Der griechische ausdruk omkh umn si, heiset in seinem ganzen verstande soviel, als in Luthers Ubersetzung stehet: es gebühret euch nicht. Es ist über euren horizont, ihr seyd zu gering darzu, es ist über eure würdigkeit, zu erkundi- gen und zu wissen, was die weise Allwissenheit des Allerhöchsten sich vorbehalten hat. Der Graf spricht: es ist euer Amt nicht/ ihr seyd dispen- siret/ es wird von euch nicht gefodert. Aber das ist es nicht, was Christus sagen wolte. Nicht allein war dieses das Amt der Apostel nicht: sie waren nicht nur davon dispensiret/ es war nicht nur eine Sache, die nicht von ihnen gefodert wurde: sondern es war sogar ein Vorrecht der göttlichen Weisheit, Macht und Allwissenheit, daß kein Mensch und kein Engel, ja gar des Men- schen Sohn nicht, (in seiner Erniedrigung) ir- gend eine zeit und stunde wissen solten, die der Vater ausdrücklich seiner Macht alleine vorbe- halten hatte. Es kan jemand vieles wissen, das eben sein Amt nicht erfodert, oder das er zu sei- nen Amtsverrichtungen nicht nothwendig zu ge- brauchen hat, obgleich dieses wissen nicht nur mög- lich sondern auch rühmlich ist. Wer demnach saget: dieses zu wissen ist deines Amtes nicht, der spricht deswegen dem andern sein wissen nicht ab. Christus aber hat es seinen Jüngern hier schlechterdings abgesprochen. Nicht nur weil es nicht ihres Amtes, sondern weil es durchaus un- erlaubet, und nach dem göttlichen Rathschluß
unmög-
Herrnhut.II.Th. V
anderer Theil.
§. 16.
Der griechiſche ausdruk ομχ ὑμν ςι, heiſet in ſeinem ganzen verſtande ſoviel, als in Luthers Uberſetzung ſtehet: es gebuͤhret euch nicht. Es iſt uͤber euren horizont, ihr ſeyd zu gering darzu, es iſt uͤber eure wuͤrdigkeit, zu erkundi- gen und zu wiſſen, was die weiſe Allwiſſenheit des Allerhoͤchſten ſich vorbehalten hat. Der Graf ſpricht: es iſt euer Amt nicht/ ihr ſeyd diſpen- ſiret/ es wird von euch nicht gefodert. Aber das iſt es nicht, was Chriſtus ſagen wolte. Nicht allein war dieſes das Amt der Apoſtel nicht: ſie waren nicht nur davon diſpenſiret/ es war nicht nur eine Sache, die nicht von ihnen gefodert wurde: ſondern es war ſogar ein Vorrecht der goͤttlichen Weisheit, Macht und Allwiſſenheit, daß kein Menſch und kein Engel, ja gar des Men- ſchen Sohn nicht, (in ſeiner Erniedrigung) ir- gend eine zeit und ſtunde wiſſen ſolten, die der Vater ausdruͤcklich ſeiner Macht alleine vorbe- halten hatte. Es kan jemand vieles wiſſen, das eben ſein Amt nicht erfodert, oder das er zu ſei- nen Amtsverrichtungen nicht nothwendig zu ge- brauchen hat, obgleich dieſes wiſſen nicht nur moͤg- lich ſondern auch ruͤhmlich iſt. Wer demnach ſaget: dieſes zu wiſſen iſt deines Amtes nicht, der ſpricht deswegen dem andern ſein wiſſen nicht ab. Chriſtus aber hat es ſeinen Juͤngern hier ſchlechterdings abgeſprochen. Nicht nur weil es nicht ihres Amtes, ſondern weil es durchaus un- erlaubet, und nach dem goͤttlichen Rathſchluß
unmoͤg-
Herrnhut.II.Th. V
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbn="17"facs="#f0027"/><fwtype="header"place="top"><hirendition="#b">anderer Theil.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 16.</head><lb/><p>Der griechiſche ausdruk ομχὑμνςι, heiſet in<lb/>ſeinem ganzen verſtande ſoviel, als in Luthers<lb/>
Uberſetzung ſtehet: <hirendition="#fr">es gebuͤhret euch nicht.</hi><lb/>
Es iſt uͤber euren horizont, ihr ſeyd zu gering<lb/>
darzu, es iſt uͤber eure wuͤrdigkeit, zu erkundi-<lb/>
gen und zu wiſſen, was die weiſe Allwiſſenheit<lb/>
des Allerhoͤchſten ſich vorbehalten hat. Der Graf<lb/>ſpricht: es <hirendition="#fr">iſt euer Amt nicht/ ihr ſeyd diſpen-<lb/>ſiret/ es wird von euch nicht gefodert.</hi> Aber<lb/>
das iſt es nicht, was Chriſtus ſagen wolte. Nicht<lb/>
allein war dieſes das <hirendition="#fr">Amt</hi> der Apoſtel nicht: ſie<lb/>
waren nicht nur davon <hirendition="#fr">diſpenſiret/</hi> es war nicht<lb/>
nur eine Sache, die <hirendition="#fr">nicht von ihnen gefodert</hi><lb/>
wurde: ſondern es war ſogar ein Vorrecht der<lb/>
goͤttlichen Weisheit, Macht und Allwiſſenheit,<lb/>
daß kein Menſch und kein Engel, ja gar des Men-<lb/>ſchen Sohn nicht, (in ſeiner Erniedrigung) ir-<lb/>
gend eine zeit und ſtunde wiſſen ſolten, die der<lb/>
Vater ausdruͤcklich ſeiner Macht alleine vorbe-<lb/>
halten hatte. Es kan jemand vieles wiſſen, das<lb/>
eben <hirendition="#fr">ſein Amt</hi> nicht erfodert, oder das er zu ſei-<lb/>
nen Amtsverrichtungen nicht nothwendig zu ge-<lb/>
brauchen hat, obgleich dieſes wiſſen nicht nur moͤg-<lb/>
lich ſondern auch ruͤhmlich iſt. Wer demnach<lb/>ſaget: dieſes zu wiſſen iſt <hirendition="#fr">deines Amtes</hi> nicht,<lb/>
der ſpricht deswegen dem andern ſein wiſſen nicht<lb/>
ab. Chriſtus aber hat es ſeinen Juͤngern hier<lb/>ſchlechterdings abgeſprochen. Nicht nur weil es<lb/>
nicht ihres Amtes, ſondern weil es durchaus un-<lb/>
erlaubet, und nach dem goͤttlichen Rathſchluß<lb/><fwtype="sig"place="bottom"><hirendition="#fr">Herrnhut.</hi><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#fr">Th.</hi> V</fw><fwtype="catch"place="bottom">unmoͤg-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[17/0027]
anderer Theil.
§. 16.
Der griechiſche ausdruk ομχ ὑμν ςι, heiſet in
ſeinem ganzen verſtande ſoviel, als in Luthers
Uberſetzung ſtehet: es gebuͤhret euch nicht.
Es iſt uͤber euren horizont, ihr ſeyd zu gering
darzu, es iſt uͤber eure wuͤrdigkeit, zu erkundi-
gen und zu wiſſen, was die weiſe Allwiſſenheit
des Allerhoͤchſten ſich vorbehalten hat. Der Graf
ſpricht: es iſt euer Amt nicht/ ihr ſeyd diſpen-
ſiret/ es wird von euch nicht gefodert. Aber
das iſt es nicht, was Chriſtus ſagen wolte. Nicht
allein war dieſes das Amt der Apoſtel nicht: ſie
waren nicht nur davon diſpenſiret/ es war nicht
nur eine Sache, die nicht von ihnen gefodert
wurde: ſondern es war ſogar ein Vorrecht der
goͤttlichen Weisheit, Macht und Allwiſſenheit,
daß kein Menſch und kein Engel, ja gar des Men-
ſchen Sohn nicht, (in ſeiner Erniedrigung) ir-
gend eine zeit und ſtunde wiſſen ſolten, die der
Vater ausdruͤcklich ſeiner Macht alleine vorbe-
halten hatte. Es kan jemand vieles wiſſen, das
eben ſein Amt nicht erfodert, oder das er zu ſei-
nen Amtsverrichtungen nicht nothwendig zu ge-
brauchen hat, obgleich dieſes wiſſen nicht nur moͤg-
lich ſondern auch ruͤhmlich iſt. Wer demnach
ſaget: dieſes zu wiſſen iſt deines Amtes nicht,
der ſpricht deswegen dem andern ſein wiſſen nicht
ab. Chriſtus aber hat es ſeinen Juͤngern hier
ſchlechterdings abgeſprochen. Nicht nur weil es
nicht ihres Amtes, ſondern weil es durchaus un-
erlaubet, und nach dem goͤttlichen Rathſchluß
unmoͤg-
Herrnhut. II. Th. V
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747/27>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.