Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.vor sich, in der ihn etwas freute; er lebt nur von einem Tag Ueber den günstigen Einfluß guter Wohnungen auf Leben vor ſich, in der ihn etwas freute; er lebt nur von einem Tag Ueber den günſtigen Einfluß guter Wohnungen auf Leben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="20"/> vor ſich, in der ihn etwas freute; er lebt nur von einem Tag<lb/> auf den andern; wird er krank, ſo mag Gott zuſehen, wie es<lb/> geht, oder ſoll ihn ein Kranken- oder Armenhaus aufnehmen.<lb/> Es können nicht Alle eigene Wohnungen haben. Das wird<lb/> wohl ein fernes Jdeal bleiben. Aber wenn es auch das Rich-<lb/> tigſte und Beſte wäre, das Leben gerade hängt doch nicht davon<lb/> ab. Es ſind viele, die keine eigene Wohnung haben, niedere<lb/> und höhere Beamte, und ſie leben doch. Ja viele halten es<lb/> erſt noch für kein Unglück, daß ſie der Sorgen für eine eigene<lb/> Wohnung überhoben ſeien. Wenn man eine ordentliche Mieths-<lb/> wohnung hat und ſicher iſt, daß man, wenn man ſich gehörig<lb/> benimmt, und das ſoll man, längere Zeit bleiben kann, wie's<lb/> häufig der Fall iſt, ſo kann man doch ein ordentliches häus-<lb/> liches Leben führen und Freude an ſeiner Wohnung haben.<lb/> Eine Miethswohnung hat auch für Viele ihre ganz beſtimmten<lb/> Vortheile. Wer, wie mancher aus dem Handels- und Jnduſtrie-<lb/> ſtande, ſein Auskommen bald da bald dort findet oder beſſer<lb/> findet, dem kann es manchmal ſehr gedient kommen, daß er<lb/> durch keine eigene Wohnung an einen beſtimmten Ort gebunden<lb/> iſt, daß er mit weniger Geld- und Zeitverluſt den Ort wechſeln<lb/> kann. Daß wir ohne eigene Wohnung mancher beſchwerlichen<lb/> Sorge überhoben ſeien, davon ſage ich nichts. Denn von ſol-<lb/> chen Laſten den Menſchen befreien, heißt, ihm von ſeiner Tüch-<lb/> tigkeit nehmen. Aber das will ich ſagen: Miethswohnungen<lb/> erinnern uns mehr als ſchwere gemauerte eigene Häuſer an die<lb/> Weisheit, daß wir alles Jrdiſche nur beſitzen ſollen, als beſäßen<lb/> wir es nicht, und daß wir eigentlich nur vorübergehende Gäſte<lb/> auf Erden ſeien, und geiſtige Güter, ewige Güter zu erwerben<lb/> mehr ſei als Geld und Gut. Die tauben Saamenkörner zer-<lb/> reibt der große Gärtner im Herbſt zwiſchen den Fingern, wäh-<lb/> rend er die harten und glatten ſammelt und wieder verwendet.</p><lb/> <p>Ueber den günſtigen Einfluß guter Wohnungen auf Leben<lb/> und Geſundheit und Sittlichkeit geben nun die <hi rendition="#g">Arbeiter-<lb/> wohnungen,</hi> die in der neuern Zeit an vielen Orten auf-<lb/> kamen, den ſprechendſten Beweis. Verſchiedene Geſellſchaften,<lb/> gemeinnützige Vereine oder ſolche Verbindungen, welche außer<lb/> dem Wohl der Arbeiter auch den eigenen Gewinn im Auge<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0020]
vor ſich, in der ihn etwas freute; er lebt nur von einem Tag
auf den andern; wird er krank, ſo mag Gott zuſehen, wie es
geht, oder ſoll ihn ein Kranken- oder Armenhaus aufnehmen.
Es können nicht Alle eigene Wohnungen haben. Das wird
wohl ein fernes Jdeal bleiben. Aber wenn es auch das Rich-
tigſte und Beſte wäre, das Leben gerade hängt doch nicht davon
ab. Es ſind viele, die keine eigene Wohnung haben, niedere
und höhere Beamte, und ſie leben doch. Ja viele halten es
erſt noch für kein Unglück, daß ſie der Sorgen für eine eigene
Wohnung überhoben ſeien. Wenn man eine ordentliche Mieths-
wohnung hat und ſicher iſt, daß man, wenn man ſich gehörig
benimmt, und das ſoll man, längere Zeit bleiben kann, wie's
häufig der Fall iſt, ſo kann man doch ein ordentliches häus-
liches Leben führen und Freude an ſeiner Wohnung haben.
Eine Miethswohnung hat auch für Viele ihre ganz beſtimmten
Vortheile. Wer, wie mancher aus dem Handels- und Jnduſtrie-
ſtande, ſein Auskommen bald da bald dort findet oder beſſer
findet, dem kann es manchmal ſehr gedient kommen, daß er
durch keine eigene Wohnung an einen beſtimmten Ort gebunden
iſt, daß er mit weniger Geld- und Zeitverluſt den Ort wechſeln
kann. Daß wir ohne eigene Wohnung mancher beſchwerlichen
Sorge überhoben ſeien, davon ſage ich nichts. Denn von ſol-
chen Laſten den Menſchen befreien, heißt, ihm von ſeiner Tüch-
tigkeit nehmen. Aber das will ich ſagen: Miethswohnungen
erinnern uns mehr als ſchwere gemauerte eigene Häuſer an die
Weisheit, daß wir alles Jrdiſche nur beſitzen ſollen, als beſäßen
wir es nicht, und daß wir eigentlich nur vorübergehende Gäſte
auf Erden ſeien, und geiſtige Güter, ewige Güter zu erwerben
mehr ſei als Geld und Gut. Die tauben Saamenkörner zer-
reibt der große Gärtner im Herbſt zwiſchen den Fingern, wäh-
rend er die harten und glatten ſammelt und wieder verwendet.
Ueber den günſtigen Einfluß guter Wohnungen auf Leben
und Geſundheit und Sittlichkeit geben nun die Arbeiter-
wohnungen, die in der neuern Zeit an vielen Orten auf-
kamen, den ſprechendſten Beweis. Verſchiedene Geſellſchaften,
gemeinnützige Vereine oder ſolche Verbindungen, welche außer
dem Wohl der Arbeiter auch den eigenen Gewinn im Auge
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |