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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Segelmanöver. Matrosenleben. II.
zu nehmen. Ist dann ein Manöver auszuführen, so commandirt der
wachthabende Officier "Wache an Deck" oder "Wache und Frei-
wächter an Deck", oder "Alle Mann auf", je nach den erforderten
Kräften. Die meisten Commando's, namentlich bei den Segel-
manövern, werden von der Pfeife des Bootsmannes und der Unter-
officiere begleitet, welche durch alle Theile des Schiffes und in den
Masten hörbar, und in ihren Cadenzen der Mannschaft verständ-
lich ist.

Man sieht, der Seemann hat wenig Ruhe. Die Erfahrung
lehrt, dass unausgesetzte Thätigkeit das einzige Mittel ist, einen
guten Geist und heitere Stimmung unter den Matrosen zu erhalten.
Sie schlafen niemals volle vier Stunden hintereinander, und eine
um die andere Nacht nur vier Stunden im Ganzen; sie haben keine
andere freie Zeit, als die halben Stunden zum Frühstück und Abend-
brod und eine Stunde um Mittag, und sind den ganzen übrigen Tag
mit Dienst, Exercitien und Arbeiten unablässig beschäftigt. Die
Kost auf den königlichen Schiffen ist gut, reichlich und nahrhaft,
und die Leute sind meist gesund und kräftig. Gesalzenes Fleisch,
Hülsenfrüchte und Schiffszwieback sind ihre Hauptnahrungsmittel
auf See, -- in den Häfen erhalten sie möglichst viel frisches Fleisch
und Gemüse. Lebende Ochsen, Schaafe und Schweine werden auch,
so weit es der Raum gestattet, mit auf die Reise genommen, um
den Leuten einige Abwechselung in der Kost zu bereiten. Rum
bekommen die preussischen Matrosen nicht regelmässig, sondern
nur nach anstrengenden Arbeiten und bei schlechtem Wetter; den
Caffee dagegen können sie nicht entbehren. Tabak und andere Er-
frischungen darf ihnen der Bottelier -- der mit der Aufsicht über
die Mundvorräthe betraute Unterofficier -- gegen Baar verkaufen,
aber dem Rauchen setzt die wenige freie Zeit enge Grenzen. Auch
haben sie auf See meistens kein Geld: ein Drittheil der Löhnung
wird bei der Ankunft im Hafen ausgezahlt und ist bald verjubelt,
die beiden anderen Drittheile erst bei Ausserdienststellung des Schiffes
in der Heimath. Aber auch hier kann der ächte Seemann kein Geld
in der Tasche leiden und ruht nicht eher, bis er mit Allem fertig
ist. Matrosen, die von mehrjährigen Seereisen zurückkehren, erhalten
oft mehrere hundert Thaler auf einmal, und es kommt nicht selten
vor, dass "Jan Maat" ganze Hände voll blanker Thaler unter die
Strassenjugend auswirft. In den Häfen ist die Disciplin und gute
Stimmung weit schwerer zu erhalten als auf See, wo die Matrosen

Segelmanöver. Matrosenleben. II.
zu nehmen. Ist dann ein Manöver auszuführen, so commandirt der
wachthabende Officier »Wache an Deck« oder »Wache und Frei-
wächter an Deck«, oder »Alle Mann auf«, je nach den erforderten
Kräften. Die meisten Commando’s, namentlich bei den Segel-
manövern, werden von der Pfeife des Bootsmannes und der Unter-
officiere begleitet, welche durch alle Theile des Schiffes und in den
Masten hörbar, und in ihren Cadenzen der Mannschaft verständ-
lich ist.

