wendet man für kleineren Betrieb auch mit Handgetriebe an. Eine selbstthätige Giesspfanne liess sich J. Burrow 1887 patentieren. Grosse Lokomotivgiesswagen für 25 Tonnen Stahlgewicht baute 1897 die Baroper Maschinenbaugesellschaft 1).
Stahlformguss.
Der eigentliche Stahlformguss erlangte in dieser Periode eine grosse Bedeutung, wozu ganz besonders die Fortschritte des Marti- nierens beitrugen. Früher hatte man Formguss fast nur aus Tiegel- stahl gegossen und nur für grosse Güsse auch den Bessemerstahl mit zu Hülfe genommen.
An Massenstahlgüssen stand Fr. Krupp in Essen unübertroffen da. Am 10. Januar 1872 wurde auf dem Kruppschen Stahlwerk ein Gussstahlblock von 50 Tonnen Gewicht gegossen. In Formguss zeich- nete sich, wie früher, die Bochumer Gussstahlfabrik aus, die z. B. 1873 in Wien ausser ihren berühmten Stahlglocken einen Dampf- cylinder mit Dampfkanälen und Bodenplatte in einem Stück von 7 Tonnen Gewicht ausstellte. Für den Tiegelguss war die Einfüh- rung der Siemensöfen ein grosser Fortschritt. Solche Öfen für 25 Tiegel wurden zuerst in Österreich gebaut. Die später von Krupp errichteten Öfen fassten 80 bis 90 Tiegel.
Seit Mitte der siebziger Jahre erlangte erst der Flammofen- Stahlguss grössere Wichtigkeit, die nach Einführung des basischen Verfahrens rasch zunahm, indem dieses ein weicheres Material gab und auch der Guss mit basischem Material besser und sicherer von statten ging als mit saurem, das härter war und sowohl dadurch als durch die stärkere Kontraktion leichter zersprang.
Aber schon vor Einführung des basischen Verfahrens goss man direkt aus dem Martinofen, in Frankreich zu Terrenoire seit 1875, in den Vereinigten Staaten seit 1876. Früher waren die Stahlguss- stücke meist sehr blasig gewesen. Die Entdeckung, dass Zusätze von Mangan, Silicium oder Aluminium blasenfreien Guss erzeugten, war deshalb ein wesentlicher Fortschritt für den Stahlformguss. John Percy empfahl 1882 Silicospiegel mit 20 Prozent Mangan und 2 Prozent Silicium, weil er geringeres Aufkochen als gewöhnliches Spiegeleisen bewirke. Sandberg zog Mangansilicid vor 2).
1) Abgebildet: Stahl und Eisen 1897, S. 569.
2) Stahl und Eisen 1883, S. 168.
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Stahlformguſs.
wendet man für kleineren Betrieb auch mit Handgetriebe an. Eine selbstthätige Gieſspfanne lieſs sich J. Burrow 1887 patentieren. Groſse Lokomotivgieſswagen für 25 Tonnen Stahlgewicht baute 1897 die Baroper Maschinenbaugesellschaft 1).
Stahlformguſs.
Der eigentliche Stahlformguſs erlangte in dieser Periode eine groſse Bedeutung, wozu ganz besonders die Fortschritte des Marti- nierens beitrugen. Früher hatte man Formguſs fast nur aus Tiegel- stahl gegossen und nur für groſse Güsse auch den Bessemerstahl mit zu Hülfe genommen.
An Massenstahlgüssen stand Fr. Krupp in Essen unübertroffen da. Am 10. Januar 1872 wurde auf dem Kruppschen Stahlwerk ein Guſsstahlblock von 50 Tonnen Gewicht gegossen. In Formguſs zeich- nete sich, wie früher, die Bochumer Guſsstahlfabrik aus, die z. B. 1873 in Wien auſser ihren berühmten Stahlglocken einen Dampf- cylinder mit Dampfkanälen und Bodenplatte in einem Stück von 7 Tonnen Gewicht ausstellte. Für den Tiegelguſs war die Einfüh- rung der Siemensöfen ein groſser Fortschritt. Solche Öfen für 25 Tiegel wurden zuerst in Österreich gebaut. Die später von Krupp errichteten Öfen faſsten 80 bis 90 Tiegel.
