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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Verhandlungen zu Yeddo.
ganz auf den Umgang der Japaner angewiesen, von denen er un-
ausgesetzt die rührendsten Beweise des Wohlwollens und freund-
schaftlicher Zuneigung erhielt. Mr. Harris blickte in späteren
bewegten Zeiten noch immer mit Befriedigung auf seinen einsamen,
durch keinerlei Misshelligkeiten getrübten Aufenthalt in Simoda
zurück; er hat seine gute Meinung von der Aufrichtigkeit und
Loyalität der japanischen Regierung auch später unter den aller-
traurigsten Verhältnissen lange bewahrt, und dem oft übertriebenen
Argwohn der Vertreter anderer Mächte in versöhnender Weise das
Gleichgewicht gehalten. Er selbst sowohl als sein Secretär und
Dolmetscher Herr Heusken, ein Holländer von Geburt, haben es
verstanden, sich in die japanischen Zustände einzuleben wie Wenige,
und durch geschickte Combinationen und Benutzung der Umstände
Erfolge erreicht, die man sich zuvor nicht geträumt hatte.

Im Sommer 1857 erhielt Herr Harris ein eigenhändiges Schreiben
des Präsidenten der Vereinigten Staaten an den Siogun. Er zeigte
dies den Behörden von Simoda mit dem Bemerken an, dass er den
Brief nur dem Siogun selbst oder dessen Ministern einhändigen könne,
und dass er diesen mündlich wichtige Mittheilungen zu machen habe.
Die Hindernisse, welche man ihm in den Weg legte, schienen un-
überwindlich, aber Mr. Harris verweigerte standhaft die Ablieferung
des Schreibens, auch wenn besondere Bevollmächtigte von der
Hauptstadt zur Empfangnahme desselben nach Simoda kämen. Die
japanische Regierung gab endlich nach; der amerikanische Consul
ging mit Herrn Heusken zu Ende des Jahres 1857 nach Yeddo, wo
bald nachher auch Herr Donker Curtius aus Nangasaki eintraf.
Ihren Bemühungen gelang es die Minister des Siogun zu überzeugen,
dass die Zeit zu ferneren Zugeständnissen und zur Eröffnung des
Landes für den Verkehr der westlichen Völker gekommen sei, dass
die Ehre und der Vortheil Japans die Abschliessung neuer Verträge
auf friedlichem Wege und ohne die drohenden Demonstrationen
anderer Nationen abzuwarten, dringend erfordere. Das gleichzeitige
Auftreten der Engländer und Franzosen, welche damals in den nord-
chinesischen Meeren bedeutende Streitkräfte zusammenzogen, gab
diesen Vorstellungen Nachdruck, und die japanische Regierung willigte
ein. Die Verhandlungen dauerten mehrere Monate und wurden,
nachdem alle Paragraphen von beiden Seiten angenommen waren,
im April 1858 geschlossen; aber die Unterzeichnung der Verträge
konnten die Bevollmächtigten nicht erlangen: der Siogun, hiess es,

Verhandlungen zu Yeddo.
ganz auf den Umgang der Japaner angewiesen, von denen er un-
ausgesetzt die rührendsten Beweise des Wohlwollens und freund-
schaftlicher Zuneigung erhielt. Mr. Harris blickte in späteren
bewegten Zeiten noch immer mit Befriedigung auf seinen einsamen,
durch keinerlei Misshelligkeiten getrübten Aufenthalt in Simoda
zurück; er hat seine gute Meinung von der Aufrichtigkeit und
Loyalität der japanischen Regierung auch später unter den aller-
traurigsten Verhältnissen lange bewahrt, und dem oft übertriebenen
Argwohn der Vertreter anderer Mächte in versöhnender Weise das
Gleichgewicht gehalten. Er selbst sowohl als sein Secretär und
Dolmetscher Herr Heusken, ein Holländer von Geburt, haben es
verstanden, sich in die japanischen Zustände einzuleben wie Wenige,
und durch geschickte Combinationen und Benutzung der Umstände
Erfolge erreicht, die man sich zuvor nicht geträumt hatte.

Im Sommer 1857 erhielt Herr Harris ein eigenhändiges Schreiben
des Präsidenten der Vereinigten Staaten an den Siogun. Er zeigte
dies den Behörden von Simoda mit dem Bemerken an, dass er den
Brief nur dem Siogun selbst oder dessen Ministern einhändigen könne,
und dass er diesen mündlich wichtige Mittheilungen zu machen habe.
Die Hindernisse, welche man ihm in den Weg legte, schienen un-
überwindlich, aber Mr. Harris verweigerte standhaft die Ablieferung
des Schreibens, auch wenn besondere Bevollmächtigte von der
Hauptstadt zur Empfangnahme desselben nach Simoda kämen. Die
japanische Regierung gab endlich nach; der amerikanische Consul
ging mit Herrn Heusken zu Ende des Jahres 1857 nach Yeddo, wo
bald nachher auch Herr Donker Curtius aus Naṅgasaki eintraf.
Ihren Bemühungen gelang es die Minister des Siogun zu überzeugen,
dass die Zeit zu ferneren Zugeständnissen und zur Eröffnung des
Landes für den Verkehr der westlichen Völker gekommen sei, dass
die Ehre und der Vortheil Japans die Abschliessung neuer Verträge
auf friedlichem Wege und ohne die drohenden Demonstrationen
anderer Nationen abzuwarten, dringend erfordere. Das gleichzeitige
Auftreten der Engländer und Franzosen, welche damals in den nord-
chinesischen Meeren bedeutende Streitkräfte zusammenzogen, gab
diesen Vorstellungen Nachdruck, und die japanische Regierung willigte
ein. Die Verhandlungen dauerten mehrere Monate und wurden,
nachdem alle Paragraphen von beiden Seiten angenommen waren,
im April 1858 geschlossen; aber die Unterzeichnung der Verträge
konnten die Bevollmächtigten nicht erlangen: der Siogun, hiess es,

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[180/0210] Verhandlungen zu Yeddo. ganz auf den Umgang der Japaner angewiesen, von denen er un- ausgesetzt die rührendsten Beweise des Wohlwollens und freund- schaftlicher Zuneigung erhielt. Mr. Harris blickte in späteren bewegten Zeiten noch immer mit Befriedigung auf seinen einsamen, durch keinerlei Misshelligkeiten getrübten Aufenthalt in Simoda zurück; er hat seine gute Meinung von der Aufrichtigkeit und Loyalität der japanischen Regierung auch später unter den aller- traurigsten Verhältnissen lange bewahrt, und dem oft übertriebenen Argwohn der Vertreter anderer Mächte in versöhnender Weise das Gleichgewicht gehalten. Er selbst sowohl als sein Secretär und Dolmetscher Herr Heusken, ein Holländer von Geburt, haben es verstanden, sich in die japanischen Zustände einzuleben wie Wenige, und durch geschickte Combinationen und Benutzung der Umstände Erfolge erreicht, die man sich zuvor nicht geträumt hatte. Im Sommer 1857 erhielt Herr Harris ein eigenhändiges Schreiben des Präsidenten der Vereinigten Staaten an den Siogun. Er zeigte dies den Behörden von Simoda mit dem Bemerken an, dass er den Brief nur dem Siogun selbst oder dessen Ministern einhändigen könne, und dass er diesen mündlich wichtige Mittheilungen zu machen habe. Die Hindernisse, welche man ihm in den Weg legte, schienen un- überwindlich, aber Mr. Harris verweigerte standhaft die Ablieferung des Schreibens, auch wenn besondere Bevollmächtigte von der Hauptstadt zur Empfangnahme desselben nach Simoda kämen. Die japanische Regierung gab endlich nach; der amerikanische Consul ging mit Herrn Heusken zu Ende des Jahres 1857 nach Yeddo, wo bald nachher auch Herr Donker Curtius aus Naṅgasaki eintraf. Ihren Bemühungen gelang es die Minister des Siogun zu überzeugen, dass die Zeit zu ferneren Zugeständnissen und zur Eröffnung des Landes für den Verkehr der westlichen Völker gekommen sei, dass die Ehre und der Vortheil Japans die Abschliessung neuer Verträge auf friedlichem Wege und ohne die drohenden Demonstrationen anderer Nationen abzuwarten, dringend erfordere. Das gleichzeitige Auftreten der Engländer und Franzosen, welche damals in den nord- chinesischen Meeren bedeutende Streitkräfte zusammenzogen, gab diesen Vorstellungen Nachdruck, und die japanische Regierung willigte ein. Die Verhandlungen dauerten mehrere Monate und wurden, nachdem alle Paragraphen von beiden Seiten angenommen waren, im April 1858 geschlossen; aber die Unterzeichnung der Verträge konnten die Bevollmächtigten nicht erlangen: der Siogun, hiess es,

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/210>, abgerufen am 24.11.2024.