Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Vom Blut und Wunden. ger selbs keinen Dienst mehr thun. Wer alleTheile an einer Sache auflöset und trennet, der verderbet das Ganze. Zerstücken ist zer- stören. So lang der Ordinarius und seine Mitarbeiter zu solchen Leuten, oder solche Leute zu ihnen kamen, die vorhin vom Gesetz und zugleich von aller evangelischen Lehre berichtet und angegriffen waren, so konnte der Pas- sions-Punct alle andere in ihnen, zumal bey einem sanften Umgang vieler guten Seelen, erregen, und eine grosse Erfrischung geben, daher ihm ein Ruhm an ihrem Geist erwuchs: nun aber bey seiner Gemeine ein solches Ge- schlecht aufkommt, das allein von Wunden höret und von Wunden redet, so werden lee- re leichte Worte daraus. Das gibt Leute, die Christum nennen, und Ihn nicht kennen. § 125. Wann man alle protestantische Christen zu- hörten
Vom Blut und Wunden. ger ſelbs keinen Dienſt mehr thun. Wer alleTheile an einer Sache aufloͤſet und trennet, der verderbet das Ganze. Zerſtuͤcken iſt zer- ſtoͤren. So lang der Ordinarius und ſeine Mitarbeiter zu ſolchen Leuten, oder ſolche Leute zu ihnen kamen, die vorhin vom Geſetz und zugleich von aller evangeliſchen Lehre berichtet und angegriffen waren, ſo konnte der Paſ- ſions-Punct alle andere in ihnen, zumal bey einem ſanften Umgang vieler guten Seelen, erregen, und eine groſſe Erfriſchung geben, daher ihm ein Ruhm an ihrem Geiſt erwuchs: nun aber bey ſeiner Gemeine ein ſolches Ge- ſchlecht aufkommt, das allein von Wunden hoͤret und von Wunden redet, ſo werden lee- re leichte Worte daraus. Das gibt Leute, die Chriſtum nennen, und Ihn nicht kennen. § 125. Wann man alle proteſtantiſche Chriſten zu- hoͤrten
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0145" n="125"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Vom Blut und Wunden.</hi></fw><lb/> ger ſelbs keinen Dienſt mehr thun. Wer alle<lb/> Theile an einer Sache aufloͤſet und trennet,<lb/> der verderbet das Ganze. Zerſtuͤcken iſt zer-<lb/> ſtoͤren. So lang der <hi rendition="#aq">Ordinarius</hi> und ſeine<lb/> Mitarbeiter zu ſolchen Leuten, oder ſolche Leute<lb/> zu ihnen kamen, die vorhin vom Geſetz und<lb/> zugleich von aller evangeliſchen Lehre berichtet<lb/> und angegriffen waren, ſo konnte der Paſ-<lb/> ſions-Punct alle andere in ihnen, zumal bey<lb/> einem ſanften Umgang vieler guten Seelen,<lb/> erregen, und eine groſſe Erfriſchung geben,<lb/> daher ihm ein Ruhm an ihrem Geiſt erwuchs:<lb/> nun aber bey ſeiner Gemeine ein ſolches Ge-<lb/> ſchlecht aufkommt, das allein von Wunden<lb/> hoͤret und von Wunden redet, ſo werden lee-<lb/> re leichte Worte daraus. Das gibt Leute,<lb/> die Chriſtum nennen, und Ihn nicht kennen.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>§ 125.</head><lb/> <p>Wann man alle proteſtantiſche Chriſten zu-<lb/> ſammen nimt, ſo iſt unter ihnen mehr glaubi-<lb/> ge Ehrerbietung geweſen, ehe das <hi rendition="#fr">Heiland<lb/> Heiland ſagen</hi> ſo uͤblich worden iſt, als auf<lb/> dieſe Stunde, da es bey vielen rohen Leuten<lb/> zu einem Spruͤchwort, und oft zur Laͤſterung<lb/> verwendet wird. Die hierzu ohne ihr Ver-<lb/> muthen Anlaß geben, ſind doch nicht ohne<lb/> Schuld. David bedachte es in dem Handel<lb/> mit Uria nicht, daß er die Feinde des HERRN<lb/> laͤſtern machete, und doch ward ihm dieſes bey-<lb/> gemeſſen. Diejenige, welche die koͤſtliche<lb/> Blut-Lehre ſo gar blos und mit einer uner-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hoͤrten</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [125/0145]
Vom Blut und Wunden.
ger ſelbs keinen Dienſt mehr thun. Wer alle
Theile an einer Sache aufloͤſet und trennet,
der verderbet das Ganze. Zerſtuͤcken iſt zer-
ſtoͤren. So lang der Ordinarius und ſeine
Mitarbeiter zu ſolchen Leuten, oder ſolche Leute
zu ihnen kamen, die vorhin vom Geſetz und
zugleich von aller evangeliſchen Lehre berichtet
und angegriffen waren, ſo konnte der Paſ-
ſions-Punct alle andere in ihnen, zumal bey
einem ſanften Umgang vieler guten Seelen,
erregen, und eine groſſe Erfriſchung geben,
daher ihm ein Ruhm an ihrem Geiſt erwuchs:
nun aber bey ſeiner Gemeine ein ſolches Ge-
ſchlecht aufkommt, das allein von Wunden
hoͤret und von Wunden redet, ſo werden lee-
re leichte Worte daraus. Das gibt Leute,
die Chriſtum nennen, und Ihn nicht kennen.
§ 125.
Wann man alle proteſtantiſche Chriſten zu-
ſammen nimt, ſo iſt unter ihnen mehr glaubi-
ge Ehrerbietung geweſen, ehe das Heiland
Heiland ſagen ſo uͤblich worden iſt, als auf
dieſe Stunde, da es bey vielen rohen Leuten
zu einem Spruͤchwort, und oft zur Laͤſterung
verwendet wird. Die hierzu ohne ihr Ver-
muthen Anlaß geben, ſind doch nicht ohne
Schuld. David bedachte es in dem Handel
mit Uria nicht, daß er die Feinde des HERRN
laͤſtern machete, und doch ward ihm dieſes bey-
gemeſſen. Diejenige, welche die koͤſtliche
Blut-Lehre ſo gar blos und mit einer uner-
hoͤrten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |