Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Schweissung.
flüssigung des Metalls an der Schweissstelle eintritt. Eduard Blass
in Essen liess sich 1886/87 ein elektrisches Schweissverfahren paten-
tieren (D. R. P. Nr. 30011 und Nr. 46550), wobei er Metalle, die
eine grosse Verwandtschaft zum Sauerstoff haben (Rb, Cr, Mg), an die
Schweissstelle zur Reduktion des entstehenden Eisenoxyds einfügt.

Die grossen Hoffnungen, die man auf die elektrische Schweissung
der Blechplatten bei der Dampfkesselfabrikation an Stelle des Nietens
hegte, haben sich aus dem angeführten Grunde nicht erfüllt, und man
ist vorläufig z. B. ganz davon abgekommen, dieses Verfahren für die
Herstellung von Dampfkesseln zu verwenden. Dagegen bleibt noch ein
grosses Feld für die Verwendbarkeit der elektrischen Schweissung übrig.

Die beiden beschriebenen Methoden wurden deshalb in der Folge
weiter entwickelt und verbessert und es trat noch eine neue Ver-
fahrungsweise hinzu. Es war dies das sogenannte hydroelektrische
Verfahren, das 1892/93 von den belgischen Ingenieuren Lagrange
und Hoho erfunden und in Gemeinschaft mit dem Direktor der
Brüsseler Elektrizitätsgesellschaft, Ed. Julien, ausgearbeitet wurde 1).
Es besteht in der Durchleitung des elektrischen Stromes durch Wasser,
wobei mit einem viel schwächeren Strom als bei dem Thomson-Ver-
fahren eine raschere und stärkere Erhitzung des Metallstückes erreicht
wird. Diese Erscheinung beruht auf der raschen Zersetzung des
Wassers in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff, wobei
letzterer die Kathode ganz einhüllt und dem Durchgang des elek-
trischen Stromes einen so grossen Widerstand leistet, dass dadurch
eine sehr starke Wärmeentwickelung entsteht. Die Anode wird dabei
in der Regel durch eine Bleiplatte von möglichst grosser Oberfläche
gebildet, während man die Kathode als eine Zange mit Holzgriff
konstruiert, mit der man das zu erhitzende Eisenstück fasst und in
das Bad, welches aus verdünnter Kochsalz- oder Potaschelösung
besteht, eintaucht. Das Metall erglüht in kurzer Zeit bis zur Weiss-
glut. Eine Spannung des elektrischen Stromes von etwa 150 Volt ist
dabei völlig ausreichend. Die Ausnutzung der entwickelten Wärme
ist bei dem elektrischen Verfahren viel günstiger als bei jeder anderen
Art der Erhitzung.

Für die praktische Anwendung des elektrischen Schweissens sind
vielerlei Verbesserungen teils eingeführt, teils vorgeschlagen worden.
Schon 1889 nahmen Ries und Henderson in Amerika ein Patent
(Nr. 402168) für die elektrische Schweissung eiserner Röhren auf

1) Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 530.

Schweiſsung.
flüssigung des Metalls an der Schweiſsstelle eintritt. Eduard Blaſs
in Essen lieſs sich 1886/87 ein elektrisches Schweiſsverfahren paten-
tieren (D. R. P. Nr. 30011 und Nr. 46550), wobei er Metalle, die
eine groſse Verwandtschaft zum Sauerstoff haben (Rb, Cr, Mg), an die
Schweiſsstelle zur Reduktion des entstehenden Eisenoxyds einfügt.

Die groſsen Hoffnungen, die man auf die elektrische Schweiſsung
der Blechplatten bei der Dampfkesselfabrikation an Stelle des Nietens
hegte, haben sich aus dem angeführten Grunde nicht erfüllt, und man
ist vorläufig z. B. ganz davon abgekommen, dieses Verfahren für die
Herstellung von Dampfkesseln zu verwenden. Dagegen bleibt noch ein
groſses Feld für die Verwendbarkeit der elektrischen Schweiſsung übrig.

