Hugo Kuhne von Hagen erfand eine Drahttrommel mit excen- trischem Anzug und selbstthätiger Auslösung. C. M. Pielsticker in London und Dr. Fr. Müller in Brandenburg empfahlen die direkte Stahldrahtbereitung aus flüssigem Metall.
1884 erfand Sam. Fox einen um eine vertikale Achse drehbaren Glühofen.
Selbstthätige Draht-Um- und -Überführungen liessen sich 1885 in Deutschland G. Erkenzweig (D. R. P. Nr. 30752, 37102), Schön- born und Zöllner und 1886 Hoesch in Dortmund patentieren. -- Claude Warin in Lyon erfand 1885 eine Drahtziehbank mit un- unterbrochenem Zug (D. R. P. Nr. 35287 und 39316).
Das weiche, billige Thomasflusseisen fand besonders in Deutsch- land rasch Eingang in der Drahtfabrikation, während man in anderen Ländern mehr Martinstahl verwendete. Thomaseisen liess sich in den verbesserten Drahtwalzen leicht auf 4,5 mm Stärke auswalzen und noch in derselben Hitze bis 2,6 mm ausziehen. Dieser, so direkt aus Walzdraht fertig gezogene Draht bildete 1886 bereits 70 bis 75 Pro- zent der gesamten Drahterzeugung. Derselbe liess sich ebenso gut wie Mitteldraht blank ziehen und ohne Beize verarbeiten. Das Glühen und Beizen hatte nicht mehr die Wichtigkeit wie früher.
1886 ermittelte Beckert den Verdünnungsfaktor beim Draht- ziehen, den Karmarsch allgemein zu 0,92 angenommen hatte, für westfälisches Eisen zu 0,786 bis 0,940. -- In diesem Jahre erfand Daniels (V. St.) einen verbesserten automatischen Haspel. E. H. Martin und E. Beavis bauten in Cleveland, Ohio, ein gut disponiertes Draht- walzwerk mit schrittweise zunehmender Geschwindigkeit der Walzen, die durch Kegelradvorgelege bewirkt wurde 1).
1887 führte W. Garret automatische Drahthaspel in den Ver- einigten Staaten ein, wodurch die Produktion gesteigert wurde. Garrets verbesserter Haspel (Engl. Pat. Nr. 1605 vom 29. Januar 1889) bestand aus zwei Hälften, die, wenn der Draht aufgerollt war, auseinandergeschoben wurden, wodurch die Drahtrolle herunterfiel und durch eine Rinne auf einen Transportwagen geführt wurde. Ver- besserte Drahthaspel liessen sich ferner patentieren F. H. Daniels in Worcester (Engl. Pat. Nr. 6163 vom 25. April 1888), Ch. Hill Morgan2), Worcester (Mass., Engl. Pat. Nr. 1888 vom 17. Februar 1888) und Gustav Erkenzweig (D. R. P. Nr. 46636 vom 21. Juli 1888).
1) Siehe Stahl und Eisen 1889, S. 181.
2) A. a. O. 1900, S. 75, Fig. 18, 19.
Die Drahtfabrikation.
Hugo Kuhne von Hagen erfand eine Drahttrommel mit excen- trischem Anzug und selbstthätiger Auslösung. C. M. Pielsticker in London und Dr. Fr. Müller in Brandenburg empfahlen die direkte Stahldrahtbereitung aus flüssigem Metall.
1884 erfand Sam. Fox einen um eine vertikale Achse drehbaren Glühofen.
Selbstthätige Draht-Um- und -Überführungen lieſsen sich 1885 in Deutschland G. Erkenzweig (D. R. P. Nr. 30752, 37102), Schön- born und Zöllner und 1886 Hoesch in Dortmund patentieren. — Claude Warin in Lyon erfand 1885 eine Drahtziehbank mit un- unterbrochenem Zug (D. R. P. Nr. 35287 und 39316).
Das weiche, billige Thomasfluſseisen fand besonders in Deutsch- land rasch Eingang in der Drahtfabrikation, während man in anderen Ländern mehr Martinstahl verwendete. Thomaseisen lieſs sich in den verbesserten Drahtwalzen leicht auf 4,5 mm Stärke auswalzen und noch in derselben Hitze bis 2,6 mm ausziehen. Dieser, so direkt aus Walzdraht fertig gezogene Draht bildete 1886 bereits 70 bis 75 Pro- zent der gesamten Drahterzeugung. Derselbe lieſs sich ebenso gut wie Mitteldraht blank ziehen und ohne Beize verarbeiten. Das Glühen und Beizen hatte nicht mehr die Wichtigkeit wie früher.
