Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.licher Gegenden, schon die Bewohner Südfrankreichs, Jtaliens 6. Die Luft. Die gröste Bedeutung für die Wohnung *) Oesterlen: Handbuch der Hygieine.
licher Gegenden, ſchon die Bewohner Südfrankreichs, Jtaliens 6. Die Luft. Die gröſte Bedeutung für die Wohnung *) Oeſterlen: Handbuch der Hygieine.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0045" n="45"/> licher Gegenden, ſchon die Bewohner Südfrankreichs, Jtaliens<lb/> und Griechenlands haben im Allgemeinen kräftigere und ſchönere<lb/> Körperformen als die Bewohner des nördlichen Europa, zugleich<lb/> größere Regſamkeit und Geiſtesfriſche, ſofern nicht etwa politiſches<lb/> oder anderweitiges Unglück hinzutritt, namentlich ſind unter<lb/> den farbigen Leuten Körpermißbildungen etwas ſehr Seltenes.<note place="foot" n="*)">Oeſterlen: Handbuch der Hygieine.</note><lb/> Die Leute in lichtarmen Gegenden, unter beſtändig trübem<lb/> Himmel haben einen aufgedunſenen Körper und beſondere An-<lb/> lage zu Bleichſucht und Waſſerſucht, zu Katarrhen, Drüſen- und<lb/> Knochenleiden, Verkrümmung und Mißbildungen aller Art; wie<lb/> Pflanzen, die längere Zeit der Dunkelheit ausgeſetzt ſind, bleich<lb/> und waſſerſüchtig werden und die Früchte in naſſen und trüben<lb/> Sommern auch nicht die Schmackhaftigkeit und Reife wie ſonſt<lb/> erlangen. Wie wir nun das Geſchick haben, auf dem präch-<lb/> tigſten Fleck Erde recht häßlich zu wohnen, hinter Mauern und<lb/> Zäunen, zwiſchen Ställen und Miſthaufen, ſo können wir auch<lb/> im lichtreichſten Lande uns gar dunkel betten. Jn engen Gaſſen,<lb/> im Erdgeſchoß, in Kellern, da ſind wir wie in lichtarmen Län-<lb/> dern, haben auch nur ſo einen Nordlichtſchimmer, ſind bleiche,<lb/> ſchwache, ausgegrabene Leute mit grabähnlichen Gedanken. Das<lb/> Licht erheitert Kopf und Bruſt. Seht, wie ſchon das Kind das<lb/> Licht mit ſeinen Aeuglein ſucht, mit ſeinen Händchen darnach<lb/> greift! Das Licht vertreibt manche finſtere Sorge, manche im<lb/> Finſtern ſchleichende Sünde; im Lichte iſt gut wandeln. „Wer<lb/> des Tages wandelt, ſtößt ſeinen Fuß nicht an.“ Unſere Woh-<lb/> nung ſollen wir in's Licht ſtellen, und wo ſie ſchon ſteht, ſollen<lb/> wir die Hinderniſſe des Lichtes wegräumen, ſo weit es in unſerer<lb/> Macht liegt. Die Fenſter müſſen wir rein erhalten; gebrochene<lb/> Scheiben nicht mit Papier oder Lumpen flicken, ſondern mit<lb/> Glas.</p><lb/> <p>6. <hi rendition="#g">Die Luft</hi>. Die gröſte Bedeutung für die Wohnung<lb/> hat die Luft, und hier wird gerade am meiſten gefehlt. Man<lb/> hält die Luft nicht für einen beſtimmten Stoff, ſondern für<lb/> nichts; was über der feſten Erde und dem naſſen Waſſer hinaus<lb/> iſt, das iſt nur leerer Platz, in dem man auf- und abgeht,<lb/> Häuſer baut, Bäume pflanzt, Fleiſch kocht und ißt. Die Luft<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0045]
licher Gegenden, ſchon die Bewohner Südfrankreichs, Jtaliens
und Griechenlands haben im Allgemeinen kräftigere und ſchönere
Körperformen als die Bewohner des nördlichen Europa, zugleich
größere Regſamkeit und Geiſtesfriſche, ſofern nicht etwa politiſches
oder anderweitiges Unglück hinzutritt, namentlich ſind unter
den farbigen Leuten Körpermißbildungen etwas ſehr Seltenes. *)
Die Leute in lichtarmen Gegenden, unter beſtändig trübem
Himmel haben einen aufgedunſenen Körper und beſondere An-
lage zu Bleichſucht und Waſſerſucht, zu Katarrhen, Drüſen- und
Knochenleiden, Verkrümmung und Mißbildungen aller Art; wie
Pflanzen, die längere Zeit der Dunkelheit ausgeſetzt ſind, bleich
und waſſerſüchtig werden und die Früchte in naſſen und trüben
Sommern auch nicht die Schmackhaftigkeit und Reife wie ſonſt
erlangen. Wie wir nun das Geſchick haben, auf dem präch-
tigſten Fleck Erde recht häßlich zu wohnen, hinter Mauern und
Zäunen, zwiſchen Ställen und Miſthaufen, ſo können wir auch
im lichtreichſten Lande uns gar dunkel betten. Jn engen Gaſſen,
im Erdgeſchoß, in Kellern, da ſind wir wie in lichtarmen Län-
dern, haben auch nur ſo einen Nordlichtſchimmer, ſind bleiche,
ſchwache, ausgegrabene Leute mit grabähnlichen Gedanken. Das
Licht erheitert Kopf und Bruſt. Seht, wie ſchon das Kind das
Licht mit ſeinen Aeuglein ſucht, mit ſeinen Händchen darnach
greift! Das Licht vertreibt manche finſtere Sorge, manche im
Finſtern ſchleichende Sünde; im Lichte iſt gut wandeln. „Wer
des Tages wandelt, ſtößt ſeinen Fuß nicht an.“ Unſere Woh-
nung ſollen wir in's Licht ſtellen, und wo ſie ſchon ſteht, ſollen
wir die Hinderniſſe des Lichtes wegräumen, ſo weit es in unſerer
Macht liegt. Die Fenſter müſſen wir rein erhalten; gebrochene
Scheiben nicht mit Papier oder Lumpen flicken, ſondern mit
Glas.
6. Die Luft. Die gröſte Bedeutung für die Wohnung
hat die Luft, und hier wird gerade am meiſten gefehlt. Man
hält die Luft nicht für einen beſtimmten Stoff, ſondern für
nichts; was über der feſten Erde und dem naſſen Waſſer hinaus
iſt, das iſt nur leerer Platz, in dem man auf- und abgeht,
Häuſer baut, Bäume pflanzt, Fleiſch kocht und ißt. Die Luft
*) Oeſterlen: Handbuch der Hygieine.
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