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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Die mächtigsten Lehnsfürsten. Die Samrai eine Kriegerkaste.
Hauptstadt, vielleicht auch besondere Verträge bedingten, die ein-
zelne Familien mit dem Siogun-Hause in alter Zeit geschlossen
hatten. Einer der reichsten und der mächtigste Daimio war immer
der Fürst von Satsuma, aus dessen Gebiet seit zwei Jahrhunderten
nur ein geheimer Spion lebendig zurückgekehrt sein soll. Diese und
andere angesehene Familien, wie Kanga, Muts, Yetsisen, Osio,
Nangato
haben die Siogun's von je her mit grosser Rücksicht
behandelt und durch Verschwägerung an ihr Haus zu fesseln gesucht.
Das System bedurfte, so ausgebildet, so vollkommen es war, doch
immer der geschicktesten Handhabung. -- In neuester Zeit, seit
Zulassung der Fremden, scheint die Centralregierung den grössten
Theil ihrer Macht über die Daimio's eingebüsst zu haben.

Die übrigen Samrai sind die Vasallen und Trabanten des
Siogun und der Daimio's. Der Adel ist wie gesagt eine Art Krieger-
kaste, zu der alle Beamten -- die kaiserlichen wie die fürstlichen, --
die Gelehrten, ein Theil der Aerzte und die Priester mehrerer Secten
gehören. Es giebt in dieser Classe unendlich viele Abstufungen,
Familien, die Ländereien zu Lehen haben, und andere, die ihre
Einkünfte direct aus der herrschaftlichen Kasse beziehen; aus letz-
teren scheinen die meisten Aemter und Stellen besetzt zu werden. Alle
diese Familien haben einen angestammten militärischen Rang, der
sich durch das dem Einzelnen übertragene Amt nicht ändert. Nur
dieser militärische Geburtsrang hat Geltung, das Amt ist etwas
Zufälliges und scheint weder zu erhöhen noch zu erniedrigen 117).
Natürlich werden die höheren und wichtigeren Stellungen gewöhn-
lich aus den vornehmeren Familien besetzt, doch kommt es häufig
vor, dass begabte Männer von niederem Adel die einflussreichsten
Aemter bekleiden. Ein gemeinsames Band umschlingt alle Samrai
und sondert sie vom Volke ab, aus welchem nur selten und für
ganz ungewöhnliches Verdienst Einzelne, sei es vom Siogun oder
von den Fürsten, in den Adelstand erhoben werden. Die Scheidung
vom Volke ist uralt und die Kluft so gross, dass der wohlhabendste
Kaufmann nur auf den Knieen liegend mit dem geringsten Samrai
redet. Die Samrai können niemals unter das Volk hinabsteigen und
sich durch Handwerk oder gar durch den Handel ihren Unterhalt
erwerben; ihre Geburt legt ihnen die bestimmtesten Verpflichtungen

117) So hatte der Adoptivsohn des kaiserlichen Leibarztes, welcher sich im
Herbst 1861 in Nangasaki befand, als Mitglied der kaiserlichen Leibwache höheren
Rang, als der zu derselben Zeit dort fungirende kaiserliche Statthalter.

Die mächtigsten Lehnsfürsten. Die Samraï eine Kriegerkaste.
Hauptstadt, vielleicht auch besondere Verträge bedingten, die ein-
zelne Familien mit dem Siogun-Hause in alter Zeit geschlossen
hatten. Einer der reichsten und der mächtigste Daïmio war immer
der Fürst von Satsuma, aus dessen Gebiet seit zwei Jahrhunderten
nur ein geheimer Spion lebendig zurückgekehrt sein soll. Diese und
andere angesehene Familien, wie Kaṅga, Muts, Yetsisen, Osio,
Naṅgato
haben die Siogun’s von je her mit grosser Rücksicht
behandelt und durch Verschwägerung an ihr Haus zu fesseln gesucht.
Das System bedurfte, so ausgebildet, so vollkommen es war, doch
immer der geschicktesten Handhabung. — In neuester Zeit, seit
Zulassung der Fremden, scheint die Centralregierung den grössten
Theil ihrer Macht über die Daïmio’s eingebüsst zu haben.

