Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.Blechfabrikation. frischeisen trotz seiner Vorzüge abgenommen hätte. An seine Stellewar zunächst das Puddeleisen getreten; dasselbe war billiger, aber nicht von derselben Güte wie jenes. Durch eingemengte Schlacken zeigten die Bleche häufig Flecken, die namentlich bei der Weissblech- fabrikation störend hervortraten; ausserdem schweissten die Tafeln beim Walzen leicht zusammen, was die Walzarbeit namentlich beim Doublieren erschwerte. Für Feinbleche kam deshalb fast nur das gepuddelte Feinkorneisen in Anwendung, welches aber höhere Her- stellungskosten erforderte. Ein grosser Fortschritt war es deshalb, als man durch die Einführung des basischen Bessemerverfahrens, des Thomas-Gilchrist-Prozesses und des Martin-Siemens-Prozesses mit basischem Herd, ein weiches, gleichförmiges Flusseisen erzeugte, das sich zur Blechfabrikation, selbst für Feinbleche, vorzüglich eignete. Wohl hatte man den Bessemerstahl schon früher versuchsweise für Feinblech verwendet, aber dieses Material war auch in seinen weichsten Nummern noch zu hart, besonders für die Fabrikation von Geschirr- und Weissblech, von denen grosse Weichheit und Zähigkeit verlangt wurde. Etwas bessere Resultate erzielte man mit Martinflussstahl von dem sauren Prozess um die Mitte der siebziger Jahre. Einer ausgedehnteren Verwendung dieser Flusseisensorten stand aber auch damals noch ihr hoher Preis im Wege, da dieselben nur aus bestem Rohmaterial her- gestellt werden konnten. Dies änderte sich durch die Erfindung von Thomas-Gilchrist und die Einführung des basischen Futters im Martinofen. Hierdurch wurde ein weiches, homogenes und weniger kostspieliges Flusseisen erzeugt, das für die Feinblechfabrikation sehr geeignet war und deshalb seit Anfang der achtziger Jahre in raschem Siegeslauf die Verwendung von Holzkohlenfrischeisen und Feinkorn- eisen fast ganz verdrängte. Thomas-Flusseisen wurde anfangs seiner grossen Weichheit wegen bevorzugt und bewährte sich besonders für Geschirr- und Weissblech. Hierbei war allerdings blasiges Material gänzlich zu vermeiden. Anfangs glaubte man im Guss kleiner Blöcke für die Blechfabrikation einen Vorteil zu finden. Dies hat sich aber nicht bewährt, indem gerade diese kleinen Blöcke oft Blasen ent- halten. Trotz der grösseren Kosten der Verarbeitung ist es vorteil- hafter, Blöcke von grossem Querschnitt zu verarbeiten, diese bis auf etwa 150 mm herabzuwalzen, in Stücke (Knüppel, "Klötzel" in Öster- reich) zu schneiden, diesen eine saftige Schweisshitze zu geben und dieselben zu Platinen auszuwalzen. Dieser Umweg ist zwar kost- spielig, liefert dafür aber auch ein ausgezeichnetes Material für die Feinblechfabrikation. Blechfabrikation. frischeisen trotz seiner Vorzüge abgenommen hätte. An seine Stellewar zunächst das Puddeleisen getreten; dasselbe war billiger, aber nicht von derselben Güte wie jenes. Durch eingemengte Schlacken zeigten die Bleche häufig Flecken, die namentlich bei der Weiſsblech- fabrikation störend hervortraten; auſserdem schweiſsten die Tafeln beim Walzen leicht zusammen, was die Walzarbeit namentlich beim Doublieren erschwerte. Für Feinbleche kam deshalb fast nur das gepuddelte Feinkorneisen in Anwendung, welches aber höhere Her- stellungskosten erforderte. Ein groſser Fortschritt war es deshalb, als man durch die Einführung des basischen Bessemerverfahrens, des Thomas-Gilchrist-Prozesses und des Martin-Siemens-Prozesses mit basischem Herd, ein weiches, gleichförmiges Fluſseisen erzeugte, das sich zur Blechfabrikation, selbst für Feinbleche, vorzüglich eignete. Wohl hatte man den Bessemerstahl schon früher versuchsweise für Feinblech verwendet, aber dieses Material war auch in seinen weichsten Nummern noch zu hart, besonders für die Fabrikation von Geschirr- und Weiſsblech, von denen groſse Weichheit und Zähigkeit verlangt wurde. Etwas bessere Resultate erzielte man mit Martinfluſsstahl von dem sauren Prozeſs um die Mitte der siebziger Jahre. Einer ausgedehnteren Verwendung dieser Fluſseisensorten stand aber auch damals noch ihr hoher Preis im Wege, da dieselben nur aus bestem Rohmaterial her- gestellt werden konnten. Dies änderte sich durch die Erfindung von