Die Erfindung des basischen Konverterprozesses von Thomas beeinträchtigte die weitere Ausbreitung des älteren Verfahrens mit saurem Futter. Die Zusammenstellung auf Seite 933 zeigt die Er- zeugungsmengen beider Prozesse.
Während das Verhältnis von Bessemer- zu Thomas-Flusseisen im Jahre 1881 96,8 : 3,2 war, betrug es 1890 74 : 26 Prozent. Der Thomasprozess war durch den billigeren Preis des phosphorhaltigen Roheisens gegenüber dem Bessemer-Roheisen vorteilhafter, wie dies Snelus schon 1886 durch folgende Rechnung nachgewiesen hatte. Es kostete damals die Herstellung von einer Tonne:
Bessemerstahl
an Hämatitroheisen von Workington 44,40 Mk.
an Umwandlungskosten 18,78 "
63,18 Mk.
Thomasstahl
an Clevelandroheisen 29,25 Mk.
an Umwandlungskosten 28,-- "
57,25 Mk.
Der Thomasprozess als Grossbetrieb entwickelte sich zuerst auf den Estonwerken unter Windsor Richards' Leitung seit 1878. 1881 wurden daselbst in zwei grossen Birnen bereits wöchentlich 2200 Tonnen Flusseisen dargestellt. Man hatte die Wichtigkeit einer genauen chemischen Kontrolle eingesehen und zu diesem Zwecke ein chemisches Laboratorium zur Untersuchung von Proben eingerichtet. Trotz den Erfolgen zu Eston fand der Thomasprozess, wie erwähnt, nur langsam Verbreitung. Ausser dem Bessemerprozess stand ihm auch das Siemens-Martin-Verfahren, das durch die energische, geniale Initiative von William C. Siemens immer grössere Anerkennung und Verbreitung fand, im Wege. 1881 versuchte John Gjers die Reduktion und Rückkohlung nach dem Nachblasen in einfacherer und billigerer Weise als durch Zusatz von Spiegeleisen und Ferromangan, durch Einblasen von Kohlenoxydgas zu bewirken.
1882 stellten die Estonwerke basisches Flusseisen bereits ebenso billig her wie Schweisseisen; 1883 zählte das Werk 19 Hochöfen, zwei Giessgruben von je drei Konverter zu 8 und 10 Tonnen für basischen und zwei Konverter zu 8 Tonnen für sauren Betrieb. In dieses Jahr fallen die chemischen Arbeiten Steads über den Thomasprozess.
1884 wurden in Schottland, dessen phosphorhaltiges Roheisen für das saure Verfahren sich nicht geeignet hatte, zwei grosse Thomas-Stahlwerke angelegt, das eine zu Glengarnock bei Glasgow von Merry u. Cunningham mit neun Hochöfen und vier 10-Tonnen-
Groſsbritannien.
Die Erfindung des basischen Konverterprozesses von Thomas beeinträchtigte die weitere Ausbreitung des älteren Verfahrens mit saurem Futter. Die Zusammenstellung auf Seite 933 zeigt die Er- zeugungsmengen beider Prozesse.
Während das Verhältnis von Bessemer- zu Thomas-Fluſseisen im Jahre 1881 96,8 : 3,2 war, betrug es 1890 74 : 26 Prozent. Der Thomasprozeſs war durch den billigeren Preis des phosphorhaltigen Roheisens gegenüber dem Bessemer-Roheisen vorteilhafter, wie dies Snelus schon 1886 durch folgende Rechnung nachgewiesen hatte. Es kostete damals die Herstellung von einer Tonne:
Bessemerstahl
an Hämatitroheisen von Workington 44,40 Mk.
an Umwandlungskosten 18,78 „
63,18 Mk.
Thomasstahl
an Clevelandroheisen 29,25 Mk.
an Umwandlungskosten 28,— „
57,25 Mk.
