Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.schmutzigen stinkenden Grund -- wem das nämlich angeht, aber Wie in dem Hause, so muß auch um das Haus herum Mit der Unreinlichkeit beginnt der Zerfall unserer Woh- ſchmutzigen ſtinkenden Grund — wem das nämlich angeht, aber Wie in dem Hauſe, ſo muß auch um das Haus herum Mit der Unreinlichkeit beginnt der Zerfall unſerer Woh- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0062" n="62"/> ſchmutzigen ſtinkenden Grund — wem das nämlich angeht, aber<lb/> faulen Maurern geht viel an — ſchmiert, ſondern die Wand<lb/> muß man vorher abreiben und abwaſchen. Die Fenſter müſſen<lb/> fleißig gereinigt, gebrochene Scheiben nicht mit Papier oder Lum-<lb/> pen geflickt werden. Aus der Küche ſind alle Abfälle fleißig<lb/> zu entfernen; keine verborgenen Kothwinkel zu dulden. Das<lb/> Abwaſſer aus der Küche muß durch den Gußſtein in den Ab-<lb/> tritt geleitet werden, daß keine zu ſtarke Maſſe entſtehe und<lb/> der Abtritt fleißig geleert werden muß und beſſer gereinigt<lb/> werden kann. Auf dem Abtritt muß die gröſte Reinlichkeit<lb/> herrſchen. Es iſt merkwürdig: in ſeinen Kleidern nähme man<lb/> ſich in Acht, auf jeden beliebigen Ort abzuſitzen; mit dem Körper<lb/> ſcheut man ſich nicht patſch auf die ſchmutzigſten Sitze ſich ab-<lb/> zuſetzen! Aber ſo iſt's: wenn man nur außen ein hübſches Kleid<lb/> hat, ob's dann drunter ſtinkend und räudig ſei, das ſchadet<lb/> nichts; das iſt ja nur an der Haut, nur am Fleiſch. Die Rein-<lb/> lichkeit muß einen ganz <hi rendition="#g">andern</hi> Weg gehen. Am reinſten muß<lb/> es auf unſerer Haut ſein und dann auf der Leibwäſche und<lb/> drittens erſt an unſern äußern Kleidern. Der Ueberrock darf<lb/> ziemlich fadenſcheinig und geflickt ſein; nach innen zu ſoll es<lb/> gut ſein, und immer beſſer und am beſten freilich noch im<lb/> Herzen!</p><lb/> <p>Wie in dem Hauſe, ſo muß auch um das Haus herum<lb/> Reinlichkeit herrſchen. Faulende, gährende Stoffe müſſen fern<lb/> von der Wohnung gehalten werden. Wie das einzelne Haus,<lb/> ſo ſoll die Gemeinde, die Stadt reinlich und ſauber ſein, keine<lb/> verborgenen Winkel, keine unreinlichen Orte haben. Reichliche<lb/> Waſſerzufuhr in zahlreichen Canälen ſollte alles Unſaubere weg-<lb/> fegen. Wie die Luft durch die Straßen, ſo ſollte in kleinern<lb/> und größern Canälen Waſſer hinter den Häuſern vorbeifließen.<lb/> Prächtige öffentliche Gebäude ſind nur ſchön, wenn die Stadt,<lb/> wenn das Dorf bis in den entfernteſten Winkel durchforſcht und<lb/> durchläutert iſt. So lange es noch ſtinkt in den Gaſſen, iſt alle<lb/> Pracht nur das ſeidene Kleid auf dem ſchmutzigen Abtritt.</p><lb/> <p>Mit der Unreinlichkeit beginnt der Zerfall unſerer Woh-<lb/> nungen. Wenn man einmal in dieſen Schmutz hinein gerathen<lb/> iſt, läßt man alles liegen; man ergiebt ſich, man reſigniert. Die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0062]
ſchmutzigen ſtinkenden Grund — wem das nämlich angeht, aber
faulen Maurern geht viel an — ſchmiert, ſondern die Wand
muß man vorher abreiben und abwaſchen. Die Fenſter müſſen
fleißig gereinigt, gebrochene Scheiben nicht mit Papier oder Lum-
pen geflickt werden. Aus der Küche ſind alle Abfälle fleißig
zu entfernen; keine verborgenen Kothwinkel zu dulden. Das
Abwaſſer aus der Küche muß durch den Gußſtein in den Ab-
tritt geleitet werden, daß keine zu ſtarke Maſſe entſtehe und
der Abtritt fleißig geleert werden muß und beſſer gereinigt
werden kann. Auf dem Abtritt muß die gröſte Reinlichkeit
herrſchen. Es iſt merkwürdig: in ſeinen Kleidern nähme man
ſich in Acht, auf jeden beliebigen Ort abzuſitzen; mit dem Körper
ſcheut man ſich nicht patſch auf die ſchmutzigſten Sitze ſich ab-
zuſetzen! Aber ſo iſt's: wenn man nur außen ein hübſches Kleid
hat, ob's dann drunter ſtinkend und räudig ſei, das ſchadet
nichts; das iſt ja nur an der Haut, nur am Fleiſch. Die Rein-
lichkeit muß einen ganz andern Weg gehen. Am reinſten muß
es auf unſerer Haut ſein und dann auf der Leibwäſche und
drittens erſt an unſern äußern Kleidern. Der Ueberrock darf
ziemlich fadenſcheinig und geflickt ſein; nach innen zu ſoll es
gut ſein, und immer beſſer und am beſten freilich noch im
Herzen!
Wie in dem Hauſe, ſo muß auch um das Haus herum
Reinlichkeit herrſchen. Faulende, gährende Stoffe müſſen fern
von der Wohnung gehalten werden. Wie das einzelne Haus,
ſo ſoll die Gemeinde, die Stadt reinlich und ſauber ſein, keine
verborgenen Winkel, keine unreinlichen Orte haben. Reichliche
Waſſerzufuhr in zahlreichen Canälen ſollte alles Unſaubere weg-
fegen. Wie die Luft durch die Straßen, ſo ſollte in kleinern
und größern Canälen Waſſer hinter den Häuſern vorbeifließen.
Prächtige öffentliche Gebäude ſind nur ſchön, wenn die Stadt,
wenn das Dorf bis in den entfernteſten Winkel durchforſcht und
durchläutert iſt. So lange es noch ſtinkt in den Gaſſen, iſt alle
Pracht nur das ſeidene Kleid auf dem ſchmutzigen Abtritt.
Mit der Unreinlichkeit beginnt der Zerfall unſerer Woh-
nungen. Wenn man einmal in dieſen Schmutz hinein gerathen
iſt, läßt man alles liegen; man ergiebt ſich, man reſigniert. Die
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