Vergeltung an den Gefangenen, und Einer schrie unter wüthendem Zuschlagen: "Warte nur, Canaille, du hast minen Cameraden gefreten". Der Commandant des Seesoldatendetachements, Lieutenant von Imhoff, erhielt von einem der verendenden Fische einen Schlag an das Bein, der ihn auf einige Zeit lahm legte.
Essbar ist nur der Schwanz des Haifisches; der Thran heilt nach Seemannsglauben den Rheumatismus. Aus den Flossen, welche reich an gelatinösen Substanzen sind, machen die Chinesen einen Leckerbissen.
Gegen halb sechs Uhr desselben Tages bemerkte man in der Nähe des Schiffes eine Menge im Wasser schwimmender Gegen- stände, und glaubte Schiffsplanken, Masten, angebrannte Balken, ja versiegelte Flaschen, kurz Ueberreste eines untergegangenen
Haifische. III.
verbunden und auf einem engen Raume zusammengedrängt sind, bildet sich immer ein Familienverhältniss, und jeder fühlt lebhaft, wenn einer weniger geworden ist.
23. August.Am dreiundzwanzigsten Abends wurde es wieder windstill; die Officiere warfen Angeln aus, da sich Haifische in der Nähe gezeigt hatten. Einer davon biss an, riss sich aber beim Herauf- ziehen wieder los, ehe ihm eine Schlinge übergeworfen werden konnte. Gegen acht Uhr nahm die Arkona den Schooner wieder in das 24. August.Schlepptau. — Am vierundzwanzigsten, da die Maschine wegen Reparatur eines Bolzens still stehen musste und das Schiff mehrere Stunden lang unbeweglich auf der glatten Fläche lag, wurden aber- mals Haiangeln mit grossen Stücken Speck als Köder ausgeworfen. Drei Haifische bissen an und wurden zum grossen Jubel der Mann- schaft heraufgeholt. Sie waren gegen fünf Fuss lang, der Kopf fast anderthalb Fuss breit, Rücken und Bauch mit starken Flossen bedeckt, die Farbe grau. Im Rachen standen sechs Reihen scharfer Zähne, deren geringe Grösse zeigte dass diese Fische keine ausgewachsenen waren. An jedem Hai hingen mehrere Saugfische von zwei bis acht Zoll Länge. Die Ungeheuer wurden mit starken Schlingen an Bord gezogen, und schlugen und schnappten gewaltig um sich, ver- loren aber bald die Kräfte als man ihnen dicke Handspaken in den Rachen stiess, und wurden von der Mannschaft im Triumph über das Verdeck nach vorne geschleift. Alle Seeleute haben einen natürlichen Ingrimm gegen die Haie, ihre geborenen Feinde, und dieser war bei den Arkonaleuten noch durch den eben erzählten Unglücksfall geschärft. Sie übten grausame Vergeltung an den Gefangenen, und Einer schrie unter wüthendem Zuschlagen: »Warte nur, Canaille, du hast minen Cameraden gefreten«. Der Commandant des Seesoldatendetachements, Lieutenant von Imhoff, erhielt von einem der verendenden Fische einen Schlag an das Bein, der ihn auf einige Zeit lahm legte.
Essbar ist nur der Schwanz des Haifisches; der Thran heilt nach Seemannsglauben den Rheumatismus. Aus den Flossen, welche reich an gelatinösen Substanzen sind, machen die Chinesen einen Leckerbissen.
Gegen halb sechs Uhr desselben Tages bemerkte man in der Nähe des Schiffes eine Menge im Wasser schwimmender Gegen- stände, und glaubte Schiffsplanken, Masten, angebrannte Balken, ja versiegelte Flaschen, kurz Ueberreste eines untergegangenen
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Haifische. III.
verbunden und auf einem engen Raume zusammengedrängt sind,
bildet sich immer ein Familienverhältniss, und jeder fühlt lebhaft,
wenn einer weniger geworden ist.
Am dreiundzwanzigsten Abends wurde es wieder windstill;
die Officiere warfen Angeln aus, da sich Haifische in der Nähe
gezeigt hatten. Einer davon biss an, riss sich aber beim Herauf-
ziehen wieder los, ehe ihm eine Schlinge übergeworfen werden konnte.
Gegen acht Uhr nahm die Arkona den Schooner wieder in das
Schlepptau. — Am vierundzwanzigsten, da die Maschine wegen
Reparatur eines Bolzens still stehen musste und das Schiff mehrere
Stunden lang unbeweglich auf der glatten Fläche lag, wurden aber-
mals Haiangeln mit grossen Stücken Speck als Köder ausgeworfen.
Drei Haifische bissen an und wurden zum grossen Jubel der Mann-
schaft heraufgeholt. Sie waren gegen fünf Fuss lang, der Kopf fast
anderthalb Fuss breit, Rücken und Bauch mit starken Flossen bedeckt,
die Farbe grau. Im Rachen standen sechs Reihen scharfer Zähne,
deren geringe Grösse zeigte dass diese Fische keine ausgewachsenen
waren. An jedem Hai hingen mehrere Saugfische von zwei bis
acht Zoll Länge. Die Ungeheuer wurden mit starken Schlingen an
Bord gezogen, und schlugen und schnappten gewaltig um sich, ver-
loren aber bald die Kräfte als man ihnen dicke Handspaken in
den Rachen stiess, und wurden von der Mannschaft im Triumph
über das Verdeck nach vorne geschleift. Alle Seeleute haben einen
natürlichen Ingrimm gegen die Haie, ihre geborenen Feinde, und
dieser war bei den Arkonaleuten noch durch den eben erzählten
Unglücksfall geschärft. Sie übten grausame Vergeltung an den
Gefangenen, und Einer schrie unter wüthendem Zuschlagen: »Warte
nur, Canaille, du hast minen Cameraden gefreten«. Der Commandant
des Seesoldatendetachements, Lieutenant von Imhoff, erhielt von
einem der verendenden Fische einen Schlag an das Bein, der ihn
auf einige Zeit lahm legte.
23. August.
24. August.
Essbar ist nur der Schwanz des Haifisches; der Thran heilt
nach Seemannsglauben den Rheumatismus. Aus den Flossen, welche
reich an gelatinösen Substanzen sind, machen die Chinesen einen
Leckerbissen.
Gegen halb sechs Uhr desselben Tages bemerkte man in der
Nähe des Schiffes eine Menge im Wasser schwimmender Gegen-
stände, und glaubte Schiffsplanken, Masten, angebrannte Balken,
ja versiegelte Flaschen, kurz Ueberreste eines untergegangenen
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/278>, abgerufen am 28.11.2024.
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