Seit Mitte der siebziger Jahre erlangte erst der Flammofen- Stahlguſs gröſsere Wichtigkeit, die nach Einführung des basischen Verfahrens rasch zunahm, indem dieses ein weicheres Material gab und auch der Guſs mit basischem Material besser und sicherer von statten ging als mit saurem, das härter war und sowohl dadurch als durch die stärkere Kontraktion leichter zersprang.
Aber schon vor Einführung des basischen Verfahrens goſs man direkt aus dem Martinofen, in Frankreich zu Terrenoire seit 1875, in den Vereinigten Staaten seit 1876. Früher waren die Stahlguſs- stücke meist sehr blasig gewesen. Die Entdeckung, daſs Zusätze von Mangan, Silicium oder Aluminium blasenfreien Guſs erzeugten, war deshalb ein wesentlicher Fortschritt für den Stahlformguſs. John Percy empfahl 1882 Silicospiegel mit 20 Prozent Mangan und 2 Prozent Silicium, weil er geringeres Aufkochen als gewöhnliches Spiegeleisen bewirke. Sandberg zog Mangansilicid vor 2).
1) Abgebildet: Stahl und Eisen 1897, S. 569.
2) Stahl und Eisen 1883, S. 168.
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Groſse Lokomotivgieſswagen für 25 Tonnen Stahlgewicht baute 1897
die Baroper Maschinenbaugesellschaft 1).
Stahlformguſs.
Der eigentliche Stahlformguſs erlangte in dieser Periode eine
groſse Bedeutung, wozu ganz besonders die Fortschritte des Marti-
nierens beitrugen. Früher hatte man Formguſs fast nur aus Tiegel-
stahl gegossen und nur für groſse Güsse auch den Bessemerstahl mit
zu Hülfe genommen.
An Massenstahlgüssen stand Fr. Krupp in Essen unübertroffen
da. Am 10. Januar 1872 wurde auf dem Kruppschen Stahlwerk ein
Guſsstahlblock von 50 Tonnen Gewicht gegossen. In Formguſs zeich-
nete sich, wie früher, die Bochumer Guſsstahlfabrik aus, die z. B.
1873 in Wien auſser ihren berühmten Stahlglocken einen Dampf-
cylinder mit Dampfkanälen und Bodenplatte in einem Stück von
7 Tonnen Gewicht ausstellte. Für den Tiegelguſs war die Einfüh-
rung der Siemensöfen ein groſser Fortschritt. Solche Öfen für
25 Tiegel wurden zuerst in Österreich gebaut. Die später von Krupp
errichteten Öfen faſsten 80 bis 90 Tiegel.
Seit Mitte der siebziger Jahre erlangte erst der Flammofen-
Stahlguſs gröſsere Wichtigkeit, die nach Einführung des basischen
Verfahrens rasch zunahm, indem dieses ein weicheres Material gab
und auch der Guſs mit basischem Material besser und sicherer von
statten ging als mit saurem, das härter war und sowohl dadurch als
durch die stärkere Kontraktion leichter zersprang.
Aber schon vor Einführung des basischen Verfahrens goſs man
direkt aus dem Martinofen, in Frankreich zu Terrenoire seit 1875,
in den Vereinigten Staaten seit 1876. Früher waren die Stahlguſs-
stücke meist sehr blasig gewesen. Die Entdeckung, daſs Zusätze von
Mangan, Silicium oder Aluminium blasenfreien Guſs erzeugten, war
deshalb ein wesentlicher Fortschritt für den Stahlformguſs. John
Percy empfahl 1882 Silicospiegel mit 20 Prozent Mangan und
2 Prozent Silicium, weil er geringeres Aufkochen als gewöhnliches
Spiegeleisen bewirke. Sandberg zog Mangansilicid vor 2).
1) Abgebildet: Stahl und Eisen 1897, S. 569.
2) Stahl und Eisen 1883, S. 168.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/787>, abgerufen am 17.11.2024.
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