leute, der deutsche Ingenieurverein und der deutsche Architekten- und Ingenieurverein gemeinsam 1893 Normalbedingungen für Lieferungen von Stahl und Eisen auf. Die Kontrolle liegt in der Materialprüfung, die dadurch in neuerer Zeit eine ausserordentliche Wichtigkeit erlangt hat 1). Diese Prüfungen sind chemisch oder physikalisch, oder chemisch und physikalisch. Sie werden ausgeführt auf den Hüttenwerken selbst zur Kontrolle des Betriebes, oder von dem Abnehmer, oder von öffent- lichen Materialprüfungsanstalten. Da es sich dabei, namentlich bei den Kontrollproben für den Betrieb, um möglichst rasche Durchführung handelt, so hat man Schnellproben eingeführt, wie wir dies bereits bei den Fortschritten der chemischen Analyse angeführt haben, und den Versuch gemacht, einheitliche Untersuchungsmethoden 2) (Normal- proben) international zu vereinbaren. Ebenso hat man sich bemüht, für die mechanischen Proben einheitliche Prüfungsmethoden ein- zuführen 3).
Bei den mechanischen Proben sind die Kontrollproben für den Betrieb ebenfalls meist Schnellproben, während die Proben für die Ab- nahme, namentlich aber die von den öffentlichen Prüfungsanstalten vor- genommenen, mit den sorgfältigst gearbeiteten, zuverlässigsten Apparaten ausgeführt werden. Um allgemein gültige Grundsätze für die Material- prüfungen festzusetzen, hatte J. Bauschinger internationale Kon- ferenzen veranlasst, die bis 1893 in München (1884), Dresden, Wien und Berlin abgehalten wurden. Zu den allgemein eingeführten Grund- sätzen gehört neuerdings auch der, für Flusseisenprodukte (Bessemer-, Thomas- oder Martinflusseisen) von jedem einzelnen Satz Probe zu nehmen.
In Preussen ist die chemisch-technische Prüfungsanstalt mit der Bergakademie in Berlin verbunden und steht unter der Leitung von Professor H. Wedding, die mechanisch-technische Prüfungsanstalt mit der technischen Hochschule in Charlottenburg verbunden unter der Leitung von Professor A. Martens4).
H. Wedding hat sich um die Gründung der Material-Versuchs- anstalten in Preussen grosse Verdienste erworben 5). Als Professor der Eisenhüttenkunde an der Bergakademie in Berlin hatte er bereits 1867 die Gründung einer solchen für die Eisenindustrie beantragt. Nach seinem
1) Vergl. S. 390 u. s. w.
2) Siehe Stahl und Eisen 1895, S. 988.
3) Daselbst 1893, S. 572; 1898, S. 791, 910.
4) Bei dieser Gelegenheit verweisen wir auf das vortreffliche Handbuch der Materialienkunde von A. Martens, Berlin 1898.
5) Journal of the Iron and Steel Institute 1882, II, S. 464.
Materialprüfung.
leute, der deutsche Ingenieurverein und der deutsche Architekten- und Ingenieurverein gemeinsam 1893 Normalbedingungen für Lieferungen von Stahl und Eisen auf. Die Kontrolle liegt in der Materialprüfung, die dadurch in neuerer Zeit eine auſserordentliche Wichtigkeit erlangt hat 1). Diese Prüfungen sind chemisch oder physikalisch, oder chemisch und physikalisch. Sie werden ausgeführt auf den Hüttenwerken selbst zur Kontrolle des Betriebes, oder von dem Abnehmer, oder von öffent- lichen Materialprüfungsanstalten. Da es sich dabei, namentlich bei den Kontrollproben für den Betrieb, um möglichst rasche Durchführung handelt, so hat man Schnellproben eingeführt, wie wir dies bereits bei den Fortschritten der chemischen Analyse angeführt haben, und den Versuch gemacht, einheitliche Untersuchungsmethoden 2) (Normal- proben) international zu vereinbaren. Ebenso hat man sich bemüht, für die mechanischen Proben einheitliche Prüfungsmethoden ein- zuführen 3).
Bei den mechanischen Proben sind die Kontrollproben für den Betrieb ebenfalls meist Schnellproben, während die Proben für die Ab- nahme, namentlich aber die von den öffentlichen Prüfungsanstalten vor- genommenen, mit den sorgfältigst gearbeiteten, zuverlässigsten Apparaten ausgeführt werden. Um allgemein gültige Grundsätze für die Material- prüfungen festzusetzen, hatte J. Bauschinger internationale Kon- ferenzen veranlaſst, die bis 1893 in München (1884), Dresden, Wien und Berlin abgehalten wurden. Zu den allgemein eingeführten Grund- sätzen gehört neuerdings auch der, für Fluſseisenprodukte (Bessemer-, Thomas- oder Martinfluſseisen) von jedem einzelnen Satz Probe zu nehmen.