1886 ermittelte Beckert den Verdünnungsfaktor beim Draht- ziehen, den Karmarsch allgemein zu 0,92 angenommen hatte, für westfälisches Eisen zu 0,786 bis 0,940. — In diesem Jahre erfand Daniels (V. St.) einen verbesserten automatischen Haspel. E. H. Martin und E. Beavis bauten in Cleveland, Ohio, ein gut disponiertes Draht- walzwerk mit schrittweise zunehmender Geschwindigkeit der Walzen, die durch Kegelradvorgelege bewirkt wurde 1).
1887 führte W. Garret automatische Drahthaspel in den Ver- einigten Staaten ein, wodurch die Produktion gesteigert wurde. Garrets verbesserter Haspel (Engl. Pat. Nr. 1605 vom 29. Januar 1889) bestand aus zwei Hälften, die, wenn der Draht aufgerollt war, auseinandergeschoben wurden, wodurch die Drahtrolle herunterfiel und durch eine Rinne auf einen Transportwagen geführt wurde. Ver- besserte Drahthaspel lieſsen sich ferner patentieren F. H. Daniels in Worcester (Engl. Pat. Nr. 6163 vom 25. April 1888), Ch. Hill Morgan2), Worcester (Mass., Engl. Pat. Nr. 1888 vom 17. Februar 1888) und Gustav Erkenzweig (D. R. P. Nr. 46636 vom 21. Juli 1888).
1) Siehe Stahl und Eisen 1889, S. 181.
2) A. a. O. 1900, S. 75, Fig. 18, 19.
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[870/0886]
Die Drahtfabrikation.
Hugo Kuhne von Hagen erfand eine Drahttrommel mit excen-
trischem Anzug und selbstthätiger Auslösung. C. M. Pielsticker in
London und Dr. Fr. Müller in Brandenburg empfahlen die direkte
Stahldrahtbereitung aus flüssigem Metall.
1884 erfand Sam. Fox einen um eine vertikale Achse drehbaren
Glühofen.
Selbstthätige Draht-Um- und -Überführungen lieſsen sich 1885
in Deutschland G. Erkenzweig (D. R. P. Nr. 30752, 37102), Schön-
born und Zöllner und 1886 Hoesch in Dortmund patentieren. —
Claude Warin in Lyon erfand 1885 eine Drahtziehbank mit un-
unterbrochenem Zug (D. R. P. Nr. 35287 und 39316).
Das weiche, billige Thomasfluſseisen fand besonders in Deutsch-
land rasch Eingang in der Drahtfabrikation, während man in anderen
Ländern mehr Martinstahl verwendete. Thomaseisen lieſs sich in den
verbesserten Drahtwalzen leicht auf 4,5 mm Stärke auswalzen und
noch in derselben Hitze bis 2,6 mm ausziehen. Dieser, so direkt aus
Walzdraht fertig gezogene Draht bildete 1886 bereits 70 bis 75 Pro-
zent der gesamten Drahterzeugung. Derselbe lieſs sich ebenso gut
wie Mitteldraht blank ziehen und ohne Beize verarbeiten. Das Glühen
und Beizen hatte nicht mehr die Wichtigkeit wie früher.
1886 ermittelte Beckert den Verdünnungsfaktor beim Draht-
ziehen, den Karmarsch allgemein zu 0,92 angenommen hatte, für
westfälisches Eisen zu 0,786 bis 0,940. — In diesem Jahre erfand
Daniels (V. St.) einen verbesserten automatischen Haspel. E. H. Martin
und E. Beavis bauten in Cleveland, Ohio, ein gut disponiertes Draht-
walzwerk mit schrittweise zunehmender Geschwindigkeit der Walzen,
die durch Kegelradvorgelege bewirkt wurde 1).
1887 führte W. Garret automatische Drahthaspel in den Ver-
einigten Staaten ein, wodurch die Produktion gesteigert wurde.
Garrets verbesserter Haspel (Engl. Pat. Nr. 1605 vom 29. Januar
1889) bestand aus zwei Hälften, die, wenn der Draht aufgerollt war,
auseinandergeschoben wurden, wodurch die Drahtrolle herunterfiel und
durch eine Rinne auf einen Transportwagen geführt wurde. Ver-
besserte Drahthaspel lieſsen sich ferner patentieren F. H. Daniels in
Worcester (Engl. Pat. Nr. 6163 vom 25. April 1888), Ch. Hill
Morgan 2), Worcester (Mass., Engl. Pat. Nr. 1888 vom 17. Februar
1888) und Gustav Erkenzweig (D. R. P. Nr. 46636 vom 21. Juli
1888).
1) Siehe Stahl und Eisen 1889, S. 181.
2) A. a. O. 1900, S. 75, Fig. 18, 19.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 870. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/886>, abgerufen am 23.11.2024.
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