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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Der Morrison. Der Manhattan.
Anknüpfung zu dienen. So kam 1837 der Morrison, ein von einem
amerikanischen Handelshause in China ausgerüstetes Kauffahrthei-
schiff, mit einigen schiffbrüchigen Japanern an Bord nach der Bai
von Yeddo und ankerte vor Uraga 174). Der Befehlshaber hatte
seine Kanonen in Macao gelassen, um sie nicht ausliefern zu müssen,
die Japaner aber machten, da sie es mit einem Kauffahrer zu thun
hatten, wenig Umstände: sie weigerten sich die Schiffbrüchigen
aufzunehmen, welche nur durch die Holländer zurückgeführt werden
dürften, und vertrieben das Schiff mit Kanonenkugeln. Aehnlich
war die Begrüssung, als der Morrison an der Küste von Kiusiu vor
Anker gehen wollte. -- Höflicher wurde im Jahre 1845 der ameri-
kanische Wallfischfänger Manhattan behandelt, der zweiundzwanzig
Japaner theils von einer wüsten Insel, theils aus einer beschädigten
Dschunke gerettet hatte. Der Befehlshaber liess zwei von ihnen
an der nächsten Küste von Nippon landen, um die Nachricht von
ihrer Rettung und ein Gesuch um Wasser und frische Lebensmittel
nach der Hauptstadt zu bringen, und segelte dann nach Uraga.
Die Japaner liessen das Schiff ohne Umstände ankern und behan-
delten nach Ablieferung der Geschütze die Mannschaft mit grosser
Freundlichkeit; die Aufnahme der Schiffbrüchigen erfolgte ohne
Weigerung, da sie nicht in fremdem Lande gewesen waren, und
die Behörden dankten für deren Rettung und gute Verpflegung.
Der Capitän, dem es um keinen ferneren Verkehr zu thun war,
erhielt unentgeltlich Wasser, Holz und Lebensmittel in Menge. Bei
der Abfahrt übergab man ihm eine holländisch abgefasste Empfangs-
bescheinigung über die Geretteten, mit dem Zusatz, dass er
künftig die japanischen Küsten nicht mehr anlaufen, sondern alle
diesem Lande angehörigen Schiffbrüchigen nach einem holländischen
Hafen bringen möge. Viele Japaner besuchten das Schiff, doch
durfte von den Amerikanern Niemand das Land betreten.

Es wurde indessen dem Bewusstsein der handeltreibenden
Völker immer klarer, dass die Stellung Japans nicht länger so
bleiben könne. Die zunehmende Bevölkerung und der wachsende
Wohlstand, die Fortschritte der Humanität und Bildung in der
civilisirten Welt entwickelten das Bedürfniss nach Kraftäusserung
und Ausbreitung im Raume immer lebhafter, der allgemeine Verkehr
und der freie Austausch der Erzeugnisse wurden zur Nothwendigkeit.

174) An Bord des Morrison befanden sich die protestantischen Missionare Gutzlaff
und Parker.

Der Morrison. Der Manhattan.
Anknüpfung zu dienen. So kam 1837 der Morrison, ein von einem
amerikanischen Handelshause in China ausgerüstetes Kauffahrthei-
schiff, mit einigen schiffbrüchigen Japanern an Bord nach der Bai
von Yeddo und ankerte vor Uraga 174). Der Befehlshaber hatte
seine Kanonen in Macao gelassen, um sie nicht ausliefern zu müssen,
die Japaner aber machten, da sie es mit einem Kauffahrer zu thun
hatten, wenig Umstände: sie weigerten sich die Schiffbrüchigen
aufzunehmen, welche nur durch die Holländer zurückgeführt werden
dürften, und vertrieben das Schiff mit Kanonenkugeln. Aehnlich
war die Begrüssung, als der Morrison an der Küste von Kiusiu vor
Anker gehen wollte. — Höflicher wurde im Jahre 1845 der ameri-
kanische Wallfischfänger Manhattan behandelt, der zweiundzwanzig
Japaner theils von einer wüsten Insel, theils aus einer beschädigten
Dschunke gerettet hatte. Der Befehlshaber liess zwei von ihnen
an der nächsten Küste von Nippon landen, um die Nachricht von
ihrer Rettung und ein Gesuch um Wasser und frische Lebensmittel
nach der Hauptstadt zu bringen, und segelte dann nach Uraga.
Die Japaner liessen das Schiff ohne Umstände ankern und behan-
delten nach Ablieferung der Geschütze die Mannschaft mit grosser
Freundlichkeit; die Aufnahme der Schiffbrüchigen erfolgte ohne
Weigerung, da sie nicht in fremdem Lande gewesen waren, und
die Behörden dankten für deren Rettung und gute Verpflegung.
Der Capitän, dem es um keinen ferneren Verkehr zu thun war,
erhielt unentgeltlich Wasser, Holz und Lebensmittel in Menge. Bei
der Abfahrt übergab man ihm eine holländisch abgefasste Empfangs-
bescheinigung über die Geretteten, mit dem Zusatz, dass er
künftig die japanischen Küsten nicht mehr anlaufen, sondern alle
diesem Lande angehörigen Schiffbrüchigen nach einem holländischen
Hafen bringen möge. Viele Japaner besuchten das Schiff, doch
durfte von den Amerikanern Niemand das Land betreten.

Es wurde indessen dem Bewusstsein der handeltreibenden
Völker immer klarer, dass die Stellung Japans nicht länger so
bleiben könne. Die zunehmende Bevölkerung und der wachsende
Wohlstand, die Fortschritte der Humanität und Bildung in der
civilisirten Welt entwickelten das Bedürfniss nach Kraftäusserung
und Ausbreitung im Raume immer lebhafter, der allgemeine Verkehr
und der freie Austausch der Erzeugnisse wurden zur Nothwendigkeit.

174) An Bord des Morrison befanden sich die protestantischen Missionare Gutzlaff
und Parker.
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[171/0201] Der Morrison. Der Manhattan. Anknüpfung zu dienen. So kam 1837 der Morrison, ein von einem amerikanischen Handelshause in China ausgerüstetes Kauffahrthei- schiff, mit einigen schiffbrüchigen Japanern an Bord nach der Bai von Yeddo und ankerte vor Uraga 174). Der Befehlshaber hatte seine Kanonen in Macao gelassen, um sie nicht ausliefern zu müssen, die Japaner aber machten, da sie es mit einem Kauffahrer zu thun hatten, wenig Umstände: sie weigerten sich die Schiffbrüchigen aufzunehmen, welche nur durch die Holländer zurückgeführt werden dürften, und vertrieben das Schiff mit Kanonenkugeln. Aehnlich war die Begrüssung, als der Morrison an der Küste von Kiusiu vor Anker gehen wollte. — Höflicher wurde im Jahre 1845 der ameri- kanische Wallfischfänger Manhattan behandelt, der zweiundzwanzig Japaner theils von einer wüsten Insel, theils aus einer beschädigten Dschunke gerettet hatte. Der Befehlshaber liess zwei von ihnen an der nächsten Küste von Nippon landen, um die Nachricht von ihrer Rettung und ein Gesuch um Wasser und frische Lebensmittel nach der Hauptstadt zu bringen, und segelte dann nach Uraga. Die Japaner liessen das Schiff ohne Umstände ankern und behan- delten nach Ablieferung der Geschütze die Mannschaft mit grosser Freundlichkeit; die Aufnahme der Schiffbrüchigen erfolgte ohne Weigerung, da sie nicht in fremdem Lande gewesen waren, und die Behörden dankten für deren Rettung und gute Verpflegung. Der Capitän, dem es um keinen ferneren Verkehr zu thun war, erhielt unentgeltlich Wasser, Holz und Lebensmittel in Menge. Bei der Abfahrt übergab man ihm eine holländisch abgefasste Empfangs- bescheinigung über die Geretteten, mit dem Zusatz, dass er künftig die japanischen Küsten nicht mehr anlaufen, sondern alle diesem Lande angehörigen Schiffbrüchigen nach einem holländischen Hafen bringen möge. Viele Japaner besuchten das Schiff, doch durfte von den Amerikanern Niemand das Land betreten. Es wurde indessen dem Bewusstsein der handeltreibenden Völker immer klarer, dass die Stellung Japans nicht länger so bleiben könne. Die zunehmende Bevölkerung und der wachsende Wohlstand, die Fortschritte der Humanität und Bildung in der civilisirten Welt entwickelten das Bedürfniss nach Kraftäusserung und Ausbreitung im Raume immer lebhafter, der allgemeine Verkehr und der freie Austausch der Erzeugnisse wurden zur Nothwendigkeit. 174) An Bord des Morrison befanden sich die protestantischen Missionare Gutzlaff und Parker.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/201>, abgerufen am 23.11.2024.