Hier muß ich beiläufig noch etwas erinnern, welches zu einem neuen Beweis der Herrnhuti- schen Redlichkeit dienen kan. Bei Gelegenheit, daß der Graf das neue Testament auf eine sehr leichtfertige Art übersetzet, und sein Geselle, Na- mens Müller, den sie ihren Bischof nennen, die- ser Verwegenheit in einer offentlichen Schrift, auf ausdrücklichen Befehl GOttes, wie dieser Müller heiliglich behauptet, nicht nur das Wort geredet, sondern auch als ein vom heiligen Geist dem Grafen befolenes Werck sie gebilliget und gepriesen hat, ist auch des S. Luthers Ubersetzung in Betracht gekommen. Man hat unserer seits billig gefraget, warum doch der Graf, der sich bei aller Gelegenheit einen Lutherischen Prediger nennet, in gedachter Ubersetzung soweit gegan- gen seye, daß er fast nicht eine Sylbe von des S. Luthers Dolmetschung beibehalten, sondern alle Ubereinstimmung mit derselben, auch sogar in der geringsten und gleichgültigsten Redensart, auf das sorgfältigste vermieden habe?
§. 13.
Hierauf gabe der Graf, und sein Bischof Müller, folgendes zur Antwort: Erstlich: die gräfliche Ubersetzung seye eine Schülerprobe, dabei der Herr Graf nur habe gewahr werden wollen, wieviel griechisch er könne, und wie sich griechisch gegen teutsch verhalte. Mit nichten aber seye es eine Ubersetzung, die man in der Kir- che oder sonst als ein neues Testament gebrau-
chen
Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 12.
Hier muß ich beilaͤufig noch etwas erinnern, welches zu einem neuen Beweis der Herrnhuti- ſchen Redlichkeit dienen kan. Bei Gelegenheit, daß der Graf das neue Teſtament auf eine ſehr leichtfertige Art uͤberſetzet, und ſein Geſelle, Na- mens Muͤller, den ſie ihren Biſchof nennen, die- ſer Verwegenheit in einer offentlichen Schrift, auf ausdruͤcklichen Befehl GOttes, wie dieſer Muͤller heiliglich behauptet, nicht nur das Wort geredet, ſondern auch als ein vom heiligen Geiſt dem Grafen befolenes Werck ſie gebilliget und geprieſen hat, iſt auch des S. Luthers Uberſetzung in Betracht gekommen. Man hat unſerer ſeits billig gefraget, warum doch der Graf, der ſich bei aller Gelegenheit einen Lutheriſchen Prediger nennet, in gedachter Uberſetzung ſoweit gegan- gen ſeye, daß er faſt nicht eine Sylbe von des S. Luthers Dolmetſchung beibehalten, ſondern alle Ubereinſtimmung mit derſelben, auch ſogar in der geringſten und gleichguͤltigſten Redensart, auf das ſorgfaͤltigſte vermieden habe?
§. 13.
Hierauf gabe der Graf, und ſein Biſchof Muͤller, folgendes zur Antwort: Erſtlich: die graͤfliche Uberſetzung ſeye eine Schuͤlerprobe, dabei der Herr Graf nur habe gewahr werden wollen, wieviel griechiſch er koͤnne, und wie ſich griechiſch gegen teutſch verhalte. Mit nichten aber ſeye es eine Uberſetzung, die man in der Kir- che oder ſonſt als ein neues Teſtament gebrau-
chen
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Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 12.
Hier muß ich beilaͤufig noch etwas erinnern,
welches zu einem neuen Beweis der Herrnhuti-
ſchen Redlichkeit dienen kan. Bei Gelegenheit,
daß der Graf das neue Teſtament auf eine ſehr
leichtfertige Art uͤberſetzet, und ſein Geſelle, Na-
mens Muͤller, den ſie ihren Biſchof nennen, die-
ſer Verwegenheit in einer offentlichen Schrift,
auf ausdruͤcklichen Befehl GOttes, wie dieſer
Muͤller heiliglich behauptet, nicht nur das Wort
geredet, ſondern auch als ein vom heiligen Geiſt
dem Grafen befolenes Werck ſie gebilliget und
geprieſen hat, iſt auch des S. Luthers Uberſetzung
in Betracht gekommen. Man hat unſerer ſeits
billig gefraget, warum doch der Graf, der ſich
bei aller Gelegenheit einen Lutheriſchen Prediger
nennet, in gedachter Uberſetzung ſoweit gegan-
gen ſeye, daß er faſt nicht eine Sylbe von des
S. Luthers Dolmetſchung beibehalten, ſondern
alle Ubereinſtimmung mit derſelben, auch ſogar in
der geringſten und gleichguͤltigſten Redensart,
auf das ſorgfaͤltigſte vermieden habe?
§. 13.
Hierauf gabe der Graf, und ſein Biſchof
Muͤller, folgendes zur Antwort: Erſtlich: die
graͤfliche Uberſetzung ſeye eine Schuͤlerprobe,
dabei der Herr Graf nur habe gewahr werden
wollen, wieviel griechiſch er koͤnne, und wie ſich
griechiſch gegen teutſch verhalte. Mit nichten
aber ſeye es eine Uberſetzung, die man in der Kir-
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Benner, Johann Hermann: Die Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 2. Gießen, 1747, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey02_1747/24>, abgerufen am 03.03.2025.
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