Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

anderer Theil.
wort-künstlerei (terminologie) der alten Rabbi-
nen erst lernen müsse, ehe er desen warheiten ver-
stehen, und daraus klug werden kan. Es sind
geschichten und lehrsätze in demselben enthalten.
Man darf nur der sprache kundig, und des ge-
brauchs seiner vernunft mächtig seyn, so verste-
het man, was der heilige Geist sagen will. Ti-
motheus konte es von kind auf begreifen. 2. Tim.
3, 15. in solchen jahren, da man die kunst-wör-
ter der elaßicalischen düsterheit zu begreifen noch
nicht fähig ist. Sogar die abgesagten feinde die-
ses worts, die kein rabbinisch buch jemahls gese-
hen hatten, waren dennoch im stande, das zu
verstehen, was in den heiligen büchern stunde.
Sonst hätten sie es so schrecklich nicht verlästern
können. Die lebendige, übernatürliche Erkent-
nis des göttlichen worts, entstehet freilich durch
die mit und in demselben würkende kraft des hei-
ligen geistes, der uns erleuchtet. Aber keine er-
leuchtung ist uns darzu verheisen, daß wir erst
die sprache selbst, und deren natürliche bedeu-
dungskraft, durch eine unmittelbare einsprache
des heiligen Geistes erlernen sollen. Das wäre
sonst eben soviel, als wann der heilige Geist bei
der Taufe, nicht allein das himlische, das mit
dem wasser verbunden ist, in uns würken, son-
dern auch jedesmal durch ein wunder, das was-
ser, das schon da ist, schaffen, oder es erst zu
galle machen, und sodann plötzlich wieder in was-
ser verwandeln müste.

§. 60.
Herrnhut. II. Th. F

anderer Theil.
wort-kuͤnſtlerei (terminologie) der alten Rabbi-
nen erſt lernen muͤſſe, ehe er deſen warheiten ver-
ſtehen, und daraus klug werden kan. Es ſind
geſchichten und lehrſaͤtze in demſelben enthalten.
Man darf nur der ſprache kundig, und des ge-
brauchs ſeiner vernunft maͤchtig ſeyn, ſo verſte-
het man, was der heilige Geiſt ſagen will. Ti-
motheus konte es von kind auf begreifen. 2. Tim.
3, 15. in ſolchen jahren, da man die kunſt-woͤr-
ter der elaßicaliſchen duͤſterheit zu begreifen noch
nicht faͤhig iſt. Sogar die abgeſagten feinde die-
ſes worts, die kein rabbiniſch buch jemahls geſe-
hen hatten, waren dennoch im ſtande, das zu
verſtehen, was in den heiligen buͤchern ſtunde.
Sonſt haͤtten ſie es ſo ſchrecklich nicht verlaͤſtern
koͤnnen. Die lebendige, uͤbernatuͤrliche Erkent-
nis des goͤttlichen worts, entſtehet freilich durch
die mit und in demſelben wuͤrkende kraft des hei-
ligen geiſtes, der uns erleuchtet. Aber keine er-
leuchtung iſt uns darzu verheiſen, daß wir erſt
die ſprache ſelbſt, und deren natuͤrliche bedeu-
dungskraft, durch eine unmittelbare einſprache
des heiligen Geiſtes erlernen ſollen. Das waͤre
ſonſt eben ſoviel, als wann der heilige Geiſt bei
der Taufe, nicht allein das himliſche, das mit
dem waſſer verbunden iſt, in uns wuͤrken, ſon-
dern auch jedesmal durch ein wunder, das waſ-
ſer, das ſchon da iſt, ſchaffen, oder es erſt zu
galle machen, und ſodann ploͤtzlich wieder in waſ-
ſer verwandeln muͤſte.

