Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Vom Blut und Wunden. Liebe Seele! es ist ein Lamm für dich ge-schlachtet, aber ein GOttes-Lamm, dein Heiland ist für dich gestorben, dein Schö- pfer hat sein Leben für dich gelassen, er hat dich erlöst. Pr. über Apg. 1, 7. 8. s. 22. Und eben dieses ist die Summa der Lehre, welche bey der neu mährischen Gemeine getrieben wird. Dieser Vortrag ist wahrhaftig, so fern man die Worte obenhin nimt, aber dabey ist er un- vollkommen. Solche Worte können bey ei- nem Heyden wohl eine Begierde und Aufmerk- samkeit erregen, aber das ist zutheuerst noch kein rechter Anfang. Derjenige muß den erbarmen- den GOtt und die sündige Menschen vorher er- kennen, der den Mittler zwischen GOtt und den Menschen erkennen, und durch die Erkennt- niß der Wahrheit selig werden soll. Der Glaube an den Sohn GOttes kan nicht seyn ohne den Glauben an GOtt, der den Sohn gesandt hat. Zur Erkenntniß vom Erlöser selbs, und von der Erlösung durch sein Leiden und Sterben, gehört auch die Erkenntniß von der Seligkeit, die Er uns in seinem Le- ben gibt. Die Erkenntniß der Sünden gehet vor der Abbitte, und die Abbitte vor der Vergebung her. u. s. w. § 113. "JEsum Christum und seine Versüh- " " an- (Abriß der Brüderg.) H
Vom Blut und Wunden. Liebe Seele! es iſt ein Lamm fuͤr dich ge-ſchlachtet, aber ein GOttes-Lamm, dein Heiland iſt fuͤr dich geſtorben, dein Schoͤ- pfer hat ſein Leben fuͤr dich gelaſſen, er hat dich erloͤſt. Pr. uͤber Apg. 1, 7. 8. ſ. 22. Und eben dieſes iſt die Summa der Lehre, welche bey der neu maͤhriſchen Gemeine getrieben wird. Dieſer Vortrag iſt wahrhaftig, ſo fern man die Worte obenhin nimt, aber dabey iſt er un- vollkommen. Solche Worte koͤnnen bey ei- nem Heyden wohl eine Begierde und Aufmerk- ſamkeit erregen, aber das iſt zutheuerſt noch kein rechter Anfang. Derjenige muß den erbarmen- den GOtt und die ſuͤndige Menſchen vorher er- kennen, der den Mittler zwiſchen GOtt und den Menſchen erkennen, und durch die Erkeñt- niß der Wahrheit ſelig werden ſoll. Der Glaube an den Sohn GOttes kan nicht ſeyn ohne den Glauben an GOtt, der den Sohn geſandt hat. Zur Erkenntniß vom Erloͤſer ſelbs, und von der Erloͤſung durch ſein Leiden und Sterben, gehoͤrt auch die Erkenntniß von der Seligkeit, die Er uns in ſeinem Le- ben gibt. Die Erkenntniß der Suͤnden gehet vor der Abbitte, und die Abbitte vor der Vergebung her. u. ſ. w. § 113. ”JEſum Chriſtum und ſeine Verſuͤh- ” ” an- (Abriß der Bruͤderg.) H
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Vom Blut und Wunden.
Liebe Seele! es iſt ein Lamm fuͤr dich ge-
ſchlachtet, aber ein GOttes-Lamm, dein
Heiland iſt fuͤr dich geſtorben, dein Schoͤ-
pfer hat ſein Leben fuͤr dich gelaſſen, er hat
dich erloͤſt. Pr. uͤber Apg. 1, 7. 8. ſ. 22. Und
eben dieſes iſt die Summa der Lehre, welche
bey der neu maͤhriſchen Gemeine getrieben wird.
Dieſer Vortrag iſt wahrhaftig, ſo fern man
die Worte obenhin nimt, aber dabey iſt er un-
vollkommen. Solche Worte koͤnnen bey ei-
nem Heyden wohl eine Begierde und Aufmerk-
ſamkeit erregen, aber das iſt zutheuerſt noch kein
rechter Anfang. Derjenige muß den erbarmen-
den GOtt und die ſuͤndige Menſchen vorher er-
kennen, der den Mittler zwiſchen GOtt und
den Menſchen erkennen, und durch die Erkeñt-
niß der Wahrheit ſelig werden ſoll. Der
Glaube an den Sohn GOttes kan nicht ſeyn
ohne den Glauben an GOtt, der den Sohn
geſandt hat. Zur Erkenntniß vom Erloͤſer
ſelbs, und von der Erloͤſung durch ſein Leiden
und Sterben, gehoͤrt auch die Erkenntniß
von der Seligkeit, die Er uns in ſeinem Le-
ben gibt. Die Erkenntniß der Suͤnden gehet
vor der Abbitte, und die Abbitte vor der
Vergebung her. u. ſ. w.
§ 113.
”JEſum Chriſtum und ſeine Verſuͤh- ”
nung zwar lieben, aber bis zu ſeiner Zeit ”
weislich zuruͤckhalten, iſt gerade ſo viel ”
als einen Thurn an der Spitze zu bauen ”
” an-
(Abriß der Bruͤderg.) H
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