" mal; und wenn sie es mit der That beweisen, daß sie es sind, so venerire ich sie.
Wer sein Herz kennt, der weiß, daß kein Bru- der unter uns mit solchen Gedanken umgehen kan; er müste denn ein Phantast seyn: (denn wer könte wollen so was seyn, der müste erst seiner geistlichen Sinnen beraubt werden) sondern daß wir wie Abra- ham und die Altväter, die Leute darum veneriren, anbeten und vor ihnen niederfallen möchten, die noch mögen Fürsten und Könige seyn, die uns beschützen mögen, die die Welt mögen regieren wie sie ist, die sich mögen mit den Sachen bis an ihr Ende ihren Kopf zerbrechen, und bis in ihren Tod plagen. Uns kan gewiß nicht einfallen, daß das einmal ein Gna- den-Lohn seyn wird der Martyrer und Zeugen, der Bekenner, die das Zeugniß des Creuzes getragen ha- ben, und die mit dem Siegel des Lammes GOttes an den Stirnen vor der Noth der Erden und der Sünde zugesiegelt sind. Nein, beym HErrn seyn allezeit, das ist einem ein Lohn. Kommen wir zu Ihm, das ist uns genug; kömt Er zu uns, das ist uns auch recht: das ist so seine Sache, das kan uns gleich viel seyn, dabey verlieren und gewinnen wir nichts. Kömt Er aber zu uns, so kömt er gewiß sanftmüthig und von Herzen demüthig; so setzt er gewiß sein Reich in der Stille, in der Verborgenheit fort, in der es bleiben muß, bis die Bücher aufgethan werden, bis die Po- saunen GOttes alle Todten auferwekken werden: denn vorher kan nichts eclatantes, nichts publiques gesche- hen, nichts, das so viel tausend und tausend Men- schen mit ansehen; sonst wäre der Glaube aus.
Es ist auch wieder den tenor (Inhalt) der heiligen Schrift: denn wenn sie auf die Breite der Erden tre- ten, und mit unzehlbaren Armeen kommen, und die Stadt des Heilands einnehmen wollen; so müssen sie in Wahrheit regieren, und müssen nicht vertilgt seyn.
Wenn also so was ist, so muß es gewiß seyn, wies itzo ist. Der eine wird sagen, es ist wahr, der andre, es ist nicht wahr: der eine wirds gläuben, " und sich davor fürchten; der andre wirds gläu-
ben,
TheilI.Cap.III.Satz 33.
” mal; und wenn ſie es mit der That beweiſen, daß ſie es ſind, ſo venerire ich ſie.
Wer ſein Herz kennt, der weiß, daß kein Bru- der unter uns mit ſolchen Gedanken umgehen kan; er muͤſte denn ein Phantaſt ſeyn: (denn wer koͤnte wollen ſo was ſeyn, der muͤſte erſt ſeiner geiſtlichen Sinnen beraubt werden) ſondern daß wir wie Abra- ham und die Altvaͤter, die Leute darum veneriren, anbeten und vor ihnen niederfallen moͤchten, die noch moͤgen Fuͤrſten und Koͤnige ſeyn, die uns beſchuͤtzen moͤgen, die die Welt moͤgen regieren wie ſie iſt, die ſich moͤgen mit den Sachen bis an ihr Ende ihren Kopf zerbrechen, und bis in ihren Tod plagen. Uns kan gewiß nicht einfallen, daß das einmal ein Gna- den-Lohn ſeyn wird der Martyrer und Zeugen, der Bekenner, die das Zeugniß des Creuzes getragen ha- ben, und die mit dem Siegel des Lammes GOttes an den Stirnen vor der Noth der Erden und der Suͤnde zugeſiegelt ſind. Nein, beym HErrn ſeyn allezeit, das iſt einem ein Lohn. Kommen wir zu Ihm, das iſt uns genug; koͤmt Er zu uns, das iſt uns auch recht: das iſt ſo ſeine Sache, das kan uns gleich viel ſeyn, dabey verlieren und gewinnen wir nichts. Koͤmt Er aber zu uns, ſo koͤmt er gewiß ſanftmuͤthig und von Herzen demuͤthig; ſo ſetzt er gewiß ſein Reich in der Stille, in der Verborgenheit fort, in der es bleiben muß, bis die Buͤcher aufgethan werden, bis die Po- ſaunen GOttes alle Todten auferwekken werden: denn vorher kan nichts éclatantes, nichts publiques geſche- hen, nichts, das ſo viel tauſend und tauſend Men- ſchen mit anſehen; ſonſt waͤre der Glaube aus.