§. 60.
Herrnhut. II. Th. F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0091" n="81"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">anderer Theil.</hi></fw><lb/>
wort-ku&#x0364;n&#x017F;tlerei (terminologie) der alten Rabbi-<lb/>
nen er&#x017F;t lernen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, ehe er de&#x017F;en warheiten ver-<lb/>
&#x017F;tehen, und daraus klug werden kan. Es &#x017F;ind<lb/>
ge&#x017F;chichten und lehr&#x017F;a&#x0364;tze in dem&#x017F;elben enthalten.<lb/>
Man darf nur der &#x017F;prache kundig, und des ge-<lb/>
brauchs &#x017F;einer vernunft ma&#x0364;chtig &#x017F;eyn, &#x017F;o ver&#x017F;te-<lb/>
het man, was der heilige Gei&#x017F;t &#x017F;agen will. Ti-<lb/>
motheus konte es <hi rendition="#fr">von kind auf</hi> begreifen. 2. <hi rendition="#fr">Tim.</hi><lb/>
3, 15. in &#x017F;olchen jahren, da man die kun&#x017F;t-wo&#x0364;r-<lb/>
ter der elaßicali&#x017F;chen du&#x0364;&#x017F;terheit zu begreifen noch<lb/>
nicht fa&#x0364;hig i&#x017F;t. Sogar die abge&#x017F;agten feinde die-<lb/>
&#x017F;es worts, die kein rabbini&#x017F;ch buch jemahls ge&#x017F;e-<lb/>
hen hatten, waren dennoch im &#x017F;tande, das zu<lb/>
ver&#x017F;tehen, was in den heiligen bu&#x0364;chern &#x017F;tunde.<lb/>
Son&#x017F;t ha&#x0364;tten &#x017F;ie es &#x017F;o &#x017F;chrecklich nicht verla&#x0364;&#x017F;tern<lb/>
ko&#x0364;nnen. Die lebendige, u&#x0364;bernatu&#x0364;rliche Erkent-<lb/>
nis des go&#x0364;ttlichen worts, ent&#x017F;tehet freilich durch<lb/>
die mit und in dem&#x017F;elben wu&#x0364;rkende kraft des hei-<lb/>
ligen gei&#x017F;tes, der uns erleuchtet. Aber keine er-<lb/>
leuchtung i&#x017F;t uns darzu verhei&#x017F;en, daß wir er&#x017F;t<lb/>
die &#x017F;prache &#x017F;elb&#x017F;t, und deren natu&#x0364;rliche bedeu-<lb/>
dungskraft, durch eine unmittelbare ein&#x017F;prache<lb/>
des heiligen Gei&#x017F;tes erlernen &#x017F;ollen. Das wa&#x0364;re<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t eben &#x017F;oviel, als wann der heilige Gei&#x017F;t bei<lb/>
der Taufe, nicht allein das himli&#x017F;che, das mit<lb/>
dem wa&#x017F;&#x017F;er verbunden i&#x017F;t, in uns wu&#x0364;rken, &#x017F;on-<lb/>
dern auch jedesmal durch ein wunder, das wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er, das &#x017F;chon da i&#x017F;t, &#x017F;chaffen, oder es er&#x017F;t zu<lb/>
galle machen, und &#x017F;odann plo&#x0364;tzlich wieder in wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er verwandeln mu&#x0364;&#x017F;te.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Herrnhut.</hi><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> F</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 60.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0091] anderer Theil. wort-kuͤnſtlerei (terminologie) der alten Rabbi- nen erſt lernen muͤſſe, ehe er deſen warheiten ver- ſtehen, und daraus klug werden kan. Es ſind geſchichten und lehrſaͤtze in demſelben enthalten. Man darf nur der ſprache kundig, und des ge- brauchs ſeiner vernunft maͤchtig ſeyn, ſo verſte- het man, was der heilige Geiſt ſagen will. Ti- motheus konte es von kind auf begreifen. 2. Tim. 3, 15. in ſolchen jahren, da man die kunſt-woͤr- ter der elaßicaliſchen duͤſterheit zu begreifen noch nicht faͤhig iſt. Sogar die abgeſagten feinde die- ſes worts, die kein rabbiniſch buch jemahls geſe- hen hatten, waren dennoch im ſtande, das zu verſtehen, was in den heiligen buͤchern ſtunde. Sonſt haͤtten ſie es ſo ſchrecklich nicht verlaͤſtern koͤnnen. Die lebendige, uͤbernatuͤrliche Erkent- nis des goͤttlichen worts, entſtehet freilich durch die mit und in demſelben wuͤrkende kraft des hei- ligen geiſtes, der uns erleuchtet. Aber keine er- leuchtung iſt uns darzu verheiſen, daß wir erſt die ſprache ſelbſt, und deren natuͤrliche bedeu- dungskraft, durch eine unmittelbare einſprache des heiligen Geiſtes erlernen ſollen. Das waͤre ſonſt eben ſoviel, als wann der heilige Geiſt bei der Taufe, nicht allein das himliſche, das mit dem waſſer verbunden iſt, in uns wuͤrken, ſon- dern auch jedesmal durch ein wunder, das waſ- ſer, das ſchon da iſt, ſchaffen, oder es erſt zu galle machen, und ſodann ploͤtzlich wieder in waſ- ſer verwandeln muͤſte. §. 60. Herrnhut. II. Th. F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747/91
Zitationshilfe: Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747/91>, abgerufen am 24.11.2024.