In Preuſsen ist die chemisch-technische Prüfungsanstalt mit der Bergakademie in Berlin verbunden und steht unter der Leitung von Professor H. Wedding, die mechanisch-technische Prüfungsanstalt mit der technischen Hochschule in Charlottenburg verbunden unter der Leitung von Professor A. Martens4).
H. Wedding hat sich um die Gründung der Material-Versuchs- anstalten in Preuſsen groſse Verdienste erworben 5). Als Professor der Eisenhüttenkunde an der Bergakademie in Berlin hatte er bereits 1867 die Gründung einer solchen für die Eisenindustrie beantragt. Nach seinem
1) Vergl. S. 390 u. s. w.
2) Siehe Stahl und Eisen 1895, S. 988.
3) Daselbst 1893, S. 572; 1898, S. 791, 910.
4) Bei dieser Gelegenheit verweisen wir auf das vortreffliche Handbuch der Materialienkunde von A. Martens, Berlin 1898.
5) Journal of the Iron and Steel Institute 1882, II, S. 464.
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Materialprüfung.
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Ingenieurverein gemeinsam 1893 Normalbedingungen für Lieferungen
von Stahl und Eisen auf. Die Kontrolle liegt in der Materialprüfung,
die dadurch in neuerer Zeit eine auſserordentliche Wichtigkeit erlangt
hat 1). Diese Prüfungen sind chemisch oder physikalisch, oder chemisch
und physikalisch. Sie werden ausgeführt auf den Hüttenwerken selbst
zur Kontrolle des Betriebes, oder von dem Abnehmer, oder von öffent-
lichen Materialprüfungsanstalten. Da es sich dabei, namentlich bei den
Kontrollproben für den Betrieb, um möglichst rasche Durchführung
handelt, so hat man Schnellproben eingeführt, wie wir dies bereits
bei den Fortschritten der chemischen Analyse angeführt haben, und
den Versuch gemacht, einheitliche Untersuchungsmethoden 2) (Normal-
proben) international zu vereinbaren. Ebenso hat man sich bemüht,
für die mechanischen Proben einheitliche Prüfungsmethoden ein-
zuführen 3).
Bei den mechanischen Proben sind die Kontrollproben für den
Betrieb ebenfalls meist Schnellproben, während die Proben für die Ab-
nahme, namentlich aber die von den öffentlichen Prüfungsanstalten vor-
genommenen, mit den sorgfältigst gearbeiteten, zuverlässigsten Apparaten
ausgeführt werden. Um allgemein gültige Grundsätze für die Material-
prüfungen festzusetzen, hatte J. Bauschinger internationale Kon-
ferenzen veranlaſst, die bis 1893 in München (1884), Dresden, Wien
und Berlin abgehalten wurden. Zu den allgemein eingeführten Grund-
sätzen gehört neuerdings auch der, für Fluſseisenprodukte (Bessemer-,
Thomas- oder Martinfluſseisen) von jedem einzelnen Satz Probe zu
nehmen.
In Preuſsen ist die chemisch-technische Prüfungsanstalt mit der
Bergakademie in Berlin verbunden und steht unter der Leitung von
Professor H. Wedding, die mechanisch-technische Prüfungsanstalt
mit der technischen Hochschule in Charlottenburg verbunden unter
der Leitung von Professor A. Martens 4).
H. Wedding hat sich um die Gründung der Material-Versuchs-
anstalten in Preuſsen groſse Verdienste erworben 5). Als Professor der
Eisenhüttenkunde an der Bergakademie in Berlin hatte er bereits 1867 die
Gründung einer solchen für die Eisenindustrie beantragt. Nach seinem
1) Vergl. S. 390 u. s. w.
2) Siehe Stahl und Eisen 1895, S. 988.
3) Daselbst 1893, S. 572; 1898, S. 791, 910.
4) Bei dieser Gelegenheit verweisen wir auf das vortreffliche Handbuch der
Materialienkunde von A. Martens, Berlin 1898.
5) Journal of the Iron and Steel Institute 1882, II, S. 464.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 890. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/906>, abgerufen am 22.11.2024.
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