Thomas-Gilchrist und die Einführung des basischen Futters im Martinofen. Hierdurch wurde ein weiches, homogenes und weniger kostspieliges Fluſseisen erzeugt, das für die Feinblechfabrikation sehr geeignet war und deshalb seit Anfang der achtziger Jahre in raschem Siegeslauf die Verwendung von Holzkohlenfrischeisen und Feinkorn- eisen fast ganz verdrängte. Thomas-Fluſseisen wurde anfangs seiner groſsen Weichheit wegen bevorzugt und bewährte sich besonders für Geschirr- und Weiſsblech. Hierbei war allerdings blasiges Material gänzlich zu vermeiden. Anfangs glaubte man im Guſs kleiner Blöcke für die Blechfabrikation einen Vorteil zu finden. Dies hat sich aber nicht bewährt, indem gerade diese kleinen Blöcke oft Blasen ent- halten. Trotz der gröſseren Kosten der Verarbeitung ist es vorteil- hafter, Blöcke von groſsem Querschnitt zu verarbeiten, diese bis auf etwa 150 mm herabzuwalzen, in Stücke (Knüppel, „Klötzel“ in Öster- reich) zu schneiden, diesen eine saftige Schweiſshitze zu geben und dieselben zu Platinen auszuwalzen. Dieser Umweg ist zwar kost- spielig, liefert dafür aber auch ein ausgezeichnetes Material für die Feinblechfabrikation. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0852" n="836"/><fw place="top" type="header">Blechfabrikation.</fw><lb/> frischeisen trotz seiner Vorzüge abgenommen hätte. An seine Stelle<lb/> war zunächst das Puddeleisen getreten; dasselbe war billiger, aber<lb/> nicht von derselben Güte wie jenes. 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Blechfabrikation.
frischeisen trotz seiner Vorzüge abgenommen hätte. An seine Stelle
war zunächst das Puddeleisen getreten; dasselbe war billiger, aber
nicht von derselben Güte wie jenes. Durch eingemengte Schlacken
zeigten die Bleche häufig Flecken, die namentlich bei der Weiſsblech-
fabrikation störend hervortraten; auſserdem schweiſsten die Tafeln
beim Walzen leicht zusammen, was die Walzarbeit namentlich beim
Doublieren erschwerte. Für Feinbleche kam deshalb fast nur das
gepuddelte Feinkorneisen in Anwendung, welches aber höhere Her-
stellungskosten erforderte. Ein groſser Fortschritt war es deshalb,
als man durch die Einführung des basischen Bessemerverfahrens, des
Thomas-Gilchrist-Prozesses und des Martin-Siemens-Prozesses mit
basischem Herd, ein weiches, gleichförmiges Fluſseisen erzeugte, das
sich zur Blechfabrikation, selbst für Feinbleche, vorzüglich eignete.
Wohl hatte man den Bessemerstahl schon früher versuchsweise für
Feinblech verwendet, aber dieses Material war auch in seinen weichsten
Nummern noch zu hart, besonders für die Fabrikation von Geschirr-
und Weiſsblech, von denen groſse Weichheit und Zähigkeit verlangt wurde.
Etwas bessere Resultate erzielte man mit Martinfluſsstahl von dem
sauren Prozeſs um die Mitte der siebziger Jahre. Einer ausgedehnteren
Verwendung dieser Fluſseisensorten stand aber auch damals noch ihr
hoher Preis im Wege, da dieselben nur aus bestem Rohmaterial her-
gestellt werden konnten. Dies änderte sich durch die Erfindung von
Thomas-Gilchrist und die Einführung des basischen Futters im
Martinofen. Hierdurch wurde ein weiches, homogenes und weniger
kostspieliges Fluſseisen erzeugt, das für die Feinblechfabrikation sehr
geeignet war und deshalb seit Anfang der achtziger Jahre in raschem
Siegeslauf die Verwendung von Holzkohlenfrischeisen und Feinkorn-
eisen fast ganz verdrängte. Thomas-Fluſseisen wurde anfangs seiner
groſsen Weichheit wegen bevorzugt und bewährte sich besonders für
Geschirr- und Weiſsblech. Hierbei war allerdings blasiges Material
gänzlich zu vermeiden. Anfangs glaubte man im Guſs kleiner Blöcke
für die Blechfabrikation einen Vorteil zu finden. Dies hat sich aber
nicht bewährt, indem gerade diese kleinen Blöcke oft Blasen ent-
halten. Trotz der gröſseren Kosten der Verarbeitung ist es vorteil-
hafter, Blöcke von groſsem Querschnitt zu verarbeiten, diese bis auf
etwa 150 mm herabzuwalzen, in Stücke (Knüppel, „Klötzel“ in Öster-
reich) zu schneiden, diesen eine saftige Schweiſshitze zu geben und
dieselben zu Platinen auszuwalzen. Dieser Umweg ist zwar kost-
spielig, liefert dafür aber auch ein ausgezeichnetes Material für die
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