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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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ist aber ein Stoff, ein elastischer, flüssiger Stoff, der wie eine
Hülle, wie ein Dunst, wie ein Nebel, wie ein Schleier die Erde
umgiebt und in der und von der wir leben. Wir schwimmen
in der Luft herum, sind mit der Luft verbunden wie mit einer
Aepfel- oder Speisekammer, in der wir von Zeit zu Zeit einen
Apfel, eine Speise zu uns nehmen. Nur Speise nehmen wir
von Zeit zu Zeit, etwa alle drei Stunden, Luft dagegen nehmen
wir beständig zu uns, ohne Aufhören, selbst in der Kirche,
während wir ganz andächtig da sitzen und meinen, nur Auge
und Ohr zu sein. Alle Oeffnungen des Körpers sind ver-
schlossen, sie öffnen sich nur, z. B. die Speiseröhre, wenn wir
etwas zu uns nehmen, Speise herunter schlucken. Nur die
Oeffnung für die Luft ist beständig offen; sie zu öffnen und zu
schließen steht auch nicht in unserer Macht, wie man den Mund
öffnen und schließen kann. Die Nase und die Luftröhre kann
man nicht willkürlich schließen, außer man drücke die Nase mit
der Hand zusammen, aber dann muß man den Mund öffnen,
oder würge sich, so lange man es aushält, am Hals. Das hätte
einem schon sagen sollen, daß es mit der Luft etwas auf sich
habe. Denn wozu so eine Nase mit den beständig offenen
Nasenlöchern und eine Luftröhre, die an magern Mannspersonen
nichts Schönes ist, und an der man, bei der Luftröhrenschwind-
sucht, sogar sterben kann, wenn das nicht alles seine guten
Gründe hätte. Durch die Nase und die Luftröhre ist unser
Körper beständig gegen die Luft offen. Wie geht nun das
Athmen zu? Die Luft stürzt durch die offene Luftröhre in einen
Sack, in die Lunge. Eigentlich ist die Lunge kein besonderer
Sack, sondern, wenigstens beim Menschen, und von den Fröschen
reden wir nicht, nur die immer weiter und feiner vertheilte und
verästelte Luftröhre, ähnlich wie das Ast- und Laubwerk des
Baumes der viel und fein vertheilte Baumstamm ist. Dieser
Sack, wir wollen die Lunge der Einfachheit wegen jetzt so
nennen, wird nun durch die eingestürzte Luft gewaltsam aus-
gedehnt, drückt nach unten auf das Zwerchfell, die Querscheide-
wand zwischen Brust- und Bauchhöhle, dieses drückt auf den Jn-
halt des Bauches, die Eingeweide auf die Bauchwandungen. Bei
den Weibern und bei Männern bei heftigem starkem Athmen

iſt aber ein Stoff, ein elaſtiſcher, flüſſiger Stoff, der wie eine
Hülle, wie ein Dunſt, wie ein Nebel, wie ein Schleier die Erde
umgiebt und in der und von der wir leben. Wir ſchwimmen
in der Luft herum, ſind mit der Luft verbunden wie mit einer
Aepfel- oder Speiſekammer, in der wir von Zeit zu Zeit einen
Apfel, eine Speiſe zu uns nehmen. Nur Speiſe nehmen wir
von Zeit zu Zeit, etwa alle drei Stunden, Luft dagegen nehmen
wir beſtändig zu uns, ohne Aufhören, ſelbſt in der Kirche,
während wir ganz andächtig da ſitzen und meinen, nur Auge
und Ohr zu ſein. Alle Oeffnungen des Körpers ſind ver-
ſchloſſen, ſie öffnen ſich nur, z. B. die Speiſeröhre, wenn wir
etwas zu uns nehmen, Speiſe herunter ſchlucken. Nur die
Oeffnung für die Luft iſt beſtändig offen; ſie zu öffnen und zu
ſchließen ſteht auch nicht in unſerer Macht, wie man den Mund
öffnen und ſchließen kann. Die Naſe und die Luftröhre kann
man nicht willkürlich ſchließen, außer man drücke die Naſe mit
der Hand zuſammen, aber dann muß man den Mund öffnen,
oder würge ſich, ſo lange man es aushält, am Hals. Das hätte
einem ſchon ſagen ſollen, daß es mit der Luft etwas auf ſich
habe. Denn wozu ſo eine Naſe mit den beſtändig offenen
Naſenlöchern und eine Luftröhre, die an magern Mannsperſonen
nichts Schönes iſt, und an der man, bei der Luftröhrenſchwind-
ſucht, ſogar ſterben kann, wenn das nicht alles ſeine guten
Gründe hätte. Durch die Naſe und die Luftröhre iſt unſer
Körper beſtändig gegen die Luft offen. Wie geht nun das
Athmen zu? Die Luft ſtürzt durch die offene Luftröhre in einen
Sack, in die Lunge. Eigentlich iſt die Lunge kein beſonderer
Sack, ſondern, wenigſtens beim Menſchen, und von den Fröſchen
reden wir nicht, nur die immer weiter und feiner vertheilte und
veräſtelte Luftröhre, ähnlich wie das Aſt- und Laubwerk des
Baumes der viel und fein vertheilte Baumſtamm iſt. Dieſer
Sack, wir wollen die Lunge der Einfachheit wegen jetzt ſo
nennen, wird nun durch die eingeſtürzte Luft gewaltſam aus-
gedehnt, drückt nach unten auf das Zwerchfell, die Querſcheide-
wand zwiſchen Bruſt- und Bauchhöhle, dieſes drückt auf den Jn-
halt des Bauches, die Eingeweide auf die Bauchwandungen. Bei
den Weibern und bei Männern bei heftigem ſtarkem Athmen

