unregelmässig gestellte Masten, wovon die kleineren vorn und hinten an den Borden befestigt sind; nur der Hauptmast steht durchgängig in der Mitte. -- Die in der Fukian-Strasse gesehenen waren meist zweimastig, ihre Segel aus Bastmatten und Rotang, gross, viereckig und fächerförmig gespannt. Leichte Bambusrohre laufen, mit der Kauptraae parallel, in kurzen Entfernungen queer über das Segel, welches nur dadurch die gehörige Festigkeit erhält, denn ohne sie würden die Bastmatten in grosser Fläche dem Winde nicht Wider- stand leisten. Nur die Leichtigkeit des Bambusrohres macht diese Bauart möglich; das Segel würde bei jedem anderen Material zu schwer werden, um sich regieren zu lassen.
Wir sahen in der Fukian-Strasse, oft in grosser Entfernung von den Dschunken, eine Menge dunkeler Puncte auf der Meeres- fläche treiben, und waren sehr überrascht, durch das Fernrohr Menschen darin zu erkennen, die mit dem ganzen Oberleibe aus dem Wasser ragten und von den Wellen hin und her geschaukelt wurden, wie die leibhaftigen Tritonen. Das Räthsel löste sich erst, als Capitän Jachmann am siebenundzwanzigsten, da wir kreuzen mussten, ein Boot nach einer der Dschunken sandte um Fische zu kaufen. Es war grade kein Vorrath da, und der Schiffer winkte einen der nächsten Schwimmer heran, welcher kreuzbeinig auf einem kleinen viereckigen Bambusfloss sass und mit der Angel fischte. Sein Gewicht drückt das leichte Floss etwas unter den Meeresspiegel und mit den Beinen sitzt er im Wasser. So treiben sie, oft meilenweit entfernt, einsam auf der wogenden Fluth umher, eine Angelruthe in der Hand und neben sich einen Korb für die gefangenen Fische, wahrhaftige Wassermänner, denn gewöhnliche Adamssöhne könnten solche Existenz wohl kaum Tage lang ertragen. Ihr Fang besteht in jungen Haifischen, silberröthlichen Brassen, Saugfischen, Tintenfischen; ein kleines Boot unterhält die Verbindung mit dem Schiffe und bringt ihnen Nahrung.
Wir besahen die Dschunke gründlich und krochen in allen Winkeln unter Deck herum, wurden aber durch den übelen Geruch der im unteren Schiffsraume gepökelten Fische bald zum Rück- zug gezwungen. Oben lenkten ein junger und ein alter Chinese Steuer und Segel; unten fanden wir eine junge Frau mit ihren Kindern, und einen blinden Alten der Netze strickte; -- sie schienen alle zu einer Familie zu gehören, welcher die Dschunke wahrschein- lich Haus und Hof war, sahen struppig und verkommen aus, thaten
Dschunken. Wassermänner. II.
unregelmässig gestellte Masten, wovon die kleineren vorn und hinten an den Borden befestigt sind; nur der Hauptmast steht durchgängig in der Mitte. — Die in der Fukian-Strasse gesehenen waren meist zweimastig, ihre Segel aus Bastmatten und Rotang, gross, viereckig und fächerförmig gespannt. Leichte Bambusrohre laufen, mit der Kauptraae parallel, in kurzen Entfernungen queer über das Segel, welches nur dadurch die gehörige Festigkeit erhält, denn ohne sie würden die Bastmatten in grosser Fläche dem Winde nicht Wider- stand leisten. Nur die Leichtigkeit des Bambusrohres macht diese Bauart möglich; das Segel würde bei jedem anderen Material zu schwer werden, um sich regieren zu lassen.
Wir sahen in der Fukian-Strasse, oft in grosser Entfernung von den Dschunken, eine Menge dunkeler Puncte auf der Meeres- fläche treiben, und waren sehr überrascht, durch das Fernrohr Menschen darin zu erkennen, die mit dem ganzen Oberleibe aus dem Wasser ragten und von den Wellen hin und her geschaukelt wurden, wie die leibhaftigen Tritonen. Das Räthsel löste sich erst, als Capitän Jachmann am siebenundzwanzigsten, da wir kreuzen mussten, ein Boot nach einer der Dschunken sandte um Fische zu kaufen. Es war grade kein Vorrath da, und der Schiffer winkte einen der nächsten Schwimmer heran, welcher kreuzbeinig auf einem kleinen viereckigen Bambusfloss sass und mit der Angel fischte. Sein Gewicht drückt das leichte Floss etwas unter den Meeresspiegel und mit den Beinen sitzt er im Wasser. So treiben sie, oft meilenweit entfernt, einsam auf der wogenden Fluth umher, eine Angelruthe in der Hand und neben sich einen Korb für die gefangenen Fische, wahrhaftige Wassermänner, denn gewöhnliche Adamssöhne könnten solche Existenz wohl kaum Tage lang ertragen. Ihr Fang besteht in jungen Haifischen, silberröthlichen Brassen, Saugfischen, Tintenfischen; ein kleines Boot unterhält die Verbindung mit dem Schiffe und bringt ihnen Nahrung.
Wir besahen die Dschunke gründlich und krochen in allen Winkeln unter Deck herum, wurden aber durch den übelen Geruch der im unteren Schiffsraume gepökelten Fische bald zum Rück- zug gezwungen. Oben lenkten ein junger und ein alter Chinese Steuer und Segel; unten fanden wir eine junge Frau mit ihren Kindern, und einen blinden Alten der Netze strickte; — sie schienen alle zu einer Familie zu gehören, welcher die Dschunke wahrschein- lich Haus und Hof war, sahen struppig und verkommen aus, thaten
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Dschunken. Wassermänner. II.
unregelmässig gestellte Masten, wovon die kleineren vorn und hinten
an den Borden befestigt sind; nur der Hauptmast steht durchgängig
in der Mitte. — Die in der Fukian-Strasse gesehenen waren meist
zweimastig, ihre Segel aus Bastmatten und Rotang, gross, viereckig
und fächerförmig gespannt. Leichte Bambusrohre laufen, mit der
Kauptraae parallel, in kurzen Entfernungen queer über das Segel,
welches nur dadurch die gehörige Festigkeit erhält, denn ohne sie
würden die Bastmatten in grosser Fläche dem Winde nicht Wider-
stand leisten. Nur die Leichtigkeit des Bambusrohres macht diese
Bauart möglich; das Segel würde bei jedem anderen Material zu
schwer werden, um sich regieren zu lassen.
Wir sahen in der Fukian-Strasse, oft in grosser Entfernung
von den Dschunken, eine Menge dunkeler Puncte auf der Meeres-
fläche treiben, und waren sehr überrascht, durch das Fernrohr
Menschen darin zu erkennen, die mit dem ganzen Oberleibe aus
dem Wasser ragten und von den Wellen hin und her geschaukelt
wurden, wie die leibhaftigen Tritonen. Das Räthsel löste sich erst,
als Capitän Jachmann am siebenundzwanzigsten, da wir kreuzen
mussten, ein Boot nach einer der Dschunken sandte um Fische
zu kaufen. Es war grade kein Vorrath da, und der Schiffer winkte
einen der nächsten Schwimmer heran, welcher kreuzbeinig auf
einem kleinen viereckigen Bambusfloss sass und mit der Angel
fischte. Sein Gewicht drückt das leichte Floss etwas unter den
Meeresspiegel und mit den Beinen sitzt er im Wasser. So treiben
sie, oft meilenweit entfernt, einsam auf der wogenden Fluth umher,
eine Angelruthe in der Hand und neben sich einen Korb für die
gefangenen Fische, wahrhaftige Wassermänner, denn gewöhnliche
Adamssöhne könnten solche Existenz wohl kaum Tage lang ertragen.
Ihr Fang besteht in jungen Haifischen, silberröthlichen Brassen,
Saugfischen, Tintenfischen; ein kleines Boot unterhält die Verbindung
mit dem Schiffe und bringt ihnen Nahrung.
Wir besahen die Dschunke gründlich und krochen in allen
Winkeln unter Deck herum, wurden aber durch den übelen Geruch
der im unteren Schiffsraume gepökelten Fische bald zum Rück-
zug gezwungen. Oben lenkten ein junger und ein alter Chinese
Steuer und Segel; unten fanden wir eine junge Frau mit ihren
Kindern, und einen blinden Alten der Netze strickte; — sie schienen
alle zu einer Familie zu gehören, welcher die Dschunke wahrschein-
lich Haus und Hof war, sahen struppig und verkommen aus, thaten
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/264>, abgerufen am 16.07.2024.
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