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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Kaiserliche Statthalter.
Mitglieder des Lehnsadels scheinen darunter zu sein. Alle hohen
Staatsbeamten heissen Bunyo, so die Gesandten, Generale, Unter-
Staatssecretäre, Regierungspräsidenten, Steuerdirektoren u. s. w.
Bestimmte Carrieren scheint es nicht zu geben, ein Staatsrath kann
plötzlich zum Admiral ernannt werden; doch scheinen einige Aemter,
auch abgesehen vom militärischen Range, in bestimmten Familien
erblich zu sein 125).

Diejenigen Bunyo's, welche Statthalter der kaiserlichen Ge-
biete sind, haben dort eine ganz ähnliche Stellung wie die Daimio's
auf ihren Territorien; sie haben dieselben Rechte und dieselbe Ver-
antwortung, müssen auch wie Jene ein um das andere Jahr in Yeddo
zubringen und während ihrer Abwesenheit die Familie dort lassen.
Die Statthalterstellen sind deshalb immer doppelt besetzt: der fun-
girende Beamte berichtet alle Angelegenheiten an seinen in Yeddo
wohnenden Doppelgänger, welcher die Verbindung mit der Central-
behörde vermittelt. Sie werden wie die Lehnsfürsten von officiellen
Aufpassern und geheimen Spionen überwacht. -- Die Bunyo's regieren
die grosse Schaar der Ober- und Unter-Banyosen und der niederen
Beamten oder Yakunine 126), deren Familien denen der Bunyo's
durch eine Art Vasallenverhältniss erblich verbunden zu sein scheinen.
Sie sind ihre persönlichen Beamten, für welche sie verantwortlich
sind wie der Lehnsadel für die seinigen; sie bilden ihren Hofstaat,
begleiten sie in ihre Stellungen und stehen wahrscheinlich auch
unmittelbar in dem Solde der Bunyo's, so dass die Regierung
sowohl in Rücksicht auf die Verantwortung als auf die Besoldung
nur mit den höheren Beamten zu thun hat. Jeder kaiserliche Statt-
halter nimmt seine Unterbeamten mit sich in die Provinz und zurück
mit in die Hauptstadt; nur einige Stellungen, wie die der niederen
Polizei und andere, welche den Verkehr mit dem Volke vermitteln
oder grosse Ortskenntniss erfordern, sind nicht an die Person der
Bunyo's gebunden. Es giebt in den kaiserlichen Gebieten auch
Militärgouverneure und Domänenrentmeister, welche immer an Ort
und Stelle bleiben und nicht zum Aufenthalte in Yeddo ver-
pflichtet sind.


125) So z. B. die des kaiserlichen Leibarztes. Es ist Ehrensache ein solches
Amt nur an einen dazu Fähigen zu vererben; findet sich ein solcher nicht in der
Familie, so adoptirt das Familienhaupt den Geschicktesten der zu finden ist mit
Uebergehung der eigenen Söhne.
126) Yaku-nin heisst Beamter, wörtlich Amtmann.

Kaiserliche Statthalter.
Mitglieder des Lehnsadels scheinen darunter zu sein. Alle hohen
Staatsbeamten heissen Bunyo, so die Gesandten, Generale, Unter-
Staatssecretäre, Regierungspräsidenten, Steuerdirektoren u. s. w.
Bestimmte Carrieren scheint es nicht zu geben, ein Staatsrath kann
plötzlich zum Admiral ernannt werden; doch scheinen einige Aemter,
auch abgesehen vom militärischen Range, in bestimmten Familien
erblich zu sein 125).