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[46/0046] iſt aber ein Stoff, ein elaſtiſcher, flüſſiger Stoff, der wie eine Hülle, wie ein Dunſt, wie ein Nebel, wie ein Schleier die Erde umgiebt und in der und von der wir leben. Wir ſchwimmen in der Luft herum, ſind mit der Luft verbunden wie mit einer Aepfel- oder Speiſekammer, in der wir von Zeit zu Zeit einen Apfel, eine Speiſe zu uns nehmen. Nur Speiſe nehmen wir von Zeit zu Zeit, etwa alle drei Stunden, Luft dagegen nehmen wir beſtändig zu uns, ohne Aufhören, ſelbſt in der Kirche, während wir ganz andächtig da ſitzen und meinen, nur Auge und Ohr zu ſein. Alle Oeffnungen des Körpers ſind ver- ſchloſſen, ſie öffnen ſich nur, z. B. die Speiſeröhre, wenn wir etwas zu uns nehmen, Speiſe herunter ſchlucken. Nur die Oeffnung für die Luft iſt beſtändig offen; ſie zu öffnen und zu ſchließen ſteht auch nicht in unſerer Macht, wie man den Mund öffnen und ſchließen kann. Die Naſe und die Luftröhre kann man nicht willkürlich ſchließen, außer man drücke die Naſe mit der Hand zuſammen, aber dann muß man den Mund öffnen, oder würge ſich, ſo lange man es aushält, am Hals. Das hätte einem ſchon ſagen ſollen, daß es mit der Luft etwas auf ſich habe. Denn wozu ſo eine Naſe mit den beſtändig offenen Naſenlöchern und eine Luftröhre, die an magern Mannsperſonen nichts Schönes iſt, und an der man, bei der Luftröhrenſchwind- ſucht, ſogar ſterben kann, wenn das nicht alles ſeine guten Gründe hätte. Durch die Naſe und die Luftröhre iſt unſer Körper beſtändig gegen die Luft offen. Wie geht nun das Athmen zu? Die Luft ſtürzt durch die offene Luftröhre in einen Sack, in die Lunge. Eigentlich iſt die Lunge kein beſonderer Sack, ſondern, wenigſtens beim Menſchen, und von den Fröſchen reden wir nicht, nur die immer weiter und feiner vertheilte und veräſtelte Luftröhre, ähnlich wie das Aſt- und Laubwerk des Baumes der viel und fein vertheilte Baumſtamm iſt. Dieſer Sack, wir wollen die Lunge der Einfachheit wegen jetzt ſo nennen, wird nun durch die eingeſtürzte Luft gewaltſam aus- gedehnt, drückt nach unten auf das Zwerchfell, die Querſcheide- wand zwiſchen Bruſt- und Bauchhöhle, dieſes drückt auf den Jn- halt des Bauches, die Eingeweide auf die Bauchwandungen. Bei den Weibern und bei Männern bei heftigem ſtarkem Athmen

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/46>, abgerufen am 21.11.2024.