Man sieht, der Seemann hat wenig Ruhe. Die Erfahrung
lehrt, dass unausgesetzte Thätigkeit das einzige Mittel ist, einen
guten Geist und heitere Stimmung unter den Matrosen zu erhalten.
Sie schlafen niemals volle vier Stunden hintereinander, und eine
um die andere Nacht nur vier Stunden im Ganzen; sie haben keine
andere freie Zeit, als die halben Stunden zum Frühstück und Abend-
brod und eine Stunde um Mittag, und sind den ganzen übrigen Tag
mit Dienst, Exercitien und Arbeiten unablässig beschäftigt. Die
Kost auf den königlichen Schiffen ist gut, reichlich und nahrhaft,
und die Leute sind meist gesund und kräftig. Gesalzenes Fleisch,
Hülsenfrüchte und Schiffszwieback sind ihre Hauptnahrungsmittel
auf See, — in den Häfen erhalten sie möglichst viel frisches Fleisch
und Gemüse. Lebende Ochsen, Schaafe und Schweine werden auch,
so weit es der Raum gestattet, mit auf die Reise genommen, um
den Leuten einige Abwechselung in der Kost zu bereiten. Rum
bekommen die preussischen Matrosen nicht regelmässig, sondern
nur nach anstrengenden Arbeiten und bei schlechtem Wetter; den
Caffee dagegen können sie nicht entbehren. Tabak und andere Er-
frischungen darf ihnen der Bottelier — der mit der Aufsicht über
die Mundvorräthe betraute Unterofficier — gegen Baar verkaufen,
aber dem Rauchen setzt die wenige freie Zeit enge Grenzen. Auch
haben sie auf See meistens kein Geld: ein Drittheil der Löhnung
wird bei der Ankunft im Hafen ausgezahlt und ist bald verjubelt,
die beiden anderen Drittheile erst bei Ausserdienststellung des Schiffes
in der Heimath. Aber auch hier kann der ächte Seemann kein Geld
in der Tasche leiden und ruht nicht eher, bis er mit Allem fertig
ist. Matrosen, die von mehrjährigen Seereisen zurückkehren, erhalten
oft mehrere hundert Thaler auf einmal, und es kommt nicht selten
vor, dass »Jan Maat« ganze Hände voll blanker Thaler unter die
Strassenjugend auswirft. In den Häfen ist die Disciplin und gute
Stimmung weit schwerer zu erhalten als auf See, wo die Matrosen

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[228/0258] Segelmanöver. Matrosenleben. II. zu nehmen. Ist dann ein Manöver auszuführen, so commandirt der wachthabende Officier »Wache an Deck« oder »Wache und Frei- wächter an Deck«, oder »Alle Mann auf«, je nach den erforderten Kräften. Die meisten Commando’s, namentlich bei den Segel- manövern, werden von der Pfeife des Bootsmannes und der Unter- officiere begleitet, welche durch alle Theile des Schiffes und in den Masten hörbar, und in ihren Cadenzen der Mannschaft verständ- lich ist. Man sieht, der Seemann hat wenig Ruhe. Die Erfahrung lehrt, dass unausgesetzte Thätigkeit das einzige Mittel ist, einen guten Geist und heitere Stimmung unter den Matrosen zu erhalten. Sie schlafen niemals volle vier Stunden hintereinander, und eine um die andere Nacht nur vier Stunden im Ganzen; sie haben keine andere freie Zeit, als die halben Stunden zum Frühstück und Abend- brod und eine Stunde um Mittag, und sind den ganzen übrigen Tag mit Dienst, Exercitien und Arbeiten unablässig beschäftigt. Die Kost auf den königlichen Schiffen ist gut, reichlich und nahrhaft, und die Leute sind meist gesund und kräftig. Gesalzenes Fleisch, Hülsenfrüchte und Schiffszwieback sind ihre Hauptnahrungsmittel auf See, — in den Häfen erhalten sie möglichst viel frisches Fleisch und Gemüse. Lebende Ochsen, Schaafe und Schweine werden auch, so weit es der Raum gestattet, mit auf die Reise genommen, um den Leuten einige Abwechselung in der Kost zu bereiten. Rum bekommen die preussischen Matrosen nicht regelmässig, sondern nur nach anstrengenden Arbeiten und bei schlechtem Wetter; den Caffee dagegen können sie nicht entbehren. Tabak und andere Er- frischungen darf ihnen der Bottelier — der mit der Aufsicht über die Mundvorräthe betraute Unterofficier — gegen Baar verkaufen, aber dem Rauchen setzt die wenige freie Zeit enge Grenzen. Auch haben sie auf See meistens kein Geld: ein Drittheil der Löhnung wird bei der Ankunft im Hafen ausgezahlt und ist bald verjubelt, die beiden anderen Drittheile erst bei Ausserdienststellung des Schiffes in der Heimath. Aber auch hier kann der ächte Seemann kein Geld in der Tasche leiden und ruht nicht eher, bis er mit Allem fertig ist. Matrosen, die von mehrjährigen Seereisen zurückkehren, erhalten oft mehrere hundert Thaler auf einmal, und es kommt nicht selten vor, dass »Jan Maat« ganze Hände voll blanker Thaler unter die Strassenjugend auswirft. In den Häfen ist die Disciplin und gute Stimmung weit schwerer zu erhalten als auf See, wo die Matrosen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/258>, abgerufen am 28.11.2024.