Diejenigen Bunyo’s, welche Statthalter der kaiserlichen Ge-
biete sind, haben dort eine ganz ähnliche Stellung wie die Daïmio’s
auf ihren Territorien; sie haben dieselben Rechte und dieselbe Ver-
antwortung, müssen auch wie Jene ein um das andere Jahr in Yeddo
zubringen und während ihrer Abwesenheit die Familie dort lassen.
Die Statthalterstellen sind deshalb immer doppelt besetzt: der fun-
girende Beamte berichtet alle Angelegenheiten an seinen in Yeddo
wohnenden Doppelgänger, welcher die Verbindung mit der Central-
behörde vermittelt. Sie werden wie die Lehnsfürsten von officiellen
Aufpassern und geheimen Spionen überwacht. — Die Bunyo’s regieren
die grosse Schaar der Ober- und Unter-Banyosen und der niederen
Beamten oder Yakunine 126), deren Familien denen der Bunyo’s
durch eine Art Vasallenverhältniss erblich verbunden zu sein scheinen.
Sie sind ihre persönlichen Beamten, für welche sie verantwortlich
sind wie der Lehnsadel für die seinigen; sie bilden ihren Hofstaat,
begleiten sie in ihre Stellungen und stehen wahrscheinlich auch
unmittelbar in dem Solde der Bunyo’s, so dass die Regierung
sowohl in Rücksicht auf die Verantwortung als auf die Besoldung
nur mit den höheren Beamten zu thun hat. Jeder kaiserliche Statt-
halter nimmt seine Unterbeamten mit sich in die Provinz und zurück
mit in die Hauptstadt; nur einige Stellungen, wie die der niederen
Polizei und andere, welche den Verkehr mit dem Volke vermitteln
oder grosse Ortskenntniss erfordern, sind nicht an die Person der
Bunyo’s gebunden. Es giebt in den kaiserlichen Gebieten auch
Militärgouverneure und Domänenrentmeister, welche immer an Ort
und Stelle bleiben und nicht zum Aufenthalte in Yeddo ver-
pflichtet sind.


125) So z. B. die des kaiserlichen Leibarztes. Es ist Ehrensache ein solches
Amt nur an einen dazu Fähigen zu vererben; findet sich ein solcher nicht in der
Familie, so adoptirt das Familienhaupt den Geschicktesten der zu finden ist mit
Uebergehung der eigenen Söhne.
126) Yaku-nin heisst Beamter, wörtlich Amtmann.
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[123/0153] Kaiserliche Statthalter. Mitglieder des Lehnsadels scheinen darunter zu sein. Alle hohen Staatsbeamten heissen Bunyo, so die Gesandten, Generale, Unter- Staatssecretäre, Regierungspräsidenten, Steuerdirektoren u. s. w. Bestimmte Carrieren scheint es nicht zu geben, ein Staatsrath kann plötzlich zum Admiral ernannt werden; doch scheinen einige Aemter, auch abgesehen vom militärischen Range, in bestimmten Familien erblich zu sein 125). Diejenigen Bunyo’s, welche Statthalter der kaiserlichen Ge- biete sind, haben dort eine ganz ähnliche Stellung wie die Daïmio’s auf ihren Territorien; sie haben dieselben Rechte und dieselbe Ver- antwortung, müssen auch wie Jene ein um das andere Jahr in Yeddo zubringen und während ihrer Abwesenheit die Familie dort lassen. Die Statthalterstellen sind deshalb immer doppelt besetzt: der fun- girende Beamte berichtet alle Angelegenheiten an seinen in Yeddo wohnenden Doppelgänger, welcher die Verbindung mit der Central- behörde vermittelt. Sie werden wie die Lehnsfürsten von officiellen Aufpassern und geheimen Spionen überwacht. — Die Bunyo’s regieren die grosse Schaar der Ober- und Unter-Banyosen und der niederen Beamten oder Yakunine 126), deren Familien denen der Bunyo’s durch eine Art Vasallenverhältniss erblich verbunden zu sein scheinen. Sie sind ihre persönlichen Beamten, für welche sie verantwortlich sind wie der Lehnsadel für die seinigen; sie bilden ihren Hofstaat, begleiten sie in ihre Stellungen und stehen wahrscheinlich auch unmittelbar in dem Solde der Bunyo’s, so dass die Regierung sowohl in Rücksicht auf die Verantwortung als auf die Besoldung nur mit den höheren Beamten zu thun hat. Jeder kaiserliche Statt- halter nimmt seine Unterbeamten mit sich in die Provinz und zurück mit in die Hauptstadt; nur einige Stellungen, wie die der niederen Polizei und andere, welche den Verkehr mit dem Volke vermitteln oder grosse Ortskenntniss erfordern, sind nicht an die Person der Bunyo’s gebunden. Es giebt in den kaiserlichen Gebieten auch Militärgouverneure und Domänenrentmeister, welche immer an Ort und Stelle bleiben und nicht zum Aufenthalte in Yeddo ver- pflichtet sind. 125) So z. B. die des kaiserlichen Leibarztes. Es ist Ehrensache ein solches Amt nur an einen dazu Fähigen zu vererben; findet sich ein solcher nicht in der Familie, so adoptirt das Familienhaupt den Geschicktesten der zu finden ist mit Uebergehung der eigenen Söhne. 126) Yaku-nin heisst Beamter, wörtlich Amtmann.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/153>, abgerufen am 22.11.2024.