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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Stellung der Holländer.
sofort von einer zahlreichen Bootsflotte umringt, und von seinem
Geschütz und Steuerruder befreit wurde. Man behandelte die Eng-
länder freundlich, und fragte, ob sie jetzt Freunde der Holländer
seien und ob das Schiff der East-India-Company gehöre, schlug
aber ihre Gesuche um Anknüpfung des Verkehrs rund ab.

Es ist den Holländern ein Vorwurf daraus gemacht worden,
dass sie ihren Einfluss auf die Landesregierung benutzt haben, um
alle anderen Nationen vom Verkehr mit Japan fern zu halten. Wenn
dies in früheren Zeiten geschah, so ist es kaum verwunderlich,
denn ihre Stellung war eine rein commercielle, keine politische.
Von Jahr zu Jahr wurde es schwerer, den Handel mit Vortheil zu
betreiben; wie sollten sie unter diesen Verhältnissen die Concurrenz
nicht abzuwehren suchen! Man hat aber auch ihren Einfluss auf
die japanische Regierung überschätzt: noch zur Zeit des Titsingh
und Doeff stand das politische System des Jyeyas in voller Kraft,
und sie sprechen es deutlich aus, dass die Japaner sich nicht leicht
von einer Regierungsform trennen würden, welche das Reich 200
Jahre in Frieden erhalten und zu nie gekannter Blüthe erhoben
hatte, und welche die Ausschliessung der Fremden forderte, dass
Japan keiner Einfuhr von aussen bedürfe, und den Verkehr mit
den Holländern nicht des Gewinnes halber dulde, der für ein so
grosses Land ganz ohne Belang, wenn überhaupt vorhanden sei.
Ihre eifrige Verwendung für andere Nationen hätte ihnen bei dem
argwöhnischen Charakter der Japaner leicht den eigenen Handel
kosten können, welcher schon auf den allergeringsten Umfang redu-
cirt war, denn sie erhielten kaum für ein Schiff genügende Rück-
fracht. Dass sie unter diesen Umständen auf alle fremden Eindring-
linge eifersüchtig, und dass ihnen die Engländer besonders verhasst
waren, welche sie überall verdrängt und ihren Handel in Ostindien
zu Grunde gerichtet hatten, ist nicht befremdend. Als später unter
den veränderten Verhältnissen des Welthandels die niederländische
Regierung die japanische zur Eröffnung des Landes zu bewegen
suchte, blieben ihre Bemühungen ohne allen Erfolg. Japan wäre
vielleicht noch heute den Fremden verschlossen, wenn man den
Verkehr nicht ertrotzt hätte.

Der Handelsvorsteher Blomhoff sowohl als seine Nachfolger
in späteren Jahren wurden bei ihren Hofreisen in Yeddo jedes-
mal bis in das Kleinste über die Gestaltung der Verhältnisse in
der westlichen Welt ausgefragt. Das immer häufigere Erscheinen

Stellung der Holländer.
sofort von einer zahlreichen Bootsflotte umringt, und von seinem
Geschütz und Steuerruder befreit wurde. Man behandelte die Eng-
länder freundlich, und fragte, ob sie jetzt Freunde der Holländer
seien und ob das Schiff der East-India-Company gehöre, schlug
aber ihre Gesuche um Anknüpfung des Verkehrs rund ab.