Die beiden beschriebenen Methoden wurden deshalb in der Folge
weiter entwickelt und verbessert und es trat noch eine neue Ver-
fahrungsweise hinzu. Es war dies das sogenannte hydroelektrische
Verfahren, das 1892/93 von den belgischen Ingenieuren Lagrange
und Hoho erfunden und in Gemeinschaft mit dem Direktor der
Brüsseler Elektrizitätsgesellschaft, Ed. Julien, ausgearbeitet wurde 1).
Es besteht in der Durchleitung des elektrischen Stromes durch Wasser,
wobei mit einem viel schwächeren Strom als bei dem Thomson-Ver-
fahren eine raschere und stärkere Erhitzung des Metallstückes erreicht
wird. Diese Erscheinung beruht auf der raschen Zersetzung des
Wassers in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff, wobei
letzterer die Kathode ganz einhüllt und dem Durchgang des elek-
trischen Stromes einen so groſsen Widerstand leistet, daſs dadurch
eine sehr starke Wärmeentwickelung entsteht. Die Anode wird dabei
in der Regel durch eine Bleiplatte von möglichst groſser Oberfläche
gebildet, während man die Kathode als eine Zange mit Holzgriff
konstruiert, mit der man das zu erhitzende Eisenstück faſst und in
das Bad, welches aus verdünnter Kochsalz- oder Potaschelösung
besteht, eintaucht. Das Metall erglüht in kurzer Zeit bis zur Weiſs-
glut. Eine Spannung des elektrischen Stromes von etwa 150 Volt ist
dabei völlig ausreichend. Die Ausnutzung der entwickelten Wärme
ist bei dem elektrischen Verfahren viel günstiger als bei jeder anderen
Art der Erhitzung.

Für die praktische Anwendung des elektrischen Schweiſsens sind
vielerlei Verbesserungen teils eingeführt, teils vorgeschlagen worden.
Schon 1889 nahmen Ries und Henderson in Amerika ein Patent
(Nr. 402168) für die elektrische Schweiſsung eiserner Röhren auf

1) Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 530.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0898" n="882"/><fw place="top" type="header">Schwei&#x017F;sung.</fw><lb/>
flüssigung des Metalls an der Schwei&#x017F;sstelle eintritt. <hi rendition="#g">Eduard Bla&#x017F;s</hi><lb/>
in Essen lie&#x017F;s sich 1886/87 ein elektrisches Schwei&#x017F;sverfahren paten-<lb/>
tieren (D. R. P. Nr. 30011 und Nr. 46550), wobei er Metalle, die<lb/>
eine gro&#x017F;se Verwandtschaft zum Sauerstoff haben (Rb, Cr, Mg), an die<lb/>
Schwei&#x017F;sstelle zur Reduktion des entstehenden Eisenoxyds einfügt.</p><lb/>
              <p>Die gro&#x017F;sen Hoffnungen, die man auf die elektrische Schwei&#x017F;sung<lb/>
der Blechplatten bei der Dampfkesselfabrikation an Stelle des Nietens<lb/>
hegte, haben sich aus dem angeführten Grunde nicht erfüllt, und man<lb/>
ist vorläufig z. B. ganz davon abgekommen, dieses Verfahren für die<lb/>
Herstellung von Dampfkesseln zu verwenden. Dagegen bleibt noch ein<lb/>
gro&#x017F;ses Feld für die Verwendbarkeit der elektrischen Schwei&#x017F;sung übrig.</p><lb/>
              <p>Die beiden beschriebenen Methoden wurden deshalb in der Folge<lb/>
weiter entwickelt und verbessert und es trat noch eine neue Ver-<lb/>
fahrungsweise hinzu. Es war dies das sogenannte hydroelektrische<lb/>
Verfahren, das 1892/93 von den belgischen Ingenieuren <hi rendition="#g">Lagrange</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Hoho</hi> erfunden und in Gemeinschaft mit dem Direktor der<lb/>
Brüsseler Elektrizitätsgesellschaft, <hi rendition="#g">Ed. Julien</hi>, ausgearbeitet wurde <note place="foot" n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 530.</note>.<lb/>
Es besteht in der Durchleitung des elektrischen Stromes durch Wasser,<lb/>
wobei mit einem viel schwächeren Strom als bei dem Thomson-Ver-<lb/>
fahren eine raschere und stärkere Erhitzung des Metallstückes erreicht<lb/>
wird. Diese Erscheinung beruht auf der raschen Zersetzung des<lb/>
Wassers in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff, wobei<lb/>
letzterer die Kathode ganz einhüllt und dem Durchgang des elek-<lb/>
trischen Stromes einen so gro&#x017F;sen Widerstand leistet, da&#x017F;s dadurch<lb/>
eine sehr starke Wärmeentwickelung entsteht. Die Anode wird dabei<lb/>
in der Regel durch eine Bleiplatte von möglichst gro&#x017F;ser Oberfläche<lb/>
gebildet, während man die Kathode als eine Zange mit Holzgriff<lb/>
konstruiert, mit der man das zu erhitzende Eisenstück fa&#x017F;st und in<lb/>
das Bad, welches aus verdünnter Kochsalz- oder Potaschelösung<lb/>
besteht, eintaucht. Das Metall erglüht in kurzer Zeit bis zur Wei&#x017F;s-<lb/>
glut. Eine Spannung des elektrischen Stromes von etwa 150 Volt ist<lb/>
dabei völlig ausreichend. Die Ausnutzung der entwickelten Wärme<lb/>
ist bei dem elektrischen Verfahren viel günstiger als bei jeder anderen<lb/>
Art der Erhitzung.</p><lb/>
              <p>Für die praktische Anwendung des elektrischen Schwei&#x017F;sens sind<lb/>
vielerlei Verbesserungen teils eingeführt, teils vorgeschlagen worden.<lb/>
Schon 1889 nahmen <hi rendition="#g">Ries</hi> und <hi rendition="#g">Henderson</hi> in Amerika ein Patent<lb/>
(Nr. 402168) für die elektrische Schwei&#x017F;sung eiserner Röhren auf<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[882/0898] Schweiſsung. flüssigung des Metalls an der Schweiſsstelle eintritt. Eduard Blaſs in Essen lieſs sich 1886/87 ein elektrisches Schweiſsverfahren paten- tieren (D. R. P. Nr. 30011 und Nr. 46550), wobei er Metalle, die eine groſse Verwandtschaft zum Sauerstoff haben (Rb, Cr, Mg), an die Schweiſsstelle zur Reduktion des entstehenden Eisenoxyds einfügt. Die groſsen Hoffnungen, die man auf die elektrische Schweiſsung der Blechplatten bei der Dampfkesselfabrikation an Stelle des Nietens hegte, haben sich aus dem angeführten Grunde nicht erfüllt, und man ist vorläufig z. B. ganz davon abgekommen, dieses Verfahren für die Herstellung von Dampfkesseln zu verwenden. Dagegen bleibt noch ein groſses Feld für die Verwendbarkeit der elektrischen Schweiſsung übrig. Die beiden beschriebenen Methoden wurden deshalb in der Folge weiter entwickelt und verbessert und es trat noch eine neue Ver- fahrungsweise hinzu. Es war dies das sogenannte hydroelektrische Verfahren, das 1892/93 von den belgischen Ingenieuren Lagrange und Hoho erfunden und in Gemeinschaft mit dem Direktor der Brüsseler Elektrizitätsgesellschaft, Ed. Julien, ausgearbeitet wurde 1). Es besteht in der Durchleitung des elektrischen Stromes durch Wasser, wobei mit einem viel schwächeren Strom als bei dem Thomson-Ver- fahren eine raschere und stärkere Erhitzung des Metallstückes erreicht wird. Diese Erscheinung beruht auf der raschen Zersetzung des Wassers in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff, wobei letzterer die Kathode ganz einhüllt und dem Durchgang des elek- trischen Stromes einen so groſsen Widerstand leistet, daſs dadurch eine sehr starke Wärmeentwickelung entsteht. Die Anode wird dabei in der Regel durch eine Bleiplatte von möglichst groſser Oberfläche gebildet, während man die Kathode als eine Zange mit Holzgriff konstruiert, mit der man das zu erhitzende Eisenstück faſst und in das Bad, welches aus verdünnter Kochsalz- oder Potaschelösung besteht, eintaucht. Das Metall erglüht in kurzer Zeit bis zur Weiſs- glut. Eine Spannung des elektrischen Stromes von etwa 150 Volt ist dabei völlig ausreichend. Die Ausnutzung der entwickelten Wärme ist bei dem elektrischen Verfahren viel günstiger als bei jeder anderen Art der Erhitzung. Für die praktische Anwendung des elektrischen Schweiſsens sind vielerlei Verbesserungen teils eingeführt, teils vorgeschlagen worden. Schon 1889 nahmen Ries und Henderson in Amerika ein Patent (Nr. 402168) für die elektrische Schweiſsung eiserner Röhren auf 1) Siehe Stahl und Eisen 1893, S. 530.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/898
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 882. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/898>, abgerufen am 22.11.2024.