Die übrigen Samraï sind die Vasallen und Trabanten des
Siogun und der Daïmio’s. Der Adel ist wie gesagt eine Art Krieger-
kaste, zu der alle Beamten — die kaiserlichen wie die fürstlichen, —
die Gelehrten, ein Theil der Aerzte und die Priester mehrerer Secten
gehören. Es giebt in dieser Classe unendlich viele Abstufungen,
Familien, die Ländereien zu Lehen haben, und andere, die ihre
Einkünfte direct aus der herrschaftlichen Kasse beziehen; aus letz-
teren scheinen die meisten Aemter und Stellen besetzt zu werden. Alle
diese Familien haben einen angestammten militärischen Rang, der
sich durch das dem Einzelnen übertragene Amt nicht ändert. Nur
dieser militärische Geburtsrang hat Geltung, das Amt ist etwas
Zufälliges und scheint weder zu erhöhen noch zu erniedrigen 117).
Natürlich werden die höheren und wichtigeren Stellungen gewöhn-
lich aus den vornehmeren Familien besetzt, doch kommt es häufig
vor, dass begabte Männer von niederem Adel die einflussreichsten
Aemter bekleiden. Ein gemeinsames Band umschlingt alle Samraï
und sondert sie vom Volke ab, aus welchem nur selten und für
ganz ungewöhnliches Verdienst Einzelne, sei es vom Siogun oder
von den Fürsten, in den Adelstand erhoben werden. Die Scheidung
vom Volke ist uralt und die Kluft so gross, dass der wohlhabendste
Kaufmann nur auf den Knieen liegend mit dem geringsten Samraï
redet. Die Samraï können niemals unter das Volk hinabsteigen und
sich durch Handwerk oder gar durch den Handel ihren Unterhalt
erwerben; ihre Geburt legt ihnen die bestimmtesten Verpflichtungen

117) So hatte der Adoptivsohn des kaiserlichen Leibarztes, welcher sich im
Herbst 1861 in Naṅgasaki befand, als Mitglied der kaiserlichen Leibwache höheren
Rang, als der zu derselben Zeit dort fungirende kaiserliche Statthalter.
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[119/0149] Die mächtigsten Lehnsfürsten. Die Samraï eine Kriegerkaste. Hauptstadt, vielleicht auch besondere Verträge bedingten, die ein- zelne Familien mit dem Siogun-Hause in alter Zeit geschlossen hatten. Einer der reichsten und der mächtigste Daïmio war immer der Fürst von Satsuma, aus dessen Gebiet seit zwei Jahrhunderten nur ein geheimer Spion lebendig zurückgekehrt sein soll. Diese und andere angesehene Familien, wie Kaṅga, Muts, Yetsisen, Osio, Naṅgato haben die Siogun’s von je her mit grosser Rücksicht behandelt und durch Verschwägerung an ihr Haus zu fesseln gesucht. Das System bedurfte, so ausgebildet, so vollkommen es war, doch immer der geschicktesten Handhabung. — In neuester Zeit, seit Zulassung der Fremden, scheint die Centralregierung den grössten Theil ihrer Macht über die Daïmio’s eingebüsst zu haben. Die übrigen Samraï sind die Vasallen und Trabanten des Siogun und der Daïmio’s. Der Adel ist wie gesagt eine Art Krieger- kaste, zu der alle Beamten — die kaiserlichen wie die fürstlichen, — die Gelehrten, ein Theil der Aerzte und die Priester mehrerer Secten gehören. Es giebt in dieser Classe unendlich viele Abstufungen, Familien, die Ländereien zu Lehen haben, und andere, die ihre Einkünfte direct aus der herrschaftlichen Kasse beziehen; aus letz- teren scheinen die meisten Aemter und Stellen besetzt zu werden. Alle diese Familien haben einen angestammten militärischen Rang, der sich durch das dem Einzelnen übertragene Amt nicht ändert. Nur dieser militärische Geburtsrang hat Geltung, das Amt ist etwas Zufälliges und scheint weder zu erhöhen noch zu erniedrigen 117). Natürlich werden die höheren und wichtigeren Stellungen gewöhn- lich aus den vornehmeren Familien besetzt, doch kommt es häufig vor, dass begabte Männer von niederem Adel die einflussreichsten Aemter bekleiden. Ein gemeinsames Band umschlingt alle Samraï und sondert sie vom Volke ab, aus welchem nur selten und für ganz ungewöhnliches Verdienst Einzelne, sei es vom Siogun oder von den Fürsten, in den Adelstand erhoben werden. Die Scheidung vom Volke ist uralt und die Kluft so gross, dass der wohlhabendste Kaufmann nur auf den Knieen liegend mit dem geringsten Samraï redet. Die Samraï können niemals unter das Volk hinabsteigen und sich durch Handwerk oder gar durch den Handel ihren Unterhalt erwerben; ihre Geburt legt ihnen die bestimmtesten Verpflichtungen 117) So hatte der Adoptivsohn des kaiserlichen Leibarztes, welcher sich im Herbst 1861 in Naṅgasaki befand, als Mitglied der kaiserlichen Leibwache höheren Rang, als der zu derselben Zeit dort fungirende kaiserliche Statthalter.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/149>, abgerufen am 23.11.2024.