Es iſt auch wieder den tenor (Inhalt) der heiligen Schrift: denn wenn ſie auf die Breite der Erden tre- ten, und mit unzehlbaren Armeen kommen, und die Stadt des Heilands einnehmen wollen; ſo muͤſſen ſie in Wahrheit regieren, und muͤſſen nicht vertilgt ſeyn.
Wenn alſo ſo was iſt, ſo muß es gewiß ſeyn, wies itzo iſt. Der eine wird ſagen, es iſt wahr, der andre, es iſt nicht wahr: der eine wirds glaͤuben, ” und ſich davor fuͤrchten; der andre wirds glaͤu-
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Theil I. Cap. III. Satz 33.
” mal; und wenn ſie es mit der That beweiſen, daß ſie
es ſind, ſo venerire ich ſie.
Wer ſein Herz kennt, der weiß, daß kein Bru-
der unter uns mit ſolchen Gedanken umgehen kan;
er muͤſte denn ein Phantaſt ſeyn: (denn wer koͤnte
wollen ſo was ſeyn, der muͤſte erſt ſeiner geiſtlichen
Sinnen beraubt werden) ſondern daß wir wie Abra-
ham und die Altvaͤter, die Leute darum veneriren,
anbeten und vor ihnen niederfallen moͤchten, die noch
moͤgen Fuͤrſten und Koͤnige ſeyn, die uns beſchuͤtzen
moͤgen, die die Welt moͤgen regieren wie ſie iſt, die
ſich moͤgen mit den Sachen bis an ihr Ende ihren
Kopf zerbrechen, und bis in ihren Tod plagen. Uns
kan gewiß nicht einfallen, daß das einmal ein Gna-
den-Lohn ſeyn wird der Martyrer und Zeugen, der
Bekenner, die das Zeugniß des Creuzes getragen ha-
ben, und die mit dem Siegel des Lammes GOttes an
den Stirnen vor der Noth der Erden und der Suͤnde
zugeſiegelt ſind. Nein, beym HErrn ſeyn allezeit,
das iſt einem ein Lohn. Kommen wir zu Ihm, das
iſt uns genug; koͤmt Er zu uns, das iſt uns auch recht:
das iſt ſo ſeine Sache, das kan uns gleich viel ſeyn,
dabey verlieren und gewinnen wir nichts. Koͤmt Er
aber zu uns, ſo koͤmt er gewiß ſanftmuͤthig und von
Herzen demuͤthig; ſo ſetzt er gewiß ſein Reich in der
Stille, in der Verborgenheit fort, in der es bleiben
muß, bis die Buͤcher aufgethan werden, bis die Po-
ſaunen GOttes alle Todten auferwekken werden: denn
vorher kan nichts éclatantes, nichts publiques geſche-
hen, nichts, das ſo viel tauſend und tauſend Men-
ſchen mit anſehen; ſonſt waͤre der Glaube aus.
Es iſt auch wieder den tenor (Inhalt) der heiligen
Schrift: denn wenn ſie auf die Breite der Erden tre-
ten, und mit unzehlbaren Armeen kommen, und die
Stadt des Heilands einnehmen wollen; ſo muͤſſen ſie
in Wahrheit regieren, und muͤſſen nicht vertilgt
ſeyn.
Wenn alſo ſo was iſt, ſo muß es gewiß ſeyn,
wies itzo iſt. Der eine wird ſagen, es iſt wahr, der
andre, es iſt nicht wahr: der eine wirds glaͤuben,
” und ſich davor fuͤrchten; der andre wirds glaͤu-
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Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/272>, abgerufen am 16.07.2024.
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