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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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wässerigen Erd-Fällen an und auf dem Hartz.
grösser das Wasser unter der Erden an einem Ort sich befinde/ ie
tieffer und grösser auch ein Erd-Fall daselbst seyn müsse.

VIII.
Von dem in der Grasschafft Stolberg bey
Angsdorff gelegenen Hunger-See/ sonst
auch der Baurengrabe und Bau-
renstein genannt.

JN dem Hoch-Gräflichen Stolbergischen Ambt Rosla lieget
nach dem Unter-Vor-Hartz zu/ nicht weit von Breitungen/ in
der Gegend Angsdorff ein langer und breiter/ aber nicht sehr tieffer
Graben/ welcher etliche Aecker in sich hält/ und von denen Einwoh-
nern insgemein der Bauren-Grabe genennet wird; Dieser hat ge-
gen Mittag etliche aus einem Kalck-Steine bestehende Stein-Klip-
pen/ welche mit vielen Ritzen und Löchern ausgehölet sind/ dahero
auch unterschiedene veranlasset worden/ den Graben von diesem Ort
den Bauren-Stein zu heissen. Aus diesem Stein-Felsen quillet
durch ein sonderbahres Spiel der Natur gantz unvermuthet in unge-
wissen Jahren auch oftmahls in der trocknesten Sommer-Zeit eine
solche grosse Menge Wassers/ daß davon nicht allein der gantze
Graben nach und nach voll Wasser wird/ sondern auch derselbe end-
lich gar übergehet/ und die darunter gegen Breitungen über gelegene
Aecker überschwemmet: weilen aber aus der Menge solches Wassers
gleichsam ein See wird/ und die Benachbarten vor Alters gewiß
davor gehalten haben/ daß es einen zukünftigen Hunger und theüre
Zeit im gantzen Lande bedeüte. Wenn sich dieses Wasser also er-
giesse/ so ist demselben der Name Hunger-See gegeben worden/ wel-
chen es noch auf diese Stunde behalten/ ohnerachtet die Erfahrung
zum öfftern bezeüget hat/ daß solche Meinung falsch sey/ und nicht
allemahl eintreffe. Gleichwie nun dieses See-Gewässer zu keiner
gewissen Zeit/ sondern oftmahls nur in sechs/ acht/ weniger oder mehr
Jahren ankömmet/ also pfleget auch dasselbe keine gewisse Zeit da-

selbst
N

waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
groͤſſer das Waſſer unter der Erden an einem Ort ſich befinde/ ie
tieffer und groͤſſer auch ein Erd-Fall daſelbſt ſeyn muͤſſe.

VIII.
Von dem in der Graſſchafft Stolberg bey
Angsdorff gelegenen Hunger-See/ ſonſt
auch der Baurengrabe und Bau-
renſtein genannt.

JN dem Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen Ambt Rosla lieget
nach dem Unter-Vor-Hartz zu/ nicht weit von Breitungen/ in
der Gegend Angsdorff ein langer und breiter/ aber nicht ſehr tieffer
Graben/ welcher etliche Aecker in ſich haͤlt/ und von denen Einwoh-
nern insgemein der Bauren-Grabe genennet wird; Dieſer hat ge-
gen Mittag etliche aus einem Kalck-Steine beſtehende Stein-Klip-
pen/ welche mit vielen Ritzen und Loͤchern ausgehoͤlet ſind/ dahero
auch unterſchiedene veranlaſſet worden/ den Graben von dieſem Ort
den Bauren-Stein zu heiſſen. Aus dieſem Stein-Felſen quillet
durch ein ſonderbahres Spiel der Natur gantz unvermuthet in unge-
wiſſen Jahren auch oftmahls in der trockneſten Sommer-Zeit eine
ſolche groſſe Menge Waſſers/ daß davon nicht allein der gantze
Graben nach und nach voll Waſſer wird/ ſondern auch derſelbe end-
lich gar uͤbergehet/ und die darunter gegen Breitungen uͤber gelegene
Aecker uͤberſchwemmet: weilen aber aus der Menge ſolches Waſſers
gleichſam ein See wird/ und die Benachbarten vor Alters gewiß
davor gehalten haben/ daß es einen zukuͤnftigen Hunger und theuͤre
Zeit im gantzen Lande bedeuͤte. Wenn ſich dieſes Waſſer alſo er-
gieſſe/ ſo iſt demſelben der Name Hunger-See gegeben worden/ wel-
chen es noch auf dieſe Stunde behalten/ ohnerachtet die Erfahrung
zum oͤfftern bezeuͤget hat/ daß ſolche Meinung falſch ſey/ und nicht
allemahl eintreffe. Gleichwie nun dieſes See-Gewaͤſſer zu keiner
gewiſſen Zeit/ ſondern oftmahls nur in ſechs/ acht/ weniger oder mehr
Jahren ankoͤmmet/ alſo pfleget auch daſſelbe keine gewiſſe Zeit da-

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[97/0109] waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz. groͤſſer das Waſſer unter der Erden an einem Ort ſich befinde/ ie tieffer und groͤſſer auch ein Erd-Fall daſelbſt ſeyn muͤſſe. VIII. Von dem in der Graſſchafft Stolberg bey Angsdorff gelegenen Hunger-See/ ſonſt auch der Baurengrabe und Bau- renſtein genannt. JN dem Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen Ambt Rosla lieget nach dem Unter-Vor-Hartz zu/ nicht weit von Breitungen/ in der Gegend Angsdorff ein langer und breiter/ aber nicht ſehr tieffer Graben/ welcher etliche Aecker in ſich haͤlt/ und von denen Einwoh- nern insgemein der Bauren-Grabe genennet wird; Dieſer hat ge- gen Mittag etliche aus einem Kalck-Steine beſtehende Stein-Klip- pen/ welche mit vielen Ritzen und Loͤchern ausgehoͤlet ſind/ dahero auch unterſchiedene veranlaſſet worden/ den Graben von dieſem Ort den Bauren-Stein zu heiſſen. Aus dieſem Stein-Felſen quillet durch ein ſonderbahres Spiel der Natur gantz unvermuthet in unge- wiſſen Jahren auch oftmahls in der trockneſten Sommer-Zeit eine ſolche groſſe Menge Waſſers/ daß davon nicht allein der gantze Graben nach und nach voll Waſſer wird/ ſondern auch derſelbe end- lich gar uͤbergehet/ und die darunter gegen Breitungen uͤber gelegene Aecker uͤberſchwemmet: weilen aber aus der Menge ſolches Waſſers gleichſam ein See wird/ und die Benachbarten vor Alters gewiß davor gehalten haben/ daß es einen zukuͤnftigen Hunger und theuͤre Zeit im gantzen Lande bedeuͤte. Wenn ſich dieſes Waſſer alſo er- gieſſe/ ſo iſt demſelben der Name Hunger-See gegeben worden/ wel- chen es noch auf dieſe Stunde behalten/ ohnerachtet die Erfahrung zum oͤfftern bezeuͤget hat/ daß ſolche Meinung falſch ſey/ und nicht allemahl eintreffe. Gleichwie nun dieſes See-Gewaͤſſer zu keiner gewiſſen Zeit/ ſondern oftmahls nur in ſechs/ acht/ weniger oder mehr Jahren ankoͤmmet/ alſo pfleget auch daſſelbe keine gewiſſe Zeit da- ſelbſt N

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/109>, abgerufen am 23.11.2024.