Der Thomasprozeſs als Groſsbetrieb entwickelte sich zuerst auf den Estonwerken unter Windsor Richards’ Leitung seit 1878. 1881 wurden daselbst in zwei groſsen Birnen bereits wöchentlich 2200 Tonnen Fluſseisen dargestellt. Man hatte die Wichtigkeit einer genauen chemischen Kontrolle eingesehen und zu diesem Zwecke ein chemisches Laboratorium zur Untersuchung von Proben eingerichtet. Trotz den Erfolgen zu Eston fand der Thomasprozeſs, wie erwähnt, nur langsam Verbreitung. Auſser dem Bessemerprozeſs stand ihm auch das Siemens-Martin-Verfahren, das durch die energische, geniale Initiative von William C. Siemens immer gröſsere Anerkennung und Verbreitung fand, im Wege. 1881 versuchte John Gjers die Reduktion und Rückkohlung nach dem Nachblasen in einfacherer und billigerer Weise als durch Zusatz von Spiegeleisen und Ferromangan, durch Einblasen von Kohlenoxydgas zu bewirken.
1882 stellten die Estonwerke basisches Fluſseisen bereits ebenso billig her wie Schweiſseisen; 1883 zählte das Werk 19 Hochöfen, zwei Gieſsgruben von je drei Konverter zu 8 und 10 Tonnen für basischen und zwei Konverter zu 8 Tonnen für sauren Betrieb. In dieses Jahr fallen die chemischen Arbeiten Steads über den Thomasprozeſs.
1884 wurden in Schottland, dessen phosphorhaltiges Roheisen für das saure Verfahren sich nicht geeignet hatte, zwei groſse Thomas-Stahlwerke angelegt, das eine zu Glengarnock bei Glasgow von Merry u. Cunningham mit neun Hochöfen und vier 10-Tonnen-
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[939/0955]
Groſsbritannien.
Die Erfindung des basischen Konverterprozesses von Thomas
beeinträchtigte die weitere Ausbreitung des älteren Verfahrens mit
saurem Futter. Die Zusammenstellung auf Seite 933 zeigt die Er-
zeugungsmengen beider Prozesse.
Während das Verhältnis von Bessemer- zu Thomas-Fluſseisen
im Jahre 1881 96,8 : 3,2 war, betrug es 1890 74 : 26 Prozent. Der
Thomasprozeſs war durch den billigeren Preis des phosphorhaltigen
Roheisens gegenüber dem Bessemer-Roheisen vorteilhafter, wie dies
Snelus schon 1886 durch folgende Rechnung nachgewiesen hatte. Es
kostete damals die Herstellung von einer Tonne:
Bessemerstahl
an Hämatitroheisen von Workington 44,40 Mk.
an Umwandlungskosten 18,78 „
63,18 Mk.
Thomasstahl
an Clevelandroheisen 29,25 Mk.
an Umwandlungskosten 28,— „
57,25 Mk.
Der Thomasprozeſs als Groſsbetrieb entwickelte sich zuerst auf
den Estonwerken unter Windsor Richards’ Leitung seit 1878.
1881 wurden daselbst in zwei groſsen Birnen bereits wöchentlich
2200 Tonnen Fluſseisen dargestellt. Man hatte die Wichtigkeit einer
genauen chemischen Kontrolle eingesehen und zu diesem Zwecke ein
chemisches Laboratorium zur Untersuchung von Proben eingerichtet.
Trotz den Erfolgen zu Eston fand der Thomasprozeſs, wie erwähnt,
nur langsam Verbreitung. Auſser dem Bessemerprozeſs stand ihm
auch das Siemens-Martin-Verfahren, das durch die energische, geniale
Initiative von William C. Siemens immer gröſsere Anerkennung
und Verbreitung fand, im Wege. 1881 versuchte John Gjers die
Reduktion und Rückkohlung nach dem Nachblasen in einfacherer und
billigerer Weise als durch Zusatz von Spiegeleisen und Ferromangan,
durch Einblasen von Kohlenoxydgas zu bewirken.
1882 stellten die Estonwerke basisches Fluſseisen bereits ebenso
billig her wie Schweiſseisen; 1883 zählte das Werk 19 Hochöfen, zwei
Gieſsgruben von je drei Konverter zu 8 und 10 Tonnen für basischen
und zwei Konverter zu 8 Tonnen für sauren Betrieb. In dieses Jahr
fallen die chemischen Arbeiten Steads über den Thomasprozeſs.
1884 wurden in Schottland, dessen phosphorhaltiges Roheisen
für das saure Verfahren sich nicht geeignet hatte, zwei groſse
Thomas-Stahlwerke angelegt, das eine zu Glengarnock bei Glasgow
von Merry u. Cunningham mit neun Hochöfen und vier 10-Tonnen-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 939. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/955>, abgerufen am 22.11.2024.
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