Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.Vom Blut und Wunden. einer besser bleibenden Frucht seyn werde, solldie erleuchtete Nachkommenschaft erachten. Lassen sich etliche in diesen Tagen etwa auch durch ihn überhaupt reizen, die Blut-Theolo- gie reichlicher, als sie bisher gethan, wiewohl zugleich lauterer, als er thut, zu treiben, so ist es kein Plagium, man wolte denn alle löbli- che Nachfolge so nennen. Es sind nicht nur Worte, Geschwätz und Passions-Gasco- naden, die man an gewissen dazu verord- neten Tagen hört, wie es in der 42sten Rede A. 1747 lautet. Das Blut JEsu hat nicht gefehlt, und fehlt nicht, wann rechtschaffene Lehrer auch schon die übrigen Puncten der heil- samen Lehre mitnehmen: oder hat es den Apo- steln und Evangelisten auch an dem Blut JE- su gefehlet, weil desselben in den wenigsten Bü- chern des N. T. ausser der Passions-Geschich- te ausdrücklich gedacht wird? und würde wohl der Ordinarius seine Blut-Theologie von der ununterbrochenen Tradition bekommen haben, (wie er in den Wundenlitaney-Reden p. 183 sagt,) wann gleichwol solche Bücher des N. T. nicht wären? Man nehme eine Passions- Predig aus irgend einem von den bekanntesten Büchern ohne grosse Wahl, und eine von de- nen bey der neumährischen Gemeine gehalte- nen und für die beste geachteten Reden: bey ei- ner unpartheyischen Vergleichung wird man spüren, wo das Blut JEsu weniger oder mehr fehle. Es fehlt ausser der Gemeine nicht, wann schon der nur etliche Stunden ans Holz geheftete F 4
Vom Blut und Wunden. einer beſſer bleibenden Frucht ſeyn werde, ſolldie erleuchtete Nachkommenſchaft erachten. Laſſen ſich etliche in dieſen Tagen etwa auch durch ihn uͤberhaupt reizen, die Blut-Theolo- gie reichlicher, als ſie bisher gethan, wiewohl zugleich lauterer, als er thut, zu treiben, ſo iſt es kein Plagium, man wolte denn alle loͤbli- che Nachfolge ſo nennen. Es ſind nicht nur Worte, Geſchwaͤtz und Paſſions-Gaſco- naden, die man an gewiſſen dazu verord- neten Tagen hoͤrt, wie es in der 42ſten Rede A. 1747 lautet. Das Blut JEſu hat nicht gefehlt, und fehlt nicht, wann rechtſchaffene Lehrer auch ſchon die uͤbrigen Puncten der heil- ſamen Lehre mitnehmen: oder hat es den Apo- ſteln und Evangeliſten auch an dem Blut JE- ſu gefehlet, weil deſſelben in den wenigſten Buͤ- chern des N. T. auſſer der Paſſions-Geſchich- te ausdruͤcklich gedacht wird? und wuͤrde wohl der Ordinarius ſeine Blut-Theologie von der ununterbrochenen Tradition bekommen haben, (wie er in den Wundenlitaney-Reden p. 183 ſagt,) wann gleichwol ſolche Buͤcher des N. T. nicht waͤren? Man nehme eine Paſſions- Predig aus irgend einem von den bekannteſten Buͤchern ohne groſſe Wahl, und eine von de- nen bey der neumaͤhriſchen Gemeine gehalte- nen und fuͤr die beſte geachteten Reden: bey ei- ner unpartheyiſchen Vergleichung wird man ſpuͤren, wo das Blut JEſu weniger oder mehr fehle. Es fehlt auſſer der Gemeine nicht, wann ſchon der nur etliche Stunden ans Holz geheftete F 4
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Vom Blut und Wunden.
einer beſſer bleibenden Frucht ſeyn werde, ſoll
die erleuchtete Nachkommenſchaft erachten.
Laſſen ſich etliche in dieſen Tagen etwa auch
durch ihn uͤberhaupt reizen, die Blut-Theolo-
gie reichlicher, als ſie bisher gethan, wiewohl
zugleich lauterer, als er thut, zu treiben, ſo
iſt es kein Plagium, man wolte denn alle loͤbli-
che Nachfolge ſo nennen. Es ſind nicht nur
Worte, Geſchwaͤtz und Paſſions-Gaſco-
naden, die man an gewiſſen dazu verord-
neten Tagen hoͤrt, wie es in der 42ſten Rede
A. 1747 lautet. Das Blut JEſu hat nicht
gefehlt, und fehlt nicht, wann rechtſchaffene
Lehrer auch ſchon die uͤbrigen Puncten der heil-
ſamen Lehre mitnehmen: oder hat es den Apo-
ſteln und Evangeliſten auch an dem Blut JE-
ſu gefehlet, weil deſſelben in den wenigſten Buͤ-
chern des N. T. auſſer der Paſſions-Geſchich-
te ausdruͤcklich gedacht wird? und wuͤrde wohl
der Ordinarius ſeine Blut-Theologie von der
ununterbrochenen Tradition bekommen haben,
(wie er in den Wundenlitaney-Reden p. 183
ſagt,) wann gleichwol ſolche Buͤcher des N.
T. nicht waͤren? Man nehme eine Paſſions-
Predig aus irgend einem von den bekannteſten
Buͤchern ohne groſſe Wahl, und eine von de-
nen bey der neumaͤhriſchen Gemeine gehalte-
nen und fuͤr die beſte geachteten Reden: bey ei-
ner unpartheyiſchen Vergleichung wird man
ſpuͤren, wo das Blut JEſu weniger oder mehr
fehle. Es fehlt auſſer der Gemeine nicht,
wann ſchon der nur etliche Stunden ans Holz
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