Benner, Johann Hermann: Die gegenwärtige Gestalt der Herrnhuterey in ihrer Schalckheit. Bd. 1. Gießen, 1746.unmittelbar. Wann ich nun einen Sünder da- pel Grafen Grundsatz, ohne Zuthun des Ge-
setzes, durch das Leiden JEsu zuerst geschre- ket werden solte (§. 28.) und deme man folglich das Leiden JEsu blos gesetzlich, sonder alle Zusätze, die evangelisch sind, nach dem Fal den wir vorläufig gesetzt haben, predigen müste. Ein solcher Zuhörer würde vieler- lei dagegen einzuwenden haben. Er wür- de fragen, ob es auch erlaubt seye fremde Sünden zu übernehmen? Ob der HERR aller Welt einen strafen könne, der vor sich unschuldig seye? ja wann dieser Zuhörer noch von keinem Gesetz wüste, so würde ihm sogar das Wort Sünde etwas fremdes seyn. Und wie solte er durch ein solch E- xempel geschreket werden können? Er wür- de erwiedern: wenn ich nur das von andern mir nicht aufbürden lasse, was du Sünde nennest, so trift mich auch die Strafe nicht, welche du in deinem Exempel mir zeigen wilst. etc. unmittelbar. Wann ich nun einen Suͤnder da- pel Grafen Grundſatz, ohne Zuthun des Ge-
ſetzes, durch das Leiden JEſu zuerſt geſchre- ket werden ſolte (§. 28.) und deme man folglich das Leiden JEſu blos geſetzlich, ſonder alle Zuſaͤtze, die evangeliſch ſind, nach dem Fal den wir vorlaͤufig geſetzt haben, predigen muͤſte. Ein ſolcher Zuhoͤrer wuͤrde vieler- lei dagegen einzuwenden haben. Er wuͤr- de fragen, ob es auch erlaubt ſeye fremde Suͤnden zu uͤbernehmen? Ob der HERR aller Welt einen ſtrafen koͤnne, der vor ſich unſchuldig ſeye? ja wann dieſer Zuhoͤrer noch von keinem Geſetz wuͤſte, ſo wuͤrde ihm ſogar das Wort Suͤnde etwas fremdes ſeyn. Und wie ſolte er durch ein ſolch E- xempel geſchreket werden koͤnnen? Er wuͤr- de erwiedern: wenn ich nur das von andern mir nicht aufbuͤrden laſſe, was du Suͤnde nenneſt, ſo trift mich auch die Strafe nicht, welche du in deinem Exempel mir zeigen wilſt. ꝛc. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0076" n="76"/> unmittelbar. Wann ich nun einen Suͤnder da-<lb/> durch zu ſchreken gedaͤchte; ſo wuͤrden mir zwei<lb/> verſchiedene Faͤlle vorkommen koͤnnen. Entweder<lb/> ein gantz roher Suͤnder, der von keinem GOtt<lb/> und Geſetz wuͤſte, oder ein ſolcher, dem wenig-<lb/> ſtens durch die Vernunft, wo nicht durch die<lb/> Offenbarung, ſoviel vom Geſetz bekant worden<lb/> waͤre, als man noͤthig haͤtte durch dieſes Exem-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">pel</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_15_3" prev="#seg2pn_15_2" place="foot" n="(*)">Grafen Grundſatz, ohne Zuthun des Ge-<lb/> ſetzes, durch das Leiden JEſu zuerſt geſchre-<lb/> ket werden ſolte (§. 28.) und deme man folglich<lb/> das Leiden JEſu blos geſetzlich, ſonder alle<lb/> Zuſaͤtze, die evangeliſch ſind, nach dem Fal<lb/> den wir vorlaͤufig geſetzt haben, predigen<lb/> muͤſte. Ein ſolcher Zuhoͤrer wuͤrde vieler-<lb/> lei dagegen einzuwenden haben. Er wuͤr-<lb/> de fragen, ob es auch erlaubt ſeye fremde<lb/> Suͤnden zu uͤbernehmen? Ob der HERR<lb/> aller Welt einen ſtrafen koͤnne, der vor ſich<lb/> unſchuldig ſeye? ja wann dieſer Zuhoͤrer<lb/> noch von keinem Geſetz wuͤſte, ſo wuͤrde ihm<lb/> ſogar das Wort Suͤnde etwas fremdes<lb/> ſeyn. Und wie ſolte er durch ein ſolch E-<lb/> xempel geſchreket werden koͤnnen? Er wuͤr-<lb/> de erwiedern: wenn ich nur das von andern<lb/> mir nicht aufbuͤrden laſſe, was du Suͤnde<lb/> nenneſt, ſo trift mich auch die Strafe nicht,<lb/> welche du in deinem Exempel mir zeigen<lb/> wilſt. ꝛc.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0076]
unmittelbar. Wann ich nun einen Suͤnder da-
durch zu ſchreken gedaͤchte; ſo wuͤrden mir zwei
verſchiedene Faͤlle vorkommen koͤnnen. Entweder
ein gantz roher Suͤnder, der von keinem GOtt
und Geſetz wuͤſte, oder ein ſolcher, dem wenig-
ſtens durch die Vernunft, wo nicht durch die
Offenbarung, ſoviel vom Geſetz bekant worden
waͤre, als man noͤthig haͤtte durch dieſes Exem-
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(*) Grafen Grundſatz, ohne Zuthun des Ge-
ſetzes, durch das Leiden JEſu zuerſt geſchre-
ket werden ſolte (§. 28.) und deme man folglich
das Leiden JEſu blos geſetzlich, ſonder alle
Zuſaͤtze, die evangeliſch ſind, nach dem Fal
den wir vorlaͤufig geſetzt haben, predigen
muͤſte. Ein ſolcher Zuhoͤrer wuͤrde vieler-
lei dagegen einzuwenden haben. Er wuͤr-
de fragen, ob es auch erlaubt ſeye fremde
Suͤnden zu uͤbernehmen? Ob der HERR
aller Welt einen ſtrafen koͤnne, der vor ſich
unſchuldig ſeye? ja wann dieſer Zuhoͤrer
noch von keinem Geſetz wuͤſte, ſo wuͤrde ihm
ſogar das Wort Suͤnde etwas fremdes
ſeyn. Und wie ſolte er durch ein ſolch E-
xempel geſchreket werden koͤnnen? Er wuͤr-
de erwiedern: wenn ich nur das von andern
mir nicht aufbuͤrden laſſe, was du Suͤnde
nenneſt, ſo trift mich auch die Strafe nicht,
welche du in deinem Exempel mir zeigen
wilſt. ꝛc.
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Zitationshilfe: | Benner, Johann Hermann: Die gegenwärtige Gestalt der Herrnhuterey in ihrer Schalckheit. Bd. 1. Gießen, 1746, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey01_1746/76>, abgerufen am 16.02.2025. |