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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Der englische, der russische und der holländische Vertrag.
brachten dann aber in wenig Tagen einen Freundschaftsvertrag zu
Stande, dessen Inhalt dem des amerikanischen ganz ähnlich war.
Einige Monate darauf schlossen auch die Russen in Simoda einen
Vertrag, der ausser den Artikeln der amerikanischen und englischen
Tractate noch wichtige Grenzbestimmungen enthielt: Urup und die
nördlichen Kurilen kamen dadurch definitiv unter russische Herrschaft.
Die Häfen Nangasaki, Hakodade und Simoda sollten den russischen
Schiffen offen stehen, im Falle der Noth auch alle übrigen. -- Damals
während des Krimkrieges stellte sich die Wichtigkeit der japanischen
Häfen sowohl für die englischen als für die russischen Schiffe sehr
deutlich heraus. -- In den genannten Hafenplätzen wurden nun auch
Friedhöfe für die Fremden angewiesen. Den Artikel der meistbegün-
stigten Nation enthielt auch der russische Vertrag, ebenso der fran-
zösische, welchen bald nachher Baron Gros abschloss.

Alle diese waren nur Freundschafts- und Schiffahrts-
verträge; die Holländer blieben immer noch -- mit den Chinesen --
im alleinigen beschränkten Besitze des ausländischen Handels. In
dem Antwortschreiben, welches Sir James Stirling aus Yeddo er-
hielt, heisst es ausdrücklich, man werde ihm alle den anderen
Nationen gewährten Begünstigungen zugestehen, mit Ausnahme der
besonderen Handelsvortheile, welche die Holländer und die Chinesen
genössen. Die niederländische Regierung erlangte nun auch durch
ihren Bevollmächtigten Herrn Donker Curtius die Aufhebung der
lästigen Beschränkungen, welchen die Bewohner von Desima unter-
worfen waren: in dem Vertrage vom 5. November 1855 wurde aus-
drücklich bestimmt, dass sie von nun an volle persönliche Freiheit
und das Recht haben sollten, die Insel nach Belieben zu verlassen
und sich in Nangasaki und seinem Gebiete frei zu bewegen. Auch
in allen übrigen Puncten wurden sie den anderen Nationen gleich-
gestellt, und erhielten wie jene die Erlaubniss nach Simoda und
Hakodade zu kommen. -- Herr Donker Curtius blieb als nieder-
ländischer Commissar in Nangasaki, um bei der ferneren Entwicke-
lung der Verkehrsverhältnisse das Interesse seiner Regierung wahr-
zunehmen. Er schloss am 30. Januar 1856 einen neuen Vertrag ab,
durch welchen weitere Vortheile erreicht wurden, unter anderen
die Zulassung der Frauen und Kinder der Niederländer in den
geöffneten Häfen, die freie Ausübung des Gottesdienstes, und die
Erlaubniss, ihre Waaren ohne Dazwischenkunft der Behörden an
die japanischen Kaufleute zu veräussern, japanische Erzeugnisse

I. 12

Der englische, der russische und der holländische Vertrag.
brachten dann aber in wenig Tagen einen Freundschaftsvertrag zu
Stande, dessen Inhalt dem des amerikanischen ganz ähnlich war.
Einige Monate darauf schlossen auch die Russen in Simoda einen
Vertrag, der ausser den Artikeln der amerikanischen und englischen
Tractate noch wichtige Grenzbestimmungen enthielt: Urup und die
nördlichen Kurilen kamen dadurch definitiv unter russische Herrschaft.
Die Häfen Naṅgasaki, Hakodade und Simoda sollten den russischen
Schiffen offen stehen, im Falle der Noth auch alle übrigen. — Damals
während des Krimkrieges stellte sich die Wichtigkeit der japanischen
Häfen sowohl für die englischen als für die russischen Schiffe sehr
deutlich heraus. — In den genannten Hafenplätzen wurden nun auch
Friedhöfe für die Fremden angewiesen. Den Artikel der meistbegün-
stigten Nation enthielt auch der russische Vertrag, ebenso der fran-
zösische, welchen bald nachher Baron Gros abschloss.

Alle diese waren nur Freundschafts- und Schiffahrts-
verträge; die Holländer blieben immer noch — mit den Chinesen —
im alleinigen beschränkten Besitze des ausländischen Handels. In
dem Antwortschreiben, welches Sir James Stirling aus Yeddo er-
hielt, heisst es ausdrücklich, man werde ihm alle den anderen
Nationen gewährten Begünstigungen zugestehen, mit Ausnahme der
besonderen Handelsvortheile, welche die Holländer und die Chinesen
genössen. Die niederländische Regierung erlangte nun auch durch
ihren Bevollmächtigten Herrn Donker Curtius die Aufhebung der
lästigen Beschränkungen, welchen die Bewohner von Desima unter-
worfen waren: in dem Vertrage vom 5. November 1855 wurde aus-
drücklich bestimmt, dass sie von nun an volle persönliche Freiheit
und das Recht haben sollten, die Insel nach Belieben zu verlassen
und sich in Naṅgasaki und seinem Gebiete frei zu bewegen. Auch
in allen übrigen Puncten wurden sie den anderen Nationen gleich-
gestellt, und erhielten wie jene die Erlaubniss nach Simoda und
Hakodade zu kommen. — Herr Donker Curtius blieb als nieder-
ländischer Commissar in Naṅgasaki, um bei der ferneren Entwicke-
lung der Verkehrsverhältnisse das Interesse seiner Regierung wahr-
zunehmen. Er schloss am 30. Januar 1856 einen neuen Vertrag ab,
durch welchen weitere Vortheile erreicht wurden, unter anderen
die Zulassung der Frauen und Kinder der Niederländer in den
geöffneten Häfen, die freie Ausübung des Gottesdienstes, und die
Erlaubniss, ihre Waaren ohne Dazwischenkunft der Behörden an
die japanischen Kaufleute zu veräussern, japanische Erzeugnisse

I. 12
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[177/0207] Der englische, der russische und der holländische Vertrag. brachten dann aber in wenig Tagen einen Freundschaftsvertrag zu Stande, dessen Inhalt dem des amerikanischen ganz ähnlich war. Einige Monate darauf schlossen auch die Russen in Simoda einen Vertrag, der ausser den Artikeln der amerikanischen und englischen Tractate noch wichtige Grenzbestimmungen enthielt: Urup und die nördlichen Kurilen kamen dadurch definitiv unter russische Herrschaft. Die Häfen Naṅgasaki, Hakodade und Simoda sollten den russischen Schiffen offen stehen, im Falle der Noth auch alle übrigen. — Damals während des Krimkrieges stellte sich die Wichtigkeit der japanischen Häfen sowohl für die englischen als für die russischen Schiffe sehr deutlich heraus. — In den genannten Hafenplätzen wurden nun auch Friedhöfe für die Fremden angewiesen. Den Artikel der meistbegün- stigten Nation enthielt auch der russische Vertrag, ebenso der fran- zösische, welchen bald nachher Baron Gros abschloss. Alle diese waren nur Freundschafts- und Schiffahrts- verträge; die Holländer blieben immer noch — mit den Chinesen — im alleinigen beschränkten Besitze des ausländischen Handels. In dem Antwortschreiben, welches Sir James Stirling aus Yeddo er- hielt, heisst es ausdrücklich, man werde ihm alle den anderen Nationen gewährten Begünstigungen zugestehen, mit Ausnahme der besonderen Handelsvortheile, welche die Holländer und die Chinesen genössen. Die niederländische Regierung erlangte nun auch durch ihren Bevollmächtigten Herrn Donker Curtius die Aufhebung der lästigen Beschränkungen, welchen die Bewohner von Desima unter- worfen waren: in dem Vertrage vom 5. November 1855 wurde aus- drücklich bestimmt, dass sie von nun an volle persönliche Freiheit und das Recht haben sollten, die Insel nach Belieben zu verlassen und sich in Naṅgasaki und seinem Gebiete frei zu bewegen. Auch in allen übrigen Puncten wurden sie den anderen Nationen gleich- gestellt, und erhielten wie jene die Erlaubniss nach Simoda und Hakodade zu kommen. — Herr Donker Curtius blieb als nieder- ländischer Commissar in Naṅgasaki, um bei der ferneren Entwicke- lung der Verkehrsverhältnisse das Interesse seiner Regierung wahr- zunehmen. Er schloss am 30. Januar 1856 einen neuen Vertrag ab, durch welchen weitere Vortheile erreicht wurden, unter anderen die Zulassung der Frauen und Kinder der Niederländer in den geöffneten Häfen, die freie Ausübung des Gottesdienstes, und die Erlaubniss, ihre Waaren ohne Dazwischenkunft der Behörden an die japanischen Kaufleute zu veräussern, japanische Erzeugnisse I. 12

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/207>, abgerufen am 24.11.2024.