Es ist den Holländern ein Vorwurf daraus gemacht worden,
dass sie ihren Einfluss auf die Landesregierung benutzt haben, um
alle anderen Nationen vom Verkehr mit Japan fern zu halten. Wenn
dies in früheren Zeiten geschah, so ist es kaum verwunderlich,
denn ihre Stellung war eine rein commercielle, keine politische.
Von Jahr zu Jahr wurde es schwerer, den Handel mit Vortheil zu
betreiben; wie sollten sie unter diesen Verhältnissen die Concurrenz
nicht abzuwehren suchen! Man hat aber auch ihren Einfluss auf
die japanische Regierung überschätzt: noch zur Zeit des Titsingh
und Doeff stand das politische System des Jyeyas in voller Kraft,
und sie sprechen es deutlich aus, dass die Japaner sich nicht leicht
von einer Regierungsform trennen würden, welche das Reich 200
Jahre in Frieden erhalten und zu nie gekannter Blüthe erhoben
hatte, und welche die Ausschliessung der Fremden forderte, dass
Japan keiner Einfuhr von aussen bedürfe, und den Verkehr mit
den Holländern nicht des Gewinnes halber dulde, der für ein so
grosses Land ganz ohne Belang, wenn überhaupt vorhanden sei.
Ihre eifrige Verwendung für andere Nationen hätte ihnen bei dem
argwöhnischen Charakter der Japaner leicht den eigenen Handel
kosten können, welcher schon auf den allergeringsten Umfang redu-
cirt war, denn sie erhielten kaum für ein Schiff genügende Rück-
fracht. Dass sie unter diesen Umständen auf alle fremden Eindring-
linge eifersüchtig, und dass ihnen die Engländer besonders verhasst
waren, welche sie überall verdrängt und ihren Handel in Ostindien
zu Grunde gerichtet hatten, ist nicht befremdend. Als später unter
den veränderten Verhältnissen des Welthandels die niederländische
Regierung die japanische zur Eröffnung des Landes zu bewegen
suchte, blieben ihre Bemühungen ohne allen Erfolg. Japan wäre
vielleicht noch heute den Fremden verschlossen, wenn man den
Verkehr nicht ertrotzt hätte.

Der Handelsvorsteher Blomhoff sowohl als seine Nachfolger
in späteren Jahren wurden bei ihren Hofreisen in Yeddo jedes-
mal bis in das Kleinste über die Gestaltung der Verhältnisse in
der westlichen Welt ausgefragt. Das immer häufigere Erscheinen

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[168/0198] Stellung der Holländer. sofort von einer zahlreichen Bootsflotte umringt, und von seinem Geschütz und Steuerruder befreit wurde. Man behandelte die Eng- länder freundlich, und fragte, ob sie jetzt Freunde der Holländer seien und ob das Schiff der East-India-Company gehöre, schlug aber ihre Gesuche um Anknüpfung des Verkehrs rund ab. Es ist den Holländern ein Vorwurf daraus gemacht worden, dass sie ihren Einfluss auf die Landesregierung benutzt haben, um alle anderen Nationen vom Verkehr mit Japan fern zu halten. Wenn dies in früheren Zeiten geschah, so ist es kaum verwunderlich, denn ihre Stellung war eine rein commercielle, keine politische. Von Jahr zu Jahr wurde es schwerer, den Handel mit Vortheil zu betreiben; wie sollten sie unter diesen Verhältnissen die Concurrenz nicht abzuwehren suchen! Man hat aber auch ihren Einfluss auf die japanische Regierung überschätzt: noch zur Zeit des Titsingh und Doeff stand das politische System des Jyeyas in voller Kraft, und sie sprechen es deutlich aus, dass die Japaner sich nicht leicht von einer Regierungsform trennen würden, welche das Reich 200 Jahre in Frieden erhalten und zu nie gekannter Blüthe erhoben hatte, und welche die Ausschliessung der Fremden forderte, dass Japan keiner Einfuhr von aussen bedürfe, und den Verkehr mit den Holländern nicht des Gewinnes halber dulde, der für ein so grosses Land ganz ohne Belang, wenn überhaupt vorhanden sei. Ihre eifrige Verwendung für andere Nationen hätte ihnen bei dem argwöhnischen Charakter der Japaner leicht den eigenen Handel kosten können, welcher schon auf den allergeringsten Umfang redu- cirt war, denn sie erhielten kaum für ein Schiff genügende Rück- fracht. Dass sie unter diesen Umständen auf alle fremden Eindring- linge eifersüchtig, und dass ihnen die Engländer besonders verhasst waren, welche sie überall verdrängt und ihren Handel in Ostindien zu Grunde gerichtet hatten, ist nicht befremdend. Als später unter den veränderten Verhältnissen des Welthandels die niederländische Regierung die japanische zur Eröffnung des Landes zu bewegen suchte, blieben ihre Bemühungen ohne allen Erfolg. Japan wäre vielleicht noch heute den Fremden verschlossen, wenn man den Verkehr nicht ertrotzt hätte. Der Handelsvorsteher Blomhoff sowohl als seine Nachfolger in späteren Jahren wurden bei ihren Hofreisen in Yeddo jedes- mal bis in das Kleinste über die Gestaltung der Verhältnisse in der westlichen Welt ausgefragt. Das immer häufigere Erscheinen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/198>, abgerufen